Anamnese:
Piper ist ein 7-jähriger Australian Shepherd (angeblich reinrassig), weiblich, nicht kastriert. Als Welpe hatte sie durch orthopädische Probleme Schwierigkeiten beim Gehen, somit ging sie regelmäßig zum Schwimmtraining. Im Alter von einem Jahr platzte rechts vorne die Zwischenzehenhaut auf. Der behandelnde Tierarzt glaubte an einen Abszess, behandelte es entsprechend, es heilte auch wieder zu, platzte daraufhin jedoch sofort wieder auf. Dann breitete es sich auf alle Pfoten aus, der Hund bekam Hundeschuhe, womit sich das Problem dann löste. Nach 1,5 Jahren lief der Hund ohne Schuhe auf Schotter und die Haut platzte erneut auf und war von da an nicht mehr in den Griff zu bekommen. Der Tierarzt therapierte mit Enrofloxacin und Laser, es heilte zu, platzte jedoch sofort wieder auf.
Lebensgewohnheiten: es gibt 4 Hunde im Haushalt; Wohnung, Garten
Futter: der Hund wird gebarft
Verdauung des Hundes: ist o.B., sie hat 2 – 3x täglich Kotabsatz
Klinische Untersuchung:
Klinisch war bei der Erstuntersuchung eine Braunverfärbung an allen 4 Pfoten interdigital, palmar und plantar zu sehen (laut Besitzerin schleckt der Hund nach dem Ausziehen der Schuhe). In einem Zwischenzehenbereich wurde ein geöffneter Fistelkanal festgestellt. Die zytologische Untersuchung ergab neutrophile Granulozyten, vereinzelt Kokken, aber keine Malassezien.
Differenzialdiagnosen: Futtermittelallergie, atopische Dermatitis, Sekundärinfektionen
Therapie: Baden mit Chlorhexidinshampoo einmal täglich und Eliminationsdiät mit Lachs und Süßkartoffel, selbstzubereitet, sowie Provokationsdiäten mit diversen Kohlenhydraten, Eiweißen und Mineralstoffmischungen. Die Eliminationsdiät wurde 2 Monate durchgeführt, danach wurde ein Plan erstellt, nach dem alle 2 Wochen mit einer neuen Substanz provoziert werden sollte. Bei Wiederauftreten der Symptome sollte zur ursprünglichen Diät zurückgegangen werden, bis die Läsionen wieder verheilt waren, und dann mit der nächsten Provokation begonnen werden.
Die Besitzerin kam nach über einem halben Jahr wieder mit der Aussage, dass 7,5 Monate keine Symptome mehr aufgetreten seien. Als sie jedoch einen neuen Vitaminmix probierte, flammten die Beschwerden im Pfotenbereich wieder auf. Laut Besitzerin vertrug Piper Kaninchenfleisch und Süßkartoffel am besten, daher sollte sie auf dieser Diät bleiben. Ein – beim Haustierarzt durchgeführter – Allergietest bestätigte die Verträglichkeit von Kaninchen, Süßkartoffel und Pastinake (IgE und IgG Reaktionsklasse 0). Im Laufe der nächsten Jahre kam es immer wieder infolge von Experimenten bzw. irrtümlicher Futteraufnahme zu Rezidiven. Häufig war interdigital eine Blutblase sichtbar (Anm.: im Klientel der Autorin ist dies bei Futtermittelallergikern sehr häufig der Fall), die mit der Zeit aufplatzte. Einmal war es ein Stück Pferdekopffleisch oder diverse Öle, die zum Rezidiv führten, die ausprobierten Mineralstoffmischungen funktionierten alle nicht, und selbst Antibiotika mit Geschmackstoff forderten ihren Tribut. Die Besitzerin führte über all die Zeit ein sehr regelmäßiges Futtermitteltagebuch, sodass jeweils der Rückschluss auf die Ursache des Rezidivs gezogen werden konnte. Auch lernte sie, mithilfe eines cortisonhaltigen Sprays ein Rezidiv abzufangen, bevor die Klinik komplett eskalierte.
