Tumoren treten bei Hunden überwiegend im Alter von 9 – 12 Jahren auf. Aber auch junge Hunde (1 – 3 Jahre) entwickeln immer wieder neoplastische Umfangsvermehrungen. Es gibt bislang nur wenige Studien zu Neoplasien bei Hunden im Alter von bis zu 12 Monaten (Kessler & v. Bomhard 1997; Schmidt et al. 2010). Dabei handelt es sich überwiegend (fast 90 %) um gut artige kanine kutane Histiozytome, aber es werden auch einige Fälle maligner Tumorerkrankungen (Sarkome, Lymphome, Karzinome) beschrieben (Kessler & v. Bomhard 1997, Schmidt et al. 2010).
Untersuchungsgut von LABOKLIN 2016 – 2019
Im Rahmen eines großen interdisziplinären Forschungsverbundprojektes (FORTiTHer) wurden 170.000 Datensätze aus der histopathologischen Routinediagnostik (2016 – 2019) analysiert. Für die hier vorgestellten Ergebnisse wurden die Daten von bis zu 3 Jahre alten Hunden ausgewertet, bei denen Rasse und Alter vorberichtlich angegeben waren und die Probenqualität eine Diagnose zuließ (n=18.389).
Insgesamt waren 225 Rassen vertreten, in Abb. 1 sind die 15 häufigsten dargestellt.
Nicht-tumoröse Veränderungen (Entzündungen, Zysten, Hyperplasien, degenerative Läsionen) fanden sich in über der Hälfte (57 %) der eingesandten Proben.
Als tumor-like lesions (5 %) wurden z.B. Polypen, Dysplasien oder Epuliden klassifiziert. Tumoren wurden in 38 % aller Einsendungen gefunden (Abb. 2).
Innerhalb der Gruppe der Tumoren waren 81% benigne (v.a. Histiozytome, Papillome, benigne Mammatumoren, Haarfollikeltumoren, Lipome, Abb. 3).
Allerdings bedeutet das auch, dass 19 % aller eingesandten Tumoren bei Hunden im Alter unter 3 Jahren (semi)maligne waren (Abb. 4)!
Im Folgenden werden einige ausgewählte Tumoren exemplarisch vorgestellt.
Kanines kutanes Histiozytom
Die kaninen kutanen Histiozytome sind bei weitem die häufigsten Tumoren bei jungen Hunden (Abb. 3). Histiozytome verhalten sich gutartig und erfahren in vielen Fällen eine spontane Regression. Ihre Diagnose erfolgt zytologisch oder histologisch.
Mastzelltumoren
Grundsätzlich muss bei einem Mastzelltumor immer von einem malignen Potential ausgegangen werden. Bei den bis zu 3 Jahre alten Hunden waren sie die häufigsten (semi)malignen Tumoren (39 %, Abb. 4).
Häufig erfolgt die Diagnose von Mastzelltumoren zunächst zytologisch. Die anschließende Entfernung findet dann möglichst unter besonderer Beachtung der Resektionsgrenzen und Entnahme von Tumor bettbiopsien statt. Die Graduierung und die Untersuchung der Tumorränder erfolgen histologisch.
Bei den bis zu 3 Jahre alten Hunden unseres Tiergutes wurden 44,6 % der Mastzelltumoren als Grad I, 52,7 % als Grad II und 2,7 % als Grad III nach Patnaik et al. (1984) klassifiziert (bzw. lowgrade 97,3 % und high-grade 2,7 % nach Kuipel et al. 2011).
Lymphome
Lymphome machen 8 % der (semi)malignen Tumoren in unserem Untersuchungsgut aus. Die eingesandten Proben stammten meist aus den Lymphknoten. Aber auch der Magen-Darm-Kanal, die inneren Organe und die Haut waren betroffen (Abb. 5).
Die Diagnose von Lymphomen erfolgt in der Regel zytologisch und/oder histologisch. Weiterführende Untersuchungen (z.B. Klonalitätsanalyse, Immunhistologie, Immuntypisierung) dienen der genaueren Charakterisierung.
