Die Echinokokkose ist eine der wichtigsten durch Cestoden verursachten Zoonosen. In Deutschland ist sie beim Menschen und einigen Tierarten, u. a. dem Hund, meldepflichtig. Sie wird durch Cestoden der Familie Taeniidae, Gattung Echinococcus hervorgerufen. Diese Gattung umfasst derzeit acht anerkannte Spezies:
Der Kleine Fuchsbandwurm (Echinococcus (E.) multilocularis) kommt ausschließlich in der nördlichen Hemisphäre vor. In Europa zählen v. a. Süddeutschland, die Schweiz, Zentral- und Ostfrankreich und das westliche Österreich zu den Hauptendemiegebieten. Der Kleine Hundebandwurm (E. granulosus sensu lato (s.l.)) ist weltweit verbreitet, in Europa zählen v. a. Ost- und Südeuropa sowie der Mittelmeerraum zu den Hauptendemiegebieten. In Deutschland ist er nur sehr selten anzutreffen. Bei E. granulosus s.l. handelt es sich um einen Spezies-Komplex, der aktuell in fünf Spezies mit unterschiedlichen morphologischen, biologischen und genetischen Eigenschaften unterteilt wird: E. granulosus sensu stricto (Genotypen G1 – G3), E. felidis, E. equinus, E. ortleppi und E. canadensis (Genotypen G6/G7, G8 und G10). E. vogeli und E. oligarthrus kommen nur in Zentral- und Südamerika vor.
Hunde stellen als Endwirt von E. multilocularis und E. granulosus s.l. ein relevantes Infektionsrisiko für den Menschen dar. Das Halten von Hunden wird als einer der bedeutendsten Risikofaktoren für eine Infektion des Menschen mit aufgeführt. Der vorliegende Artikel soll einen Einblick in den Entwicklungszyklus, die Prävalenz sowie die Nachweismöglichkeiten von Echinokokken geben und damit helfen, das von Hunden ausgehende Infektionspotential richtig einzuschätzen.
Entwicklungszyklus
Echinokokken weisen einen Entwicklungszyklus mit obligatem Wirtswechsel auf. Die geschlechtsreifen, adulten Bandwürmer parasitieren im Dünndarm von Carnivoren. Sie sind im Gegensatz zu anderen Cestoden nur wenige Millimeter lang und bestehen aus Scolex (Kopf) und 2 – 6 Proglottiden (Tabelle 1).
Die eihaltigen Endglieder lösen sich vom restlichen Wurm ab. Im Gegensatz zu den Proglottiden anderer Bandwürmer zerfallen diese bei Echinococcus meist schon im Darm und entlassen die unmittelbar infektiösen Eier direkt in den Kot. Die Eier enthalten die Onkosphäre (1. Larvenstadium), die vom Zwischenwirt zumeist oral aufgenommen wird. Im Zwischenwirt wandert die geschlüpfte Onkosphäre nach Penetration der Darmwand auf hämatogenem Weg in Organe (v. a. in die Leber) und entwickelt sich dort zur Metacestode (2. Larvenstadium) in Form einer Zyste. Sobald sich in den Metacestoden Protoscolices (Kopfanlagen) entwickeln haben, sind diese fertil. Der Kreislauf schließt sich, wenn ein Endwirt infizierte Organe des Zwischenwirts aufnimmt. Im Dünndarm des Endwirts stülpt sich der Scolex heraus und heftet sich an der Darmwand an. Daraus entwickelt sich der adulte Bandwurm. Gelegentlich infizieren sich Fehlwirte, die nicht zum natürlichen Lebenszyklus des Parasiten gehören, durch Aufnahme von Eiern. Auch im Fehlwirt entwickeln sich Metacestoden in den Organen.
Tab. 1: Wichtige Merkmale von E. multilocularis und E. granulosus s.l.
