Einleitung
Das Pankreas hat vielfältige lebenswichtige Aufgaben im Stoffwechsel. Der exokrine Anteil sezerniert Verdauungsenzyme und ist somit für die Verwertung der Nahrungsbestandteile essentiell.
Entzündliche und degenerative Erkrankungen des exokrinen Pankreas spielen bei Hund und Katze eine große Rolle.
Im Folgenden wird ein Überblick über die Erkrankungen des exokrinen Pankreas und ihre Diagnosemöglichkeiten gegeben.
Pankreatitis allgemein
Eine Pankreatitis kann akut oder chronisch verlaufen. Während akute Formen mit schweren klinischen Symptomen einhergehen, können chronische Pankreatitiden klinisch weitgehend unauffällig bleiben.
Die Unterscheidung in akut oder chronisch basiert auf der Art der Organschädigung, die nur histologisch sicher festzustellen ist.
Die Verdauungsenzyme werden überwiegend in inaktiven Vorstufen gebildet, um das Organ vor einem Eigenverdau zu schützen. Durch Schädigungen des Pankreasparenchyms kommt es zu einer gesteigerten und fehlerhaften Freisetzung der Enzyme und als Folge davon werden das Pankreas und das angrenzende Fettgewebe zerstört.
In sehr akuten Fällen dominiert die Nekrose, während histologisch häufig (noch) keine Entzündung nachweisbar ist. Daher ist es in vielen Fällen korrekter, nicht von Pankreatitis, sondern von akuter Pankreasnekrose zu sprechen.
Bei akuter Pankreatitis liegt eine von neutrophilen Granulozyten dominierte Entzündungszellinfiltration mit Nekrosen vor. Die Nekrosen des peripankreatischen Fettgewebes stellen sich als derbe, weiße Knötchen dar, die infolge einer Einlagerung von Kalziumsalzen häufig mineralisieren.
Bei chronischer Pankreatitis hingegen dominiert eine lymphoplasmazelluläre Entzündung, daneben kommt es zur Atrophie von Pankreasparenchym mit nachfolgender Fibrose bis hin zur Pankreaszirrhose.
Akute Pankreatitis/akute Pankreasnekrose
Die akute Pankreatitis ist ein lebensbedrohliches Syndrom, das häufiger beim Hund als bei der Katze vorkommt.
Bei der Katze treten akute Pankreatitiden häufig mit (Cholangio-)Hepatitis und/oder Enteritis kombiniert auf, während beim Hund in der Regel isolierte Formen vorkommen.
Die Ursache ist oft unklar, eine multifaktorielle Genese wird angenommen: Adipositas, Bewegungsmangel und fettreiche Ernährung; bestimmte Medikamente (z.B. Sulfonamide, Azathioprin, Glukokortikoide); traumatische Einwirkungen (beispielsweise auch im Zuge von operativen Eingriffen im Bauchraum) oder systemische Infektionen (z.B. Toxoplasmose bei der Katze).
Die klinischen Symptome sind unspezifisch und unterschiedlich stark ausgeprägt. Typischerweise treten Anorexie, Erbrechen, Durchfall und Abdominalschmerzen auf. Es können auch Fieber, Tachypnoe bis hin zum Schock hinzukommen.
Aufgrund dieser unspezifischen klinischen Symptomatik sind spezifische indirekte Testverfahren notwendig, um möglichst schnell und sicher zur Diagnose zu gelangen.
In erster Linie sind serologische Untersuchungen wegweisend für die Diagnosefindung (s.u.).
Je nach Schweregrad der Entzündung und Nekrose kann es zu einer völligen Wiederherstellung der Pankreasfunktion kommen oder aber partieller Gewebsuntergang mit konsekutiver Fibrose ist die Folge, falls die Erkrankung überlebt wird.
Chronische Pankreatitis und exokrine Pankreasinsuffizienz
Die chronische Form der Pankreatitis kann sich aus einer rezidivierenden, akut entzündlichen oder auch stummen progredienten interstitiellen Pankreatitis entwickeln. Bei der rezidivierenden Form, die beim Hund häufiger vorkommt, treten klinisch immer wieder Phasen mit Verdauungsstörungen auf, die sich in intermittierendem Erbrechen und Durchfall äußern. Die Symptome sind in der Regel selbstlimitierend und nicht so heftig wie bei akuter Pankreatitis.
Die Laborwerte können wie bei akuter Pankreatitis verändert sein, aber auch im Normbereich liegen. Zwischen den Episoden mit klinischen Symptomen zeigen die Hunde keine Auffälligkeiten, weshalb die Verdauungsstörungen in vielen Fällen nicht mit einer Pankreatitis in Verbindung gebracht werden.
Ist ein erheblicher Anteil des funktionellen Pankreasgewebes atrophisch oder durch Bindegewebe ersetzt, kommt es zur exokrinen Pankreasinsuffizienz infolge einer unzureichenden Sekretion von Verdauungsenzymen. Klinisch fallen chronische Diarrhoe mit großem Kotvolumen und Steatorrhoe auf. Die Tiere magern stark ab bei erhaltenem Appetit.