Weichteilsarkome
In unserem Untersuchungsgut der bis zu 3 Jahre alten Hunde waren Weichteilsarkome mit 10 % der (semi)malignen Tumoren relativ häufig.
Ähnlich wie bei den Mastzelltumoren, kann auch bei den Weichteilsarkomen eine zytologische Diagnose hilfreich sein, um das chirurgische Vorgehen zu planen. Eine Graduierung (McSporran et al. 2009) erfolgt dann histologisch. Zwei Drittel der Weichteilsarkome in unserem Untersuchungsgut wurden als Grad 1 diagnostiziert (Abb. 6).
Knochentumoren
Insgesamt wurden 199 Proben aus dem Knochen eingesandt, von denen 41 % eine Entzündung, 23 % einen Tumor und 18 % Kallusformationen aufwiesen. Die Knochentumoren waren fast immer (91 %) maligne (Osteosarkome). Interessanterweise stammten die 46 Osteosarkome v.a. von Labradoren (n=7), Golden Retrievern (n=5) und Rhodesian Ridgebacks (n=5), aber nur eine Dogge war vertreten.
Knochentumoren stellen also auch bei jungen Tieren eine wichtige Differenzialdiagnose dar.
Die Diagnose erfolgt zytologisch oder histologisch, wobei eine repräsentative Probe von größter Wichtigkeit ist. In 11 % der hier eingesandten Knochen proben waren die Proben nicht repräsentativ und es konnte kein morphologisches Korrelat zu den klinischen bzw. röntgenologischen Veränderungen gefunden werden.
Mammatumoren
Die Mammatumoren bei Hunden im Alter bis zu 3 Jahren (n=306) waren in unserem Untersuchungsgut zu 69 % benigne.
Aber auch einfache und komplexe Karzinome (28 %) sowie maligne Mischtumoren (3 %) wurden diagnostiziert. Die Rassenverteilung ist Abb. 7 zu entnehmen.
Karzinome
Karzinome außerhalb der Mamma (n=89) stammten in unserem Untersuchungsgut von den verschiedensten Organen:
(Schleim)haut (19 Plattenepithelkarzinome, 16 apokrine Karzinome, 5 andere), Harntrakt (n=9), Schilddrüse (n=3), Pankreas (n=3), Analbeutel (n=3), Leber (n=2), Speichel drüse (n=2), Lunge (n=1), Ovar (n=1), Nase (n=2). Bei 23 Fällen war der Ursprung des Karzinoms nicht erkennbar / angegeben. Auch die Studien von Kessler & v. Bomhard 1997 sowie Schmidt et al. 2010 beschreiben das Vorkommen solcher Karzinome bei Hunden im Alter von bis zu 12 Monaten. Dies zeigt, dass auch bei so jungen Tieren das Auftreten hochmaligner Karzinome möglich ist. Die Diagnose wird in der Regel histologisch, seltener auch zytologisch gestellt.
Sonstige Tumoren
Des Weiteren wurden bei den jungen Hunden dieser Studie zum Beispiel auch noch melanozytäre Tumoren (n=111), Sticker Sarkome (n=60) sowie Neoplasien der Ovarien (n=31), Hoden (n=35) und der Zahnanlagen (n=18) diagnostiziert.
Fazit
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die meisten Tumoren der jungen Hunde benigne sind. Dabei ist das Histiozytom die häufigste Diagnose.
Dennoch wurden auch bei jungen Tieren fast 20 % aller eingesandten Tumoren als (semi)maligne eingestuft, die zum Teil mit einer ungünstigen Prognose einhergehen. Dabei spielten die Mastzelltumoren, Lymphome, Sarkome und diverse Karzinome die größte Rolle.
Die zytologischen bzw. histopathologischen Untersuchungen sind für die Differenzierung von entzündlichen, degenerativen, dysplastischen, traumatischen und neo-plastischen Veränderungen somit auch bei jungen Hunden von großer prognostischer und therapeutischer Bedeutung. Immunhistologische Verfahren können zusätzliche therapeutisch relevante Informationen liefern (z.B. Lymphomtypisierung, Mastzelltumordifferenzierung).
PD Dr. Heike Aupperle-Lellbach