Art | Länge der adulten Stadien | Anzahl der Proglottiden | Anzahl der Eier | Präpatenz | Patenz |
E. multilocularis | 1,2 – 4,5 mm | 5 (2 – 6) | bis zu 200 | 28 Tage | mehrere Monate |
E. granulosus s.l. | 2 – 7 mm | 3 (2 – 6) | bis zu 1500 | 45 Tage | mehrere Monate |
Im Entwicklungszyklus von Echinokokken können verschiedene Tierarten als Wirte beteiligt sein (Tabelle 2). Endwirte sind v. a. Caniden, sehr selten auch Feliden. Die Wirtsspezies hat einen Einfluss auf Entwicklung der Metacestoden und die Fruchtbarkeit der adulten Würmer: Bei Feliden entwickeln sie sich nur langsam und produzieren, wenn überhaupt, nur wenige Eier.
Tab. 2: End-, Zwischen- und Fehlwirte von E. multilocularis und E. granulosus s.l.
Art | Endwirte | Zwischenwirte | Fehlwirte |
E. multilocularis | v. a. Füchse (Rotfuchs, Eisfuchs), Marderhunde und Waschbären, aber auch Wolf, Hund, (Katze), u. a. | Kleinsäuger (v. a. Nagetiere) | Mensch, Primaten, Hund, (Haus- und Wildschwein), u. a. |
E. granulosus s.l. | Hund, aber auch andere Caniden (z. B. Wolf, Kojote) und evtl. Feliden | v. a. Schaf, aber auch andere Wiederkäuer, Kamel, Schwein, Pferd u. a. | Mensch, verschiedene Säugetiere |
Klinische Symptomatik
Eine Infektion mit adulten Echinokokken verläuft im Endwirt meist asymptomatisch, auch bei starkem Befall. Die wenig pathogenen adulten Bandwürmer haften mit ihrem Scolex an der Darmschleimhaut, die lokalen Veränderung dort sind i. d. R. unbedeutend. Allerdings stellen Endwirte ein potentielles Infektionsrisiko für Menschen dar. Daher ist bei positiv getesteten oder infektionsverdächtigen Haustieren eine sofortige Therapie unter Einhaltung strikter Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Für weitere Informationen hierzu sowie zu möglichen Präventionsmaßnahmen wird an dieser Stelle auf die ESCCAP-Guidelines verwiesen.
Die Metacestoden dagegen, die sich in Zwischen- und Fehlwirten (u. a. Menschen) nach oraler Aufnahme von Echinokokken-Eiern entwickeln, weisen eine sehr hohe Pathogenität auf und können schwere Erkrankungen hervorrufen, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
Echinococcus granulosus sensu lato
Das klinische Bild im Zwischen- bzw. Fehlwirt wird als cystische Echinokokkose (CE) bezeichnet. Es ist gekennzeichnet durch die Bildung eine Zyste, die einen Durchmesser von wenigen Dezimetern erreichen kann. Die mehrschichtige Zystenwand besteht aus einer äußeren Bindegewebskapsel, die vom Wirt gebildet wird, einer laminierten Membran und einer Keimschicht. Aus letztere entwickeln sich Brutkapseln, in denen sich Protoscolices entwickeln. Klinische Probleme entstehen in erster Linie durch Druck auf umliegende Organe als Folge einer Volumenzunahme der Zyste. Vorher verläuft die Infektion meist über mehrere Jahre asymptomatisch.
Echinococcus multilocularis
Der Kleine Fuchsbandwurm ruft im Zwischen- bzw. Fehlwirt die alveoläre Echinokokkose (AE) hervor, eine außerordentlich schwere Erkrankung, die unbehandelt oft tödlich verläuft. Im Gegensatz zur CE bildet die Metacestode keine geschlossene Zyste, sondern wächst infiltrativ multivesikulär, tumorähnlich in das umliegende Gewebe ein. In der Regel ist nur die Leber davon betroffen. Das Keimepithel bildet Sprossen, die das Gewebe durchsetzen.