Da mittels bildgebender Verfahren in der Regel keine morphologischen Abweichungen am Pankreas festgestellt werden können, müssen wiederum indirekte Parameter für die Diagnose „exokrine Pankreasinsuffizienz“ herangezogen werden.
Noduläre Hyperplasie
Noduläre Hyperplasien des exokrinen Pankreas kommen relativ häufig bei älteren Hunden und Katzen vor.
Klinisch sind sie ohne Relevanz, es handelt sich meist um Zufallsbefunde während einer Laparatomie. Noduläre Hyperplasien treten in der Regel als multiple, kleine Knötchen verteilt im Pankreasparenchym auf. Histologisch stellen sich die Knötchen als nicht bekapselte Herde von teils hyperplastischen, teils normalen Azini dar.
Differentialdiagnostisch muss bei der Katze eine Inselamyloidose abgegrenzt werden.
Tumoren des exokrinen Pankreas
Tumoren des exokrinen Pankreas sind bei Hund und Katze relativ selten.
(Gutartige) Adenome des Pankreas finden sich nur ausgesprochen selten. Die Abgrenzung zur nodulären Hyperplasie kann, selbst histologisch, schwierig sein, ist aber klinisch kaum relevant.
Generell können Pankreaskarzinome von den Ausführungsgängen oder den Azini ausgehen. Während in der Humanmedizin insbesondere duktale Tumoren auftreten, kommen bei Hund und Katze eher azinäre Formen vor. Sie stellen sich als einzelne oder auch multiple Massen im Pankreas dar, wachsen infiltrativ und zeigen eine frühe Metastasierungsneigung (v.a. in Leber, Lymphknoten, Darm, Lunge und Peritoneum), so dass zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist bereits eine Metastasierung stattgefunden hat.
Diagnostik der Pankreaserkrankungen
Serum-Lipase und Serum-Amylase
Beide Enzyme sind bei Pankreatitis und Pankreasnekrose im Blutserum erhöht. Allerdings sind nur Werte aussagekräftig, die das Dreifache des oberen Referenzbereichs übersteigen.
Falsch positive und falsch negative Ergebnisse kommen, insbesondere bei der Katze, häufig vor, da die Lipase- und Amylasewerte auch bei Erkrankungen anderer Organsysteme (z. B. Hepatopathien, Niereninsuffizienz) verändert sein können.
Pankreatische Lipase (cPLI, fPLI)
Sehr spezifisch und auch deutlich sensitiver ist die Bestimmung der Pankreatischen Lipase Immunreaktivität. Die PLI ist speziesspezifisch und hat ihren Ursprung allein im Pankreas. Problematisch war bislang, dass der PLI-Nachweis nur von einem patentierten Labor in den USA durchgeführt werden konnte. Seit kurzem gibt es auch bei LABOKLIN im Haus einen validierten Test zum Nachweis der PLI bei Hund und Katze, der dem Verfahren in den USA gleichwertig ist. Somit stehen die entsprechenden Ergebnisse schnell und ohne zusätzliche Versandkosten zur Verfügung.
Trypsin-like Immunoreactivity (TLI)
Als wichtigster Wert für eine Pankreasinsuffizienz kann die sog. cTLI bzw. fTLI (canine bzw. feline Trypsin-like Immunoreactivity) angesehen werden. Hierbei werden sowohl Trypsin als auch dessen Vorstufe, das Trypsinogen, im Serum nachgewiesen.
Beim Vorliegen einer exokrinen Pankreasinsuffizienz sind die Werte deutlich erniedrigt.
Ein deutlicher Anstieg der TLI Werte ist hingegen hinweisend auf eine Pankreatitis. Entscheidend für die Interpretation ist aber, dass die Tiere zum Zeitpunkt der Blutabnahme nüchtern waren. Außerdem können, vor allem bei der Katze, auch bei Niereninsuffizienz deutlich erhöhte TLI-Werte auftreten, so dass zusätzlich die Nierenparameter untersucht werden sollten.
Pankreasbiopsie – Histologie
Mit wesentlich höherem Aufwand verbunden ist die chirurgische Entnahme einer Pankreasbiopsie für die histopathologische Untersuchung. Falls eine repräsentative Lokalisation eingesandt wird, kann eine direkte Aussage über die Art und den Grad der Pankreasschädigung getroffen werden.
Da bei Verdacht auf akute Pankreatitis ein deutlich erhöhtes Narkoserisiko besteht, spielt die Histopathologie der akuten Pankreatitis eine eher untergeordnete Rolle.
Wird jedoch eine Laparatomie durchgeführt, um unklare Verdauungsstörungen abzuklären, so sollten neben transmuralen Magen-, Darm-, Lymphknoten- und Leberbiopsien auch Pankreasproben eingesandt werden, um ein ganzheitliches Bild zu erhalten und chronische Veränderungen zu diagnostizieren.
Zur Diagnose einer Pankreasneoplasie ist die histopathologische Untersuchung jedoch unumgänglich.
Fazit
Die Diagnose einer Erkrankung des exokrinen Pankreas zu stellen, kann für den Kliniker eine Herausforderung darstellen, da die Tiere meist keine spezifische Symptomatik zeigen. Von entscheidender Bedeutung ist daher die Untersuchung serologischer Parameter und gegebenenfalls einer Biopsie.
11 / 2013