Pemphigus foliaceus (PF) ist die am häufigsten auftretende Autoimmunerkrankung der Haut bei Hunden und Katzen. Die primäre Läsion ist eine Pustel, die durch die Ablösung der Keratinozyten voneinander (Akantholyse) infolge einer antikörper-vermittelten Zerstörung der Desmosomen entsteht. Das Verteilungsmuster der Läsionen deutet stark auf das Vorhandensein von PF hin, vor allem in den frühen Stadien, aber es sind immer weitere Untersuchungen erforderlich, um die Diagnose abzusichern.
Einleitung
Die Epidermis besteht aus einem mehrschichtigen Plattenepithel. Die einzelnen Keratinozyten sind durch Desmosomen miteinander verbunden. Diese Zelladhäsionsmoleküle setzen sich aus verschiedenen Proteinen zusammen, wie z. B. Desmocollin und Desmoglein. Autoantikörper, die gegen diese Strukturen gerichtet sind, führen zur Zerstörung der Desmosomen und in der Folge zur Akantholyse und zur Bildung von subkutanen Pusteln. In den meisten Fällen entsteht die Krankheit spontan/idiopathisch, aber es gibt einige Faktoren, die einen Schub auslösen können. In erster Linie sind dies Medikamente wie verschiedene Antibiotika, aber auch topische Ektoparasitika und bei Katzen Cimetidin. Allerdings kommt es nur bei einem Teil der Patienten nach Absetzen der verdächtigen Medikamente zu einer Remission. Eine vermehrte Exposition gegenüber ultraviolettem Licht verschlimmert die Symptome.
Auch ein Zusammenhang zwischen caniner atopischer Dermatitis und der Entwicklung von PF wird diskutiert. Aufgrund der hohen Prävalenz von Allergien bei Hunden und der gleichzeitigen Verwendung verschiedener Medikamente bei Allergikern ist es allerdings schwierig, einen eindeutigen Zusammenhang mit dem Auftreten von PF herzustellen.
Klinik
Das klinische Bild ist bei allen Spezies ähnlich und oft symmetrisch. Die Hautveränderungen sind auf die Bildung von Pusteln als Folge der Akantholyse zurückzuführen. Diese Pusteln sind jedoch sehr fragil und werden daher bei der dermatologischen Untersuchung nicht immer erkannt. Sie rupturieren leicht und entwickeln sich schnell zu Erosionen und Krusten, die mit der Zeit zu dicken gelblichen Plaques verschmelzen können. Bei Hunden erstreckt sich das Ausbreitungsmuster vom Gesicht, insbesondere den dorsalen Teilen des Nasenspiegels (Abb. 2), dem Nasenrücken, den Pinnae (v.a. an der Innenseite) und periokulär über den Hals, den Bauch und den Rücken bis zu den Pfoten und Ballen. Auch die Haut in der Leistengegend ist häufig verändert.
Katzen sind fast immer (>90 %) im Gesichtsbereich (Abb. 3 und Abb. 6), um die Schnauze, periokulär und über die Schläfen bis zu den Ohren betroffen. An den Pinnae sind häufig innen und außen Krusten zu sehen, in seltenen Fällen ist sogar der Gehörgang betroffen. Ebenfalls charakteristisch für PF bei Katzen sind die krümeligen bis käsigen, gelbgrünen Beläge im Krallenfalz (Abb. 4) und Hautveränderungen um die Mamillae. Auch an den Ballen können Krusten und Hyperkeratose auftreten. Die Schleimhäute sind jedoch von PF nicht betroffen. Patienten mit generalisierten Hautveränderungen können Fieber, Lethargie, Anorexie und Lymphknotenvergrößerung entwickeln. Immunvermittelte Krankheiten sind primär nicht juckend, aber 25-50 % der Patienten mit PF weisen Pruritus auf, der besonders bei Sekundärinfektionen mit Bakterien oder Malassezien stark ausgeprägt sein kann.
Diagnose
Die Diagnose basiert auf der Anamnese, dem klinischen Bild, dem Ausschluss von Differentialdiagnosen wie Pyodermie, anderen immunvermittelten Dermatosen, Dermatophytose, Demodikose, Leishmaniose und Neoplasien (insbesondere Plattenepithelkarzinome und epitheliotrope Lymphome) und schließlich der zytologischen und pathohistologischen Untersuchung. PF kann bei allen Hunderassen und Mischlingen auftreten, bei einigen Rassen wie Bearded Collie, Neufundländer, Dobermann, Spitz und Dackel wurde eine Prädisposition beschrieben. Akita Inus und Chow Chows scheinen ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung von PF zu haben. Bei Katzen ist keine wirkliche Rassenveranlagung bekannt, in den meisten Fällen handelt es sich um Europäische Kurzhaarkatzen. In einer Studie stachen jedoch Siamkatzen (9 %) und Ragdoll-Katzen (6 %) hervor. Auch in unserer eigenen Patientenpopulation treten Ragdoll-Katzen häufig als PF Patienten auf.