Diskussion:
Die Prävalenz der Futtermittelreaktion liegt bei Tieren mit Hauterkrankungen, Juckreiz oder allergischen Erkrankungen bei bis zu 25%. Somit ist bei Hunden mit Juckreiz oder anderer allergischer Symptomatik immer eine Eliminations-Provokations-Diät zum Ausschluss der futtermittelinduzierten Allergie angezeigt (Olivry und Müller, 2017). Es gibt bei dieser Erkrankung keine Alterslimitation, d.h. es können sehr junge oder auch alte Tiere erstmals davon betroffen sein. Das klinische Erscheinungsbild kann sowohl dermatologisch als auch gastrointestinal oder eine Kombination aus beiden sein. In unserem Fall war der Hund ein Jahr alt, als die Symptomatik begann, und die Symptomatik war ausschließlich auf den Pfotenbereich beschränkt. Die Diagnose basiert auf der Anamnese und der klinisch-dermatologischen Untersuchung, dem Ausschluss aller Differenzialdiagnosen sowie einem Verschwinden der Symptome auf eine Eliminationsdiät („Goldstandard“) mit anschließendem Wiederkehren der Symptome auf eine Provokationsdiät mit dem bisherigen Futter oder einem Bestandteil daraus. Die Diagnose Allergie ist immer eine klinische Diagnose! Ein Allergietest wird dazu durchgeführt, um Allergene für eine Eliminationsdiät auszuwählen (ein Eiweiß und ein Kohlenhydrat mit Reaktionsklasse Null). Piper reagierte auf eine Vielzahl von Provokationen (teils wissentlich, teils unabsichtlich) und zeigte immer nur auf das im Futtermittelallergietest negativ getestete Kaninchen mit der Kombination von Süßkartoffel oder Pastinake eine Verbesserung der Symptome.
Laboklin bietet Futtermittelallergietests zum Nachweis allergenspezifischer Antikörper (IgE und IgG) auf diverse Futterbestandteile an. Der serologische Allergietest identifiziert jene Allergene, gegen die Antikörper gebildet wurden (allergenspezifische IgE- und IgG-Antikörper auf diverse Futterbestandteile, ELISA). Wir bieten neben dem „allgemeinen“ Futtermittelallergietest seit geraumer Zeit auch einen „erweiterten“ und einen neuen „exotischen“ Futtermittelallergietest an. So haben Sie die Möglichkeit, diese Komponenten gezielt auszutesten und in weiterer Folge sowohl für die selbstzubereitete als auch für die kommerzielle Eliminationsdiät zu verwenden.
Futtermittelallergietest „allgemein“ | Futtermittelallergietest „erweitert“ | ||
Katze | Hund | Katze | Hund |
Rind | Rind | Pferd | Pferd |
Lamm | Lamm | Wildschwein | Wildschwein |
Huhn | Huhn | Strauß | Strauß |
Truthahn | Truthahn | Rentier | Rentier |
Ente | Ente | Känguru | |
Kaninchen | Kaninchen | ||
Rothirsch | Rothirsch | ||
Schwein | Schwein | Amarant | Amarant |
Weizen | Weizen | Hirse | Hirse |
Mais | Mais | Pastinake | |
Reis | Reis | ||
Kartoffel | Kartoffel | Futtermittelallergietest „exotisch“ | |
Gerste | Hund und Katze | ||
Hafer | Forelle | Buchweizen | |
Soja | Soja | Ziege | Bohne |
Ei | Ei | Kamel | Karotte/Möhre |
Kuhmilch | Kuhmilch | Wasserbüffel | Kürbis |
Lachs | Lachs | Wachtel | Zucchini |
Weißfisch | Weißfisch | Insekten (Hermetia illucens) | Erbse |
Thunfisch | Süßkartoffel | Hefe | |
Topinambur |
Die Gruppe um Prof. Dr. Ralf Müller stellte eine Studie der Universitätskleintierklinik in München vor, welche zeigte, dass der negative Vorhersagewert dieses Testes unter Berücksichtigung beider Antikörper (IgE und IgG) bei 81,1% liegt (Bethlehem et al., 2012). Dies bedeutet, dass man – indem man Futterbestandteile füttert, die in beiden Antikörperklassen negativ getestet wurden – bei 4 von 5 Hunden die richtige Eliminationsdiät verwendet. Dies bestätigt auch, dass die futtermittelspezifischen Antikörper aufgrund ihres hohen negativen Vorhersagewertes wertvoll für die Auswahl der Komponenten der Eliminationsdiät sind. Die Compliance des Besitzers zur Durchführung der Diät wird durch ein positives Testergebnis, darauf basierende gezielte Diätvorschläge und durch das von Laboklin entwickelte Futtermitteltagebuch enorm gesteigert.