Saisonale Allergien stellen bei Haustieren wie Hunden, Katzen und Pferden eine zunehmende Herausforderung für Tierhalter und Tierärzte dar. Besonders in der warmen Jahreszeit zeigen viele Tiere typische allergische Symptome, die nicht nur das Wohlbefinden stark beeinträchtigen, sondern unbehandelt auch zu chronischen Veränderungen führen können. Häufig werden diese Symptome im Herbst wieder besser oder verschwinden ganz – jedoch meist nur vorübergehend. Dieser Beitrag beleuchtet die typische Symptomatik, diagnostische und therapeutische Möglichkeiten und zeigt auf, warum der Zeitraum nach der Allergiesaison entscheidend für eine langfristige Kontrolle der Erkrankung ist.
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Abb. 1: ASIT-Injektionslösungen
Bildquelle: Dr. Regina Wagner
Klinische Manifestationen saisonaler Allergien
Bei Hunden äußern sich saisonale Allergien überwiegend dermatologisch. Typische Symptome sind:
- Pfotenlecken
- Gesichtsreiben
- sekundäre Pyodermien
- Malassezien-Dermatitiden
- chronisch-rezidivierende Otitiden
Diese Symptome weisen häufig auf eine canine atopische Dermatitis hin, bei der eine saisonale Verschlechterung durch Umweltallergene wie Pollen von Gräsern, Kräutern oder Bäumen oder Schimmelpilzsporen typisch ist.
Katzen zeigen häufig sogenannte allergische Reaktionsmuster, die sich in unterschiedlicher Ausprägung präsentieren:
- selbstinduzierte Alopezie
- selbstinduzierte Ulcera im Kopf-/Halsbereich
- miliäre Dermatitis
- eosinophiler Granulomkomplex
Die Diagnose wird häufig erschwert, da das Lecken oder Kratzen in Abwesenheit des Besitzers erfolgt und eine atopische Genese leicht übersehen werden kann.
Bei Pferden stehen zwei allergische Syndrome im Vordergrund:
- equines Asthma: mit jahreszeitlich bedingter Exazerbation bei steigender Allergenbelastung,
- Sommerekzem: juckende Hautveränderungen, insbesondere an Schweifrübe, Mähnenkamm und ventralem Abdomen, ausgelöst durch Insektenstiche (v. a. Culicoides spp.),
- atopische Dermatitis: fast idente Symptome wie beim Sommerekzem, allergische Reaktion auf Pollen von Gräsern, Kräutern oder Bäumen oder Schimmelpilzsporen.
Saisonale Dynamik der Allergiesymptome
Typischerweise beginnen die Symptome im Frühjahr, verstärken sich im Sommer und flauen im Herbst ab. Manche Tiere können jedoch auch nur im Frühjahr oder nur im Sommer oder Herbst symptomatisch sein. Im Verlauf der Jahre zeigen sich häufig zwei anders verlaufende Entwicklungen:
- Die Symptome dauern von Jahr zu Jahr länger an – oft bis in den Winter hinein.
- Einige Tiere entwickeln ganzjährige Symptome, wenn auch mit saisonaler Verstärkung.
Dieser Verlauf zeigt, dass eine frühzeitige Diagnose und Intervention unerlässlich sind, um ein Fortschreiten zur perennialen Allergie zu verhindern.
Diagnostik – der richtige Zeitpunkt
Allergie ist eine Ausschluss-Diagnose. Nach Ausschluss der Differentialdiagnosen und Sekundärinfektionen dient der Allergietest (serologisch oder intrakutan) der Identifikation der relevanten Allergene zur Einleitung einer Allergen-spezifischen Immuntherapie (ASIT). Idealerweise erfolgt der Test während oder unmittelbar nach der symptomatischen Phase, da dann die Antikörper in einer nachzuweisenden Höhe vorliegen.
Wichtig: Wird der Test zu spät nach der Saison durchgeführt, kann es durch die Abnahme der Immunreaktion zu falsch-negativen Ergebnissen kommen.
Therapie – Allergen-spezifische Immuntherapie (ASIT)
Die ASIT ist die einzige kausale Therapieform der allergischen Reaktion. Sie verändert die Immunantwort gegenüber den auslösenden Allergenen nachhaltig und ist besonders effektiv, wenn sie frühzeitig begonnen wird.
Ziel: Bereits zur nächsten Allergiesaison soll ein relevanter Schutz aufgebaut sein. Dies gelingt nur, wenn der Beginn der ASIT unmittelbar nach der symptomatischen Zeit erfolgt.
Vorteile eines frühen Therapiebeginns:
- Aufbau einer Toleranz vor der nächsten Saison
- Reduktion der Allergiesymptome schon im ersten Jahr
- Verringerung des Bedarfs an symptomatischer Medikation
- Prävention einer Progression zu ganzjährigen Beschwerden
Empfehlungen für die Praxis
- Symptomtagebuch führen: Beginn, Verlauf und Ende der Symptome notieren.
- Allergietest direkt in oder unmittelbar nach der Saison durchführen.
- ASIT frühzeitig einleiten, kurz nach der Saison, nicht erst auf den nächsten Frühling warten.
- Compliance sichern durch Aufklärung der Tierhalter über die Langzeitziele und den Ablauf der Therapie. Bitte vergessen Sie nicht, dass es sich um eine lebenslange Therapie handelt!
Zur Identifikation der relevanten Allergene bieten wir verschiedene Tests an.
Die Auswahl des Tests erfolgt individuell nach Tierart, klinischem Bild und Möglichkeiten vor Ort.
Die Allergen-spezifische Immuntherapie (ASIT) kann selbstverständlich im Anschluss bei uns bestellt werden (Abb. 1).
Fazit
Bei saisonalen Allergien gilt: Nach der Saison ist vor der Saison. Die Monate mit geringer Allergenbelastung sind nicht die Zeit des Abwartens, sondern die entscheidende Phase der Vorbereitung. Nur durch rechtzeitige Diagnostik und Einleitung einer Allergen-spezifischen Immuntherapie lässt sich das Wiederaufflammen der Symptome im Folgejahr effektiv reduzieren. So gewinnen Tier und Tierhalter Lebensqualität zurück – nachhaltig und planbar.
Dr. Regina Wagner




