Vor jeder Probenuntersuchung steht die Präanalytik, also Patientenvorbereitung, Probenentnahme, Transport ins Labor und Probenvorbereitung zur Analyse. Wie wichtig die einzelnen Schritte sind, wird einem meist erst bewusst, wenn die Probe nicht auswertbar oder das Probenergebnis fraglich ist. Was insbesondere bei Kleinsäugerproben (Blut, Kot, Urin) zu beachten ist, erfahren Sie im Folgenden.
Auch die beste Analytik kann nur so gut sein wie das eingesandte Probenmaterial!
Blutuntersuchung
Die Blutentnahme gehört bei den meisten Kleinsäugern mittlerweile genauso zur Routinediagnostik wie bei Hund und Katze. Gerade bei Erkrankungen, die nicht direkt anhand der klinischen Untersuchung und der Bildgebung diagnostiziert werden können, ist eine komplette Blutuntersuchung mit Hämatologie und Bestimmung klinisch-chemischer Parameter wichtig. Auch endokrinologische Untersuchungen und direkte oder indirekte Erregernachweise sind möglich.
Was ist bei der Vorbereitung zu beachten?
Da es sich bei den meisten Kleinsäugern um Fluchttiere handelt, ist die Stressanfälligkeit dieser Spezies hoch. Die Manipulation sollte entsprechend möglichst stressarm und kurz gehalten werden. Ein Kleinsäuger sollte erst aus der Transportbox geholt werden, wenn alles vorbereitet ist!
Blutreferenzwerte für Kleinsäuger sind keine „Nüchternwerte“, da Nüchternphasen insbesondere bei den kleinen Pflanzenfressern einem Stillstand im Magen-Darm-Trakt gleichzusetzen sind. Ein Futterentzug über 2 – 4 Stunden vor der Blutentnahme ist entsprechend nur bei kleinen Fleischfressern sinnvoll. Leckereien, wie Paste, sollten bei Frettchen mit Insulinomverdacht erst nach der Blutentnahme gegeben werden, da sie den Blutzuckerspiegel sonst verfälschen.
Ausgehend von einem Blutvolumen von 6 – 8 % des Körpergewichts (60 – 80 ml/kg KGW) können auch einem geschwächten Kleinsäuger einmalig bis zu maximal 6 ml Blut pro kg KGW entnommen werden.
Die Punktionsstelle ist abhängig von der Tierart. Zu bevorzugen sind große, gut zugängliche Venen (z. B. Vv. saphena laterales bei Kaninchen, Frettchen u. a.; V. cephalica (lateral) bei Meerschweinchen). Großlumige Kanülen (20 – 21 G) mit gutem Innenschliff mit/ohne Konus ermöglichen die schnelle, gerinnungsfreie Entnahme größerer Blutmengen.
Ein Scheren der Punktionsstelle ist nur selten erforderlich. Meist reicht es, das feine Fell an der Punktionsstelle mit Alkohol zu befeuchten und die Haare über der Vene zu scheiteln.
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Abb. 1: Blutuntersuchung – Untersuchungsverfahren, Entnahmearten und Versandmaterial
Bildquelle: J. Hein
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Abb. 2: Urinuntersuchung – Untersuchungsverfahren, Entnahmearten und mögliche Kontaminationen (+ = Schwere der Kontamination)
Bildquelle: J. Hein
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Abb. 3: Kotuntersuchung – Untersuchungsverfahren, -spektrum, Tier- und Entnahmearten
Bildquelle: J. Hein
Welches Material wird benötigt?
Probenmaterial und -menge sind abhängig von der geplanten Untersuchung. Blutbilder können aus EDTA-Blut (EB) und Lithium-Heparin-Blut (HB) bestimmt werden, klinisch-chemische Parameter aus Serum (S) oder Heparin-Plasma (HP).
Bei Kaninchen und Frettchen, mit zu erwartender größerer Blutentnahmemenge, werden üblicherweise EDTA- und Vollblutröhrchen verwendet. Serumröhrchen ohne Perlen erleichtern das Abpipettieren. Bei kleineren Tieren ist die Verwendung kleiner EDTA- und Heparinröhrchen (1,3 ml) besser (1 EB + 1 HP oder 2 HB (1 HB + 1HP) (Abb. 1).
