Zuchthygiene
Indikation und Probenentnahme
Fruchtbarkeitsstörungen der Stute können durch bakterielle Besiedelungen der Geschlechtsorgane verursacht werden. Im Natursprung können die Bakterien dann zu einer Ansteckung des Deckhengstes führen. Für eine gute Fruchtbarkeit muss die Gebärmutter bzw. der Muttermund frei sein von pathogenen oder bedingt pathogenen Keimen.
Hierfür ist eine bakteriologische und evtl. auch eine mykologische kulturelle Untersuchung einer möglichst steril entnommenen Tupferprobe erforderlich.
Bei Stuten, die nach einer ungestörten Geburt ein gesundes Fohlen bei Fuß haben und ohne klinische Anzeichen einer Genitalinfektion sind, sowie bei dreijährigen Maidenstuten kann man davon ausgehen, dass i. d. R. keine die Fruchtbarkeit beeinträchtigenden Keime in der Gebärmutter vorhanden sind. Hier wird auch auf eine mikrobielle Untersuchung verzichtet, häufig wird diese aber im Natursprung vom Hengsthalter verlangt.
Eine kulturelle Untersuchung ist zwingend erforderlich, wenn
– Stuten im Vorjahr nicht oder erfolglos gedeckt oder besamt wurden;
– klinische Anzeichen einer Genitalerkrankung vorhanden sind;
– Stuten verfohlt haben;
– der Geburtsverlauf und der Abgang der Nachgeburt nicht normal verliefen;
– Stuten in der laufenden Decksaison zweimal umgerosst haben.
Vor der Tupferprobenentnahme ist immer eine Trächtigkeit auszuschließen! Der ideale Zeitpunkt liegt in der Rosse bei geöffnetem Muttermund. Für ein aussagefähiges bakteriologisches Ergebnis ist es von großer Wichtigkeit, dass der Tupfer nicht mit der Haut, dem Scheidenvorhof oder der Scheidenschleimhaut in Kontakt kommt. Diese Bereiche können Keime beherbergen, die in der Gebärmutter nicht vorkommen.
Die Probenentnahme sollte in jedem Fall mithilfe eines Spekulums erfolgen, um möglichst aussagefähige Ergebnisse zu erhalten. Zur leichteren Passage des Gebärmutterhalskanals kann eine Zervixfasszange verwendet werden. Bei der Probenentnahme mithilfe eines Spekulums kann gleichzeitig die Schleimhaut hinsichtlich Entzündungsanzeichen oder Auflagerungen beurteilt werden.
Zuchthygiene: bakteriologische Befunde
Folgende Bakterien werden bei der zuchthygienischen Untersuchung als pathogen eingestuft, eine Behandlung ist hier auch bei klinisch gesunden Stuten vor der Belegung anzuraten:
• ß-hämolysierende Streptokokken
• Staphylococcus aureus
• Escherichia coli var. haemolytica
• Pseudomonas aeruginosa
• Klebsiella spp.
• Raoultella ornithinolytica (früher: Klebsiella ornithinolytica)
• Actinobacillus equuli
• Bordetella bronchiseptica
• Rhodococcus hoagii (früher als R. equi bezeichnet)
Die Keimdifferenzierung erfolgt anhand der Kulturmorphologie und mittels MALDI-TOF. Auch bei Vorliegen von Escherichia coli ohne Hämolyse wird eine Behandlung vor der Belegung empfohlen, wenn diese in hoher Keimzahl und Reinkultur nachgewiesen werden können. Der mikrobiologische Befund ist immer im Zusammenhang mit den klinischen Veränderungen bei der gynäkologischen Untersuchung zu beurteilen. Der behandelnde Tierarzt entscheidet in diesen Fällen über die Zulassung der Stute zum Decken oder über etwaige notwendige Maßnahmen wie Therapie oder Karenzzeit. Werden für die Zuchthygiene relevante Keime gefunden, wird ein Antibiogramm mittels Mikrodilutionsverfahren angefertigt. Andere Bakterien, die als unspezifisch gewertet werden, werden im Befund angegeben, jedoch wird hier keine Empfindlichkeitsprüfung durchgeführt. Die bakteriologische Untersuchung dauert i. d. R. 2 – 3 Tage inklusive Antibiogramm.
Ausgewertet wurden die Pferdetupfer, die im Jahr 2021 und bis August 2022 für die kulturelle zuchthygienische Untersuchung eingesandt wurden. Angaben über eine klinische Symptomatik lagen in der Regel nicht vor. Bei ca. 30 % der eingesandten Proben konnten pathogene Keime nachgewiesen werden. Von den als pathogen eingestuften Bakterien wurden ß-hämolysierende Streptokokken mit 21,79 % am häufigsten nachgewiesen.