Dort bilden sich zahlreiche Protoscolices aus. Bei humanen Fällen vergehen meist 10 – 15 Jahre, bevor die Erkrankung bemerkbar wird. Es gibt aber auch einen erheblichen Anteil an Infektionen, bei denen die Entwicklung der Parasiten und damit der Erkrankung gleich zu Beginn immunologisch abgebrochen wird.
Dem Hund kommt im Fall von E. multilocularis eine besondere Rolle zu: Er kann sowohl End- als auch Fehlwirt sein.
Endwirte infizieren sich durch den Verzehr von Metacestoden-haltigen Nagern. Daher sind Hunde, die Nager jagen und verzehren, besonders gefährdet.
Gelegentlich wird der Hund durch Aufnahme von E. multilocularis-Eiern zum Fehlwirt mit Entwicklung einer klinisch manifesten AE: Die Eier können aus der Umgebung, durch Koprophagie oder durch Autoinfektion nach primärer intestinaler Infektion aufgenommen werden. Mit den Faeces ausgeschiedene Eier können im Fell verbleiben und von dort auf den Hund selbst, aber auch auf den Menschen übertragen werden. Bei Hunden, die selbst als Fehlwirt an alveolärer Echinokokkose erkrankt sind, sollte auf das zeitgleiche Vorliegen einer intestinalen Infektion untersucht werden: im positiven Fall besteht ein konkretes Infektionsrisiko für Kontaktpersonen (Besitzer, Praxispersonal). Da im negativen Fall nicht auszuschließen ist, dass eine solche Infektion zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben könnte, sollten die Tierbesitzer über eine mögliche Exposition sowie serologische Testmöglichkeiten aufgeklärt werden.
Therapie der Wahl bei einer caninen AE ist die chirurgische Komplettresektion der Metacestoden unter Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstands zum gesunden Gewebe ggf. in Kombination mit einer Benzimidazol-Therapie. In vielen Fällen ist eine chirurgische Intervention aufgrund des bereits fortgeschrittenen Stadiums der Erkrankung bei Vorstellung und/oder einer extrahepatischen Metastasierung nicht mehr möglich.
Diagnostik
Nachweismöglichkeiten beim Endwirt
Proglottiden sind nur wenige Millimeter lang und zerfallen meist schon im Darm. Daher können sie in der Regel mit bloßem Auge im Kot nicht erkannt werden.
Eier aus der Familie Taeniidae, zu der neben der Gattung Echinococcus auch die Gattung Taenia gehört, sind rund und dickschalig mit einer radiär gestreiften, bräunlich gefärbten Embryophore (Abbildung 1). Sie haben einen Durchmesser von ca. 30 – 40 µm und beinhalten das 1. Larvenstadium. Koproskopisch können sie mittels Flotations- oder Sedimentationsverfahren nachgewiesen werden, allerdings können Eier der verschiedenen Taeniiden morphologisch nicht unterschieden werden.
Für eine Abgrenzung zu Taenia spp., deren zoonotische Bedeutung gering ist, stehen in spezialisierten Labors Koproantigentests zum Nachweis von Echinococcus spp. oder molekularbiologische Methoden, wie die PCR, zum spezifischen Nachweis bestimmter Spezies zur Verfügung. Falsch negative Ergebnisse sind z. B. aufgrund der intermittierenden Ausscheidung von Proglottiden bzw. Eiern, bei einer geringen Wurmlast oder während der Präpatenzphase möglich.
Adulte Würmer findet man meist nur post-mortem in der Sektion. Adulte Stadien können anhand von verschiedenen Merkmalen, wie Morphologie der Proglottiden und der Geschlechtsorgane sowie Anzahl, Form und Größe der Scolexhaken den einzelnen Arten zugeordnet werden.
Zwischen dem Vorliegen einer intestinalen Infektion und Echinokokken-Antikörpern im Serum besteht nur eine geringe Korrelation. Serologische Tests sind daher beim Tier wenig aussagekräftig.