Bitte immer Ausstriche mitschicken!
Sind Gerinnsel in einer Blutprobe vorhanden, kann mittels Gerät kein Blutbild gemessen werden. Werden in der Praxis angefertigte Blutausstriche (1 – 2 Stück) mitgeschickt, ist zumindest die mikroskopische Differentialblutbilderstellung möglich.
Kein Vollblutversand für klinisch-chemische Parameter!
Vollblut für Serum (Standzeit 30 – 60 Min.) oder HB (keine Standzeit) sollte für die klinische Chemie immer zentrifugiert und abpipettiert versandt werden, da Hämolyse viele Parameter verfälscht und so zu falsch-hohen Ergebnissen (LDH, ALT, AST, P04, K, Fructosamine etc.) führen kann oder Glucose von den Erythrozyten verstoffwechselt wird.
Gibt es spezielle Tipps bei Kleinsäugern?
Die Blutentnahmemenge ist abhängig von der Fixation des Tieres, der Wahl der Vene und der Größe und Lage der Kanüle in der Vene. Je größer Vene und Kanüle, umso besser ist die Fließgeschwindigkeit des Blutes. Optimiert werden kann sie durch leichtes Vor- und Zurückschieben und/oder leichtes Drehen der Kanüle in der Vene.
Kommt es trotzdem wiederholt zum Gerinnen in der Kanüle, sollten die verwendeten Kanülen (Innenschliff, Größe) überprüft werden. Die Verwendung von pädiatrischen Kanülen (21 G) ohne Konus oder das Abbrechen des Konus helfen den Blutfluss zu erhöhen. Ursache des Gerinnens von EB- oder HB-Proben kann auch in der Verwendung abgelaufener Gerinnungshemmer (Ablaufdatum der Blutröhrchen kontrollieren) oder die unzureichende Durchmischung mit dem Gerinnungshemmer sein. Die Gefäße sollten daher der Blutentnahmemenge angepasst sein (kleine Gefäße verwenden) und bei dem Eintropfen leicht gedreht und anschließend geschwenkt (nicht geschüttelt) werden. Da die meisten Gerinnungsfaktoren in den ersten Blutstropfen sind, beginnt man idealerweise immer mit der Entnahme von Vollblut für Serum oder Plasma und fängt erst danach das Blut für das Blutbild (EB, HB) auf. Die Proben sollten bei Lagerung und Versand weder Hitze noch Frost ausgesetzt sein.
Welche Parameter sind im Notfall wichtig?
Im Notfall und bei kleinen Blutmengen interessieren vor allem Parameter, die Hinweise auf Entzündungen, Blutungen, Stoffwechselentgleisungen und Organschäden geben.
- Differentialblutbild: Kleinsäuger haben i. d. R. ein lymphozytäres Blutbild (Ausnahme Frettchen 50:50). Hinweis auf eine Entzündung (bakteriell, neoplastisch) ist bei ihnen eine sog. „Pseudolinksverschiebung“, eine Verschiebung vom lymphozytären zum neutrophilen Blutbild ohne Anstieg der stabkernigen neutrophilen Granulozyten und ohne Leukozytose. Starke Lympho- und Leukozytosen sieht man gelegentlich bei Meerschweinchen mit leukämischem Lymphom. Ein Tropfen Blut für einen Ausstrich reicht also zumeist.
- Bei Verdacht auf Blutung interessieren v. a. der Hämatokrit, die Konzentration des Gesamteiweißes und ggf. Erythrozyten- und Retikulozytenzahl (aus EB oder HB).
