Die Untersuchung von Bauchhöhlenergüssen ist wichtig zur Abklärung der differentialdiagnostisch in Frage kommenden Erkrankungen. Die Begutachtung der Ergussflüssigkeit leistet einen entscheidenden Beitrag zur Diagnose und reflektiert den Zustand der serösen Häute und intraabdominalen Organe wieder. Ein Erguss entsteht, wenn die Balance zwischen hydrostatischem und onkotischem Druck im Blut und der Lymphabfluss im Gewebe nicht mehr gewährleistet ist.
Indikationen für eine Abdominozentese mit Punktatuntersuchung
– ist z. B die Peritonitis.
Das Peritoneum besteht aus einer bindegewebigen Basal- und Mesothelschicht der Tunica serosa und enthält ein dichtes Geflecht von Blut und Lymphgefäßen. Entzündliche Erkrankungen des Bauchfelles können als Folge einer bakteriellen Infektion auf hämatogenem Wege, durch Kontakt mit infizierten Gewebeteilen (Abszesse anderer Organe) oder nach chirurgischem Eingriff (Nahtdehiszenzen), nach Punktionen und unter Umständen bei Laparatomien entstehen. Auch stumpfe Traumen, Fremdkörperperforationen, inkarzerierte Hernien, Tumore, Uteruserkrankungen (nach Geburt wie Puerperalsepsis, Plazentageschwüre und Uterusperforationen durch eine Pyometra) können zu Peritonitis führen. Das Resorptionsvermögen des Bauchfells kann durch örtlich ablaufende Entzündungsprozesse zu allgemeinen Krankheitserscheinungen führen. Leichte Reizungen führen zu vermehrter Exsudation der Serosa; es entsteht eine vermehrte Exsudation mit serösem, später serofibrösem Exsudat mit vielen polymorphkernigen Leukozyten und steigender Zahl an Makrophagen. Fibrinöse Exsudate führen zur Fibrose des Bauchfells. Eine Aszites abdominalis kann durch Erkrankungen der Niere, der Leber, des Herzens oder durch starken Parasitenbefall entstehen; es kommt zu einem Proteinmangel durch Veränderung der Blutzusammensetzung.
Aber auch Primärerkrankungen wie Streptotrichose und Tuberkulose, oder bei Leukose wird der wachsende Tumor Druck auf große Gefäße ausüben und zu einer Hypoalbuminämie führen, es kommt zu einer Verminderung des onkotischen Drucks und damit zum Austritt von Aszites.
Die Technik der Bauchhöhlenpunktion
Flüssigkeitsansammlungen sind im Körper leicht sonographisch darzustellen. Optimal ist eine Parazentese unter sonographischer Kontrolle, um Flüssigkeitsansammlungen sicher zu treffen und Verletzungen von Organen und Gefäßen zu vermeiden. Am stehenden Hund nach Entleerung der Harnblase, eventueller Anästhesie, Schur und Desinfektion wird am Tier zwischen Nabel und Symphyse ca. 2 Finger breit seitlich der Linea alba mit geeigneten Punktionsinstrumentarien die Flüssigkeit entnommen.
Cave: Komplikationen können Blutungen, Enterozentese, Peritonitis oder Phlegmonen sein.
Probenaufbereitung
Punktate werden in Röhrchen aufgefangen. Nach 10-minütiger Zentrifugation bei 1500 U/min wird der Überstand klinisch-chemisch untersucht. Eine zytologische, physikalische, bzw. mikrobiologische Untersuchung können sich anschließen, um eine Bewertung des Punktates vornehmen zu können; Transsudat, modifiziertes Transsudat, bzw. Exsudat werden dadurch bestimmt. Bei Verdacht auf eine infektiöse Genese ist eine bakteriologische Untersuchung der Flüssigkeit angezeigt. Dazu sollte das Punktat aseptisch in eine Blutkulturflasche injiziert werden. Das Nährmedium in der Blutkulturflasche gibt den Bakterien die Möglichkeit sich ungehindert zu vermehren, dient damit der Kultivierung und dem Schutz der Mikroorganismen während des Transports in das Labor. Die mikrobiologische Untersuchung muss aerob und auf alle Fälle auch anaerob durchgeführt werden.
Per definitionem sind Exsudate entzündliche Ausschwitzungen der Gefäße in Geweben oder Körperhöhlen. Sie können entzündlich (steril oder septisch) sein und sind meist trüb. Bei einer Serositis purulenta kann die Farbe des Eiters je nach Beteiligung von Bakterien graugrün und mit Beimengungen von Dedritus mit Blut, Fett oder Fibrin gelbrot, flockig graurot bis schwarzrot sein. Die Dichte beträgt beim Exsudat 1,020-1,040, das spezifische Gewicht ist > 1018 , die Rivaltaprobe positiv. Leukos sind größer als 7,0G/l, die Neutrophilen sind deutlich erhöht, es kommen zahlreiche Monozyten, Eosinophile und Lymphozyten vor.