Daneben können sie z. B. beim Hund nicht zwischen einer intestinalen Infektion und einer AE unterscheiden.
Nachweismöglichkeiten beim Fehlwirt
Umfangsvermehrungen von betroffenen Organen können mittels bildgebender Diagnostik festgestellt werden. Ein makroskopischer Nachweis typischer Gewebsveränderungen v. a. in der Leber ist intravital mittels Laparotomie bzw. postmortal in der Sektion möglich (Abbildung 2). Durch histologische Untersuchung von Zystengewebe (Abbildung 3) und/ oder PCR-Nachweis des Erregers im Gewebe kann die Diagnose bestätigt werden.
Prävalenz von Echinokokken bei Hunden in Deutschland
Dyachenko et al. wiesen 2008 eine Prävalenz von Taeniidae-Eiern in Faecesproben von Hunden aus Europa (n = 21588) von 0,25 % nach. Bei 43 der 54 Taeniidae-positiven Hunde ergab die Artdifferenzierung mittels PCR eine Infektion mit E. multilocularis (81 %). Diese Zahlen spiegeln sich auch im eigenen Untersuchungsgut wider: Eine Auswertung der mittels Flotation und Sedimentation untersuchten Faecesproben von Hunden aus Europa (n = 60615) im Jahr 2021 ergab eine Taeniidae-Prävalenz von 0,16 %. Anschließend wurden 35 der Taeniidae-positiven Proben mittels PCR auf Echinokokken untersucht: In 22 (62,9 %) davon wurde E. multilocularis nachgewiesen. In beiden Auswertungen stammten die Hunde vorwiegend aus Deutschland, wobei die Prävalenz in Süddeutschland signifikant höher war als in Norddeutschland.
Ein Nachweis von Taeniiden-Eiern beim Hund sollte also in Deutschland als potenzielle Infektion mit E. multilocularis betrachtet und aufgrund seiner besonderen zoonotischen Relevanz zwingend diagnostisch abgeklärt werden.
E. granulosus s.l. konnte weder bei Dyachenko et al. (2008) noch in eigenen Untersuchungen bei Hunden aus Deutschland nachgewiesen werden. Dennoch sollte eine intestinale Infektion v. a. bei Hunden, die aus Endemiegebieten importiert werden oder sich dort aufgehalten haben, differentialdiagnostisch in Betracht gezogen werden.
Durch den Anstieg der Fuchspopulation in den letzten Jahrzehnten sowie sein vermehrtes Vorkommen auch im städtischen Raum und dem damit verbundenen höheren Infektionsdruck, wurde ein Anstieg an humanen Fällen beobachtet. Zur Prävalenz der caninen AE in Deutschland und weltweit gibt es allerdings keine Angaben.
Fazit
Der Hund stellt als Endwirt von E. multilocularis in Mitteleuropa ein relevantes Infektionsrisiko für den Menschen dar, kann aber selbst auch zum Fehlwirt mit klinisch manifester Echinokokkose werden. Daher ist ein besonderes Augenmerk auf die Prävention von Infektionen des Hundes zu legen.
Die Prävalenz von Infektionen mit Bandwürmern aus der Familie Taeniidae bei Hunden aus Europa ist gering, der Anteil an E. multilocularis-Infektionen ist allerdings sehr hoch. Da Bandwurm-Eier aus der Familie Taeniidae mikroskopisch nicht unterschieden werden können, sollte ein Echinokokken-Befall deshalb stets mittels spezifischer Testverfahren abgeklärt werden.
Dr. Michaela Gentil
Leistungsspektrum
- Parasitologische Untersuchung (Flotation/Sedimentation) von Kotproben
- Spezifischer PCR-Nachweis von Echinococcus multilocularis und Echinococcus granulosus in Faeces, Zystenmaterial oder Gewebe
- Nachweis von Echinokokken-Antikörpern mittels ELISA im Serum