- Was hilfreich ist, um Stoffwechselentgleisungen im Blut zu diagnostizieren, sind Glucose- und ggf. Triglyceridkonzentrationsbestimmungen. Die Glucosemessung gibt Hinweise auf Hyper- (Ileus Kaninchen) oder Hypoglycämie (Insulinom, Sepsis). Sie ist allerdings nur aussagekräftig, wenn die Bestimmung aus fristgerecht abzentrifugiertem, Serum/Plasma (oder Natrium-Fluorid-Blut) erfolgt. Die Messung der Triglyceridkonzentration gibt Hinweise auf Lipämie. Die Blutgasmessung wird beim Kleinsäuger i. d. R. nur in Kliniken mit entsprechenden Geräten durchgeführt.
- Marker für die Leberfunktion sind v. a. die Enzyme GLDH (akute Hepatopathie), ALT und/oder AST (nur in Verbindung mit CK, schwere und/oder chronische Hepatopathie). Marker für die Nierenfunktion sind die Substrate Kreatinin (abhängig von Muskelmasse) und Harnstoff (nur bei Fleischfressern nahrungsabhängig).
Ist die gewonnene S-/HP-Menge sehr klein, ist ein Vermerk zur Priorisierung der Parameter auf dem Untersuchungsauftrag sinnvoll.
Urinuntersuchung
Die klassische Urinuntersuchung (Harnstatus (urinspezifisches Gewicht, Teststreifen) und Sediment) gehört beim Kleinsäuger zu den am einfachsten, meist auch inhouse durchzuführenden Untersuchungen. Sie liefert nicht nur wichtige Hinweise zu Erkrankungen des Harnapparates, sondern auch zur Stoffwechsellage und zu möglichen Endokrinopathien. Durch bakteriologische Untersuchung oder PCR können auch verschiedene Erreger nachgewiesen werden.
Was ist bei der Vorbereitung zu beachten?
Die Vorbereitung ist abhängig von der geplanten Untersuchung und diese wiederum von der Indikation und der erforderlichen Entnahmeart (Auffangen, Ausmassieren, Katheterisieren, Zystozentese, Abb. 2). Das erforderliche Material sollte vorbereitet, die Manipulation so kurz und stressarm wie möglich sein.
Bei Verdacht auf Urolithe oder Neoplasie, diese immer vor Urinentnahme durch Bildgebung (Röntgen, Sonographie) ausschließen!
Welches Material wird benötigt?
Für Status und Sediment werden mindestens 0,5 ml Urin benötigt. Die Untersuchung des möglichst frischen Urins erfolgt bei Raumtemperatur.
Die Indikation ist maßgeblich für die Entnahmeart und diese für die Aussagekraft der Urinuntersuchung:
- Bei Verdacht auf Blut im Urin muss der Urin freiwillig abgesetzt und aufgefangen werden. Jede Art der Blasenmanipulation (Massieren, Katheterisieren, Punktion) kann zu kleinen Blutungen und somit zu falsch-positivem Blutnachweis führen, insbesondere wenn Kristalle im Urin vorhanden sind. Bei Kaninchen und Meerschweinchen steigt der Blutanteil im Urin i. d. R. mit der Anzahl der Ausdrückversuche.
- Urin für die bakteriologische Untersuchung sollte immer mittels Zystozentese gewonnen werden, da alle anderen Entnahmearten mit Kontaminationen aus den harnableitenden Wegen und ggf. der Umgebung einhergehen können. Bei Kaninchen und Meerschweinchen kann die Blase in Rückenlage gut umfasst und so auch ohne Ultraschallkontrolle leicht punktiert werden.
- Für alle anderen Urinuntersuchungen ist die Entnahmeart nur wenig von Bedeutung.
Gibt es spezielle Tipps bei Kleinsäugern?
Porphyrine aus der Nahrung führen häufig zu starken Urinverfärbungen, die von Besitzern gern als Blut fehlinterpretiert werden. Ein Testreifen mit Blutfeld schafft Klarheit. Oft reicht es aber auch schon, einen Teil des Urins in einer Spritze aufzuziehen. Ist es Farbstoff, dunkelt der Urin in der Schale durch Oxidation nach, der in der Spritze nicht.