Bei LABOKLIN wurden von November 2007 bis November 2008 die in Abbildung 1 dargestellten Punktatuntersuchungen durchgeführt. Von 180 Untersuchungen wurden 94 Punktate der Bauchhöhle und 10 Aszitespunktate zur mikrobiologischen Auswertung herangezogen.
Im Punktat kommt ein buntes Spektrum an Bakterien vor. Staphylococcus intermedius, verschiedene Arten von E. coli und ß-hämolysierende Streptokokken waren überwiegend vorhanden. Ebenso konnten Staphylococcus aureus und einmal sogar ein MRSA-Stamm aus einem Bauchhöhlenpunktat isoliert werden. 28% der untersuchten Punktate waren ohne bakterielles Wachstum und damit steril. Unter „Sonstige“ wurden koagulasenegative Staphylokokken, andere Enterobacteriaceae und Anaerobier (Prevotella sp.) zusammengefasst. Nokardien und Aktinomyceten konnten in diesem Jahr kulturell in der Routinediagnostik nicht angezüchtet werden. Die mikrobiologische Auswertung der Aszitespunktate ergab ein ähnliches Keimspektrum.
Streptotrichose
Bei der sogenannten „Streptotrichose“ der Fleischfresser handelt es sich um eine Mischinfektion mit Actinomyces, Nokardien, diversen Kokken und fusiformen Bakterien. In der Brusthöhle, in beiden großen Höhlen oder allein in der Bauchhöhle können perforierende Traumata von außen wie z. B. Biss- oder andere Verletzungen, oder auch Immunsuppression durch Infektionskrankheiten, Neoplasien oder Medikamente zu einer Infektion mit diesen Bakterien führen. Die Unterschiede zwischen Actinomyceten und Nokardien werden tabellarisch dargestellt (Abb. 3).
Tuberkulose
Der Tuberkulosekomplex, durch Mykobakterien verursacht, kann zu proliferativen und exsudativen Entzündungen führen. Exsudative Entzündungen sind durch Ansammlungen von eiweißhaltigem Exsudat und nachfolgender Koagulationsnekrose gekennzeichnet. Die Tuberkulose der Abdominalorgane entsteht z. B. bei der Pharynxtuberkulose. Die Tonsillen färben sich grauweißlich, porzellanfarben. Von den meist vergrößerten regionären Lymphknoten können Prozesse retrograd-lymphogen streuen und zur Verdickung der Darmwand und der Lymphknoten führen. Ganulombildung, Durchfälle oder Obstipation sind die Folge. Lokale Stauungen mit Aszites entstehen. Durch eine Punktion ist die tuberkulöse exsudative Peritonitis abzugrenzen, bei Darmmanifestation kann eine Endoskopie mit anschließender histologischer Untersuchung Hinweise liefern.
Zur Diagnose einer Tuberkulose können indirekte Nachweisverfahren durch Antikörperbestimmung wie KBR, Elisa oder IFA und Tuberkulintest herangezogen werden; als direkter Nachweis können nach DNA-Isolierung eine PCR , durch Färbung säurefeste Stäbchen oder die Erreger auf Spezialnährböden angezüchtet werden.
M. tuberculosis ist meldepflichtig, während M. bovis anzeigepflichtig ist. Eine Therapie sollte aufgrund des potentiellen Gesundheitsrisikos für den Menschen genau abgewogen werden. Infektionen beim Hund wurden über 23 Monate erfolgreich mit Rifampicin, Isoniazid und Streptomycin behandelt. Die Prognose ist abhängig vom Grad der Ausbreitung als vorsichtig zu stellen, eine Euthanasie aus öffentlichem Gesundheitsschutz indiziert.
Schlussbetrachtung
Zytologische Beurteilungen von Bauchhöhlenergüssen infektiöser Genese mit anschließender mikrobiologischer Auswertung, können wichtige Orientierungshilfen in der Tiermedizin sein. Septische Exsudate mit Nachweis von aeroben bzw. anaeroben Bakterien und Resistenztest geben eine wichtige Information über den Einsatz des richtigen Antibiotikums. Katzen weisen häufig Mischinfektionen mit anaeroben Bakterien, Pasteurellen und fakultativ pathogenen Keimen auf. Jedoch können nicht aus jedem Bauchhöhlenpunktat Bakterien angezüchtet werden. Ursachen dafür können spezielle Kulturanforderungen von Actinomyceten und Nokardien sein, eine vorausgegangene Antibiose oder gegenseitige Hemmungen von Kulturen, wie bei Richard et. al., 2006 beschrieben. Besser geeignet zum Nachweis von Actinomyceten und Nokardien sind PCR-Verfahren oder die Anfertigung zytologischer Präparate.
08 / 2018