Bei 1,70 % der Proben lagen E. coli ohne Hämolyse bzw. bei 1,19 % E. coli mit hämolysierende Eigenschaften in einem hohen Gehalt in Reinkultur vor. Staphylococcus aureus wurde zwar mit 0,81 % nur am vierthäufigsten nachgewiesen, erwähnenswert ist jedoch, dass bei 24 % der Isolate eine Methicillin-Resistenz vorlag.
Taylorella equigenitalis
Die kontagiöse equine Metritis (CEM) ist eine meldepflichtige Deckseuche, die durch das Bakterium Taylorella equigenitalis verursacht wird. Während infizierte Hengste i. d. R. symptomlose Träger sind, kann Taylorella equigenitalis bei Stuten zu Endometritiden und Fruchtbarkeitsstörungen führen. Es kommen aber auch inapparente Infektionen vor. Nach Richtlinie 92/65/EWG sind bei der Stute Tupferproben von mindestens 2 Lokalisationen – Fossa clitoridis und Sinus clitoridis – zu entnehmen. Neben der kulturellen Erregeranzucht steht die PCR als weiteres geeignetes Untersuchungsverfahren zur Verfügung. Unabhängig vom Verfahren sind ausschließlich Tupfer mit Aktivkohlezusatz (Amies-Transportmedium) zu verwenden. Die Kultur sollte spätestens 24 Stunden nach Probenentnahme (48 Stunden nach Probenentnahme bei gekühltem Transport) angelegt werden. Bei der PCR sollten zwischen Probenentnahme und Testansatz nicht mehr als 48 Stunden vergehen. Zu beachten ist, dass für jedes Verfahren ein eigener Tupfer benötigt wird. Bei Isländern ist neben der zuchthygienischen kulturellen Untersuchung der kulturelle Ausschluss von Taylorella equigenitalis vor der Belegung erforderlich. Die kulturelle Untersuchung auf Taylorella equigenitalis dauert 7 Tage. Die PCR bietet den Vorteil der schnelleren Diagnostik innerhalb von 1 – 3 Werktagen.
Zuchthygiene: mykologische Befunde
Gerade wenn bei der adspektorischen Begutachtung der Vaginalschleimhaut weißliche Beläge festgestellt werden, sollte man auch an eine Pilzinfektion denken. Durch eine massive Infektion entwickelt sich meistens ein hochgradig gefüllter Uterus mit grau-schleimigem und trübem Sekret. Die Zervixschleimhaut sowie das Endometrium erscheinen schmutzig-dunkelrot verfärbt und deutlich entzündet.
Prädisponierend für eine Infektion mit Hefepilzen ist v. a. eine vorausgegangene langfristige Antibiotikatherapie, hauptsächlich können intrauterine Antibiotika-Applikationen hierfür verantwortlich sein. Diskutiert werden auch antibiotikahaltige Samenverdünner im Rahmen einer künstlichen Besamung. Von den Schimmelpilzen wurden am häufigsten Mucor spp. und verschiedene Aspergillus-Arten isoliert, aber meist nur in geringer Keimzahl. Bei niedriger Keimzahl, gerade bei den Schimmelpilzarten, ist eine positive Kultur dahingehend zu hinterfragen, ob es sich um eine Kontamination handelt.
Fazit Zuchthygiene
Während der Zuchtsaison gilt es, die Zuchttauglichkeit bei allen Stuten zu beurteilen, die für eine Belegung vorgesehen sind. Hierzu gehört neben der gynäkologischen Untersuchung eine mikrobiologische Untersuchung von Zervix- oder Uterustupfern. Ein frühzeitiger vorsaisonaler Beginn der zuchthygienischen Untersuchung ist anzuraten, damit auch Tiere mit Pathogennachweis durch entsprechende Therapiemaßnahmen in Zuchtkondition versetzt werden können, ohne dass wertvolle Zeit verloren geht. Fällt das Ergebnis einer Tupferprobe positiv aus, sollte vor der Belegung behandelt werden. Der Behandlungserfolg kann frühestens 10 Tage nach Therapieende durch eine erneute bakteriologische bzw. mykologische Untersuchung überprüft werden. Ist die Kontrolluntersuchung unauffällig, kann die nächste Rosse für eine Belegung genutzt werden. Bei gutem Zuchtmanagement sind im Idealfall alle Diagnostik- und Therapieverfahren abgeschlossen, noch bevor die Decksaison startet.
Hormonelle Trächtigkeitsdiagnostik
Nach der entsprechenden zuchthygienischen Vorbereitung kann bei den als gesund befundenen Stuten die Besamung oder Bedeckung in Angriff genommen werden. Die rossebegleitenden Untersuchungen sind rein klinischer Natur und werden rektal-palpatorisch – evtl. ergänzt durch Ultraschall – als Follikelkontrollen durchgeführt und dokumentiert.