Die Zentrifugation zur Sedimenterstellung ist nur bei kristallarmem Urin mit niedrigem urinspezifischem Gewicht (USG) sinnvoll. Bei kristallreichem Urin wird dieser pur auf den Objektträger gegeben und eingedeckelt. Ein Tropfen Methylenblau unter dem Deckglas erleichtert die Unterscheidung von Bakterien (in frischem Urin beweglich) und Kristallen.
Einige Infektionserreger (Encephalitozoon cuniculi, European Brown Hare Virus, Leptospiren, Rabbit Hemorrhagic Disease Virus, Staupevirus) können mittels PCR nachgewiesen werden. Wegen der intermittierenden Erregerausscheidung ist aber immer nur ein positiver PCR-Befund beweisend.
U-P/C und UCC sind bei Kleinsäugern (Ausnahme Frettchen) nur begrenzt aussagekräftig. Die Steinanalyse ist bei Herbivoren in Bezug auf die Therapie selten hilfreich, da die Steine überwiegend aus nicht-auflösbaren Calciten (Calciumcarbonate und -phosphate) bestehen.
Welche Parameter sind im Notfall wichtig?
Bei Kleinsäugern hat die Urinstatusuntersuchung im Notfall einen ganz besonders hohen Stellenwert! Das USG gibt Hinweise auf Dehydratation oder Polyurie und Urin-pH- und Ketonkörperfeld (nur Aceton und Acetoazetat) zeigen, ob ein Herbivorer, mit physiologisch basischem Urin-pH-Wert, noch stabil ist oder schon in eine Azidose abrutscht. Bei positivem Leukozyten- und ggf. Nitritfeld, zeigt ein Tropfen Urin unter dem Mikroskop schnell, ob tatsächlich vermehrt Bakterien vorhanden sind.
Kotuntersuchung
Eine Kotuntersuchung wird klassischerweise bei gastrointestinalen Symptomen und/oder Verdacht auf Endoparasiten durchgeführt. Sie kann beim Kleinsäuger aber auch wichtige Hinweise auf Fütterungsfehler geben.
Was ist bei der Vorbereitung zu beachten?
Die Vorbereitung ist einfach. Kotproben werden vom Tierbesitzer oder vom Untersucher vor Ort gesammelt (Kotröhrchen) oder mittels Tupfer rektal entnommen (Direktausstrich).
Welches Material wird benötigt?
Für die mikroskopische Untersuchung von frischen Nativproben vor Ort reicht eine linsengroße Kotmenge oder ein Rektalabstrich aus. Wegen der intermittierenden Parasitenausscheidung ist die Untersuchung einer 3-Tage-Sammelprobe aussagekräftiger.
Gibt es spezielle Tipps bei Kleinsäugern?
Werden makroskopisch „Würmer“ auf dem Kot gesehen, handelt es sich hierbei i. d. R. um Passaluruslarven. Bei „intermittierendem Durchfall“ von Kaninchen helfen Makroskopie (Caecotrophe versus Hartkot) und Mikroskopie (Parasiten, Hefen-, Faser-gehalt) bei der Einschätzung der Problematik und der Beurteilung der Fütterung.
Kokzidien sollten immer therapiert werden, v. a. wenn Neuzugänge kommen. Giardien kommen v. a. bei Chinchilla und Frettchen vor, müssen aber nur therapiert werden, wenn sie Symptome verursachen. Eine bakteriologische Untersuchung ist bei Omnivoren und Carnivoren sinnvoll, wenn die parasitologische Untersuchung negativ ausgefallen ist. Bei Herbivoren mit vorwiegend bakterieller Fermentierung ist sie entsprechend wenig zielführend, außer bei der Suche nach humanpathogenen Keimen (z. B. Salmonellen).
Welche Parameter sind im Notfall wichtig?
Im Notfall, z. B. bei einem stark tympanischen Tier, reicht oft schon der Nativausstrich einer kleinen Kotmenge zum Nachweis beweglicher Einzeller, Kokzidien oder Nematoden aus.
Fazit
Labordiagnostik ist auch beim Kleinsäuger kein Hexenwerk! Und wenn man die präanalytischen Fallen kennt und vermeidet, sind die Ergebnisse auch aussagekräftig.
Dr. Jutta Hein, Jana Liebscher
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