Auch die Trächtigkeitsuntersuchungen werden i. d. R. als rektal-palpatorische Untersuchungen vorgenommen, ergänzt v. a. in den frühen Stadien durch Ultraschall. Nur so können in der Frühträchtigkeit eine lebende Frucht dargestellt und z. B. Zwillingsgraviditäten ausgeschlossen werden.
Aber nicht immer ist eine manuelle Untersuchung in der Praxis möglich. Bei Kleinpferden/Miniaturrassen, widersetzlichen Patienten oder Wild- und Zootieren oder wenn Rektumläsionen zu befürchten sind, sollte auf eine rektal-palpatorische Untersuchung verzichtet werden.
In diesen Fällen kann auf die Bestimmung trächtigkeitsspezifischer Hormone zurückgegriffen werden, die in definierten Stadien typische Konzentrationen aufweisen.
Hierfür stehen uns 2 Hormone zur Verfügung: das Pregnant Mare Serum Gonadotropin (PMSG) = equines Chorion-Gonadotropin (eCG) und das Östronsulfat.
PMSG/eCG
Dieses Hormon wird – mit leichten individuellen Abweichungen – zwischen dem ca. 35. bis ca. 120. Tag der Trächtigkeit von den „endometrial cups“ sezerniert. Wir empfehlen die Probenentnahme zwischen dem 45. bis 100. Tag post ovulationem. Die höchsten PMSG-Konzentrationen werden von Tag 60 bis Tag 75 gemessen. In den „Randbereichen“ des empfohlenen Zeitfensters kann es zu fraglichen Resultaten kommen, die durch Nachuntersuchungen abzusichern sind. Bei Fruchtresorptionen, die gerade in diesem Zeitraum stattfinden können, produzieren die „endometrial cups“ noch wochenlang weiter PMSG, obwohl keine lebende Frucht mehr vorhanden ist. Der PMSG-Nachweis fällt also falsch positiv aus. Darüber hinaus zeigen die betroffenen Stuten in dieser Zeit auch keine Rosse.
Östronsulfat
Dieses Hormon wird von einer intakten feto-maternalen Einheit gebildet und ist somit indikativ für eine lebende Frucht. Ab dem ca. 40. Trächtigkeitstag wird das Hormon in steigenden Konzentrationen sezerniert. In diesen frühen Stadien ist allerdings keine sichere Unterscheidung zur zyklischen Östrogensekretion möglich.
Wir empfehlen die Östronsulfatbestimmung ab dem 110. Trächtigkeitstag, da tragende Stuten zu diesem Zeitpunkt sehr viel höhere Konzentrationen des Hormons aufweisen. Außerdem sollten die vorweg durch PMSG als tragend befundeten Stuten jetzt mit Östronsulfat nachuntersucht werden. Die Östronsulfatuntersuchung kann auch aus dem Urin vorgenommen werden.
Stuten mit einem fraglichen oder nicht schlüssigen Testergebnis sollten nach 3 bis 4 Wochen nachuntersucht werden.
Bei einem negativen Testergebnis von Stuten, die sicher über 110 Tage tragend sind, kann eine Schädigung der Frucht/Plazenta vorliegen. In diesem Fall kann auf eine rektal-palpatorische bzw. Ultraschalluntersuchung nicht verzichtet werden.
Progesteron
Progesteron ist das Gelbkörperhormon. Die Untersuchung macht nur Sinn zwischen dem 18. und 21. Tag post ov. – einen stabilen 21-Tagezyklus der Stute vorausgesetzt. Da der Test nicht zwischen Zyklus und Trächtigkeitsgelbkörper unterscheiden kann, bedeutet der Nachweis eines funktionsfähigen Gelbkörpers zu diesem Zeitpunkt nur, dass die Stute nicht zum erwarteten Zeitpunkt „umrosst“.
Dr. Anton Heusinger und Dr. Antje Wöckener
Weiterführende Literatur:
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Tibary A, Pearson L, Fite C. Chapter 8 – Reproductive Tract Infections. In: Debra C. Sellon, Maureen T Long, Hrsg. Equine Infectious Diseases, 2 nd Edition, 2014. S. 84-106.
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Heusinger A, Woeckener A. Bakteriologische Untersuchungen zur Zuchthygiene bei der Stute- Enke Verlag Pferdespiegel. 2013; 4: 150-151.
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Aurich C. Fortpflanzungsstörungen beim Hengst und Deckinfektionen. In: Reproduktionsmedizin beim Pferd. Aurich C, Hrsg. Stuttgart: Parey, 2005. S. 267-296.
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Döcke F. Veterinärmedizinische Endokrinologie. Jena: G. Fischer, 3. Auflage, 1994.
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Hoffmann B, Gentz F, Failing K. Investigations into the course of progesterone-, oestrogen- and eCG-concentrations during normal and impaired pregnancy in the mare. Reprod Domest Anim. 1996; 31: 717-723.