Die wichtigste anamnestische Frage ist, wie bei allen Hautpatienten, ob die Krankheit primär juckend war oder ob der Juckreiz – falls vorhanden – erst nach den Hautveränderungen auftrat. Die wichtigste Differenzialdiagnose des PF ist nämlich die Pyodermie, die in den meisten Fällen als Folge einer Allergie primär juckend ist. Das klinische Bild ist bei Katzen besonders suggestiv für PF, wenn sie klassische Krallenfalz- und perimamilläre Veränderungen oder Pusteln an der Innenseite der Ohrmuschel aufweisen. Die Zytologie ist ein sehr wichtiger Schritt in der Diagnose. Das beste Material für die Untersuchung ist der Inhalt der Pusteln, der durch Nadelfission gewonnen wird. Die Pustel wird mit der Nadel aufgeschlitzt und die Exsudatflüssigkeit auf einem Objektträger ausgestrichen oder bei geringer Menge abgeklatscht. Wenn keine Pusteln vorhanden sind, werden die Unterseite von abgelösten Krusten und die zurückbleibende Hauterosion abgeklatscht. Das zytologische Präparat zeigt in der Regel Massen von neutrophilen Granulozyten, in die die typischen akantholytischen Zellen eingebettet sind (Abb. 5). Diese aus dem Zellverband gelösten Keratinozyten sind abgerundet und zeigen ein dunkleres Zytoplasma als normale Plattenepithelien sowie einen großen Zellkern, der auch einen Nukleolus enthalten kann. Akantholytische Zellen sind ein deutlicher, aber nicht pathognomonischer Hinweis auf das Vorhandensein von PF. Sie können auch in zytologischen Proben bei chronischer Dermatitis anderen Ursprungs gefunden werden.
Daher sollte zur Absicherung der Diagnose immer eine pathohistologische Untersuchung durchgeführt werden. Auch in diesem Fall ist das beste Untersuchungsmaterial eine Pustel, die idealerweise in toto mit einer Stanzbiopsie (wenn möglich 6-8 mm) entnommen wird. Wenn an den klassischen Stellen keine Pusteln gefunden werden, ist die nächstbeste Möglichkeit die Entnahme von Proben im Bereich dicker Krusten, unter denen sich in der Regel akantholytische Zellen befinden. Löst sich die Kruste im Laufe der Probenahme von der Hautstanze ab, sollte sie auf jeden Fall mit in den Probenbehälter gegeben werden. Eine Rasur und Desinfektion vor der Biopsie sollte bei Verdacht auf PF vermieden werden, weil dadurch die empfindlichen Pusteln zerstört werden können.
Bei Vorliegen von Sekundärinfektionen oder fortgeschrittenen Verläufen können die klinischen Symptome verschleiert werden und die Diagnosestellung kann schwieriger sein, da diese Autoimmunerkrankung dann häufig nicht in die Liste der Differentialdiagnosen aufgenommen wird. In solchen Fällen zeigt die Zytologie neben Entzündungszellen und den Mikroorganismen oft nur vereinzelte oder gar keine akantholytischen Zellen und auch die Pathohistologie liefert unter Umständen kein eindeutiges Ergebnis. Einer der Gründe für die Entwicklung dieser komplizierten Fälle kann eine inkonsequente Vorbehandlung mit Antibiotika und Immunsuppressiva sein, wenn vor dem Einsatz der Medikamente keine eindeutige Diagnose gestellt wurde. Zeigt die zytologische Untersuchung bei diesen komplexen Patienten nur Sekundärinfektionen an, sollte vor der Entnahme von Proben für die Pathohistologie immer eine angemessene Behandlung der Bakterien oder Malassezien durchgeführt werden. Bei Katzen ist die Malassezia-Dermatitis im Gegensatz zu Hunden fast nie allein durch eine Allergie bedingt. Malassezien weisen bei dieser Tierart in der Regel auf eine ernstere Grunderkrankung hin.
Therapie
Die Therapie des PF basiert auf dem Einsatz von Immunsuppressiva, entweder als Monotherapie oder häufig als Kombination verschiedener Wirkstoffe. Glucocorticoide werden in der Regel als erste Behandlungslinie eingesetzt. In der Anfangsphase sind meist hohe Dosierungen erforderlich, Katzen sprechen manchmal besser auf Dexamethason an. Ziel der Behandlung ist es, zunächst mit hohen Dosen so schnell wie möglich eine Remission oder zumindest eine deutliche Verbesserung der Symptome zu erreichen und dann zur Vermeidung von Nebenwirkungen auf die niedrigste Dosis zu reduzieren, mit der der Patient unter Kontrolle gehalten werden kann („hit hard, then back off”). Wenn eine Glukokortikoid-Monotherapie nicht ausreicht, um das Fortschreiten der Hautläsionen aufzuhalten, sind Kombinationstherapien mit Azathioprin (nicht bei Katzen!), Cyclophosphamid, Chlorambucil und Mycophenolat-Mofetil möglich.
Cyclosporin zeigt je nach Studie sehr unterschiedliche Erfolgsquoten und häufige Nebenwirkungen; auch der Off-Label-Einsatz von Olcacitinib zeigte in Fall- und Pilotstudien unterschiedliche Erfolge bei der Behandlung von Hunden und Katzen mit PF. Topische Präparate, die Tacrolimus oder Glucocorticoide wie Hydrocortison-Aceponat enthalten, können in Kombination mit einer systemischen Therapie und manchmal sogar als Monotherapie eingesetzt werden.
Prognose
Die Prognose für PF Patienten ist je nach Studie sehr unterschiedlich, aber im Allgemeinen haben Katzen eine viel bessere (90 % Remission) als Hunde. Neuere Studien zeigen jedoch, dass die Behandlung von Hunden ebenfalls erfolgreich ist: 52 % der Hunde erreichten eine vollständige Remission, 35 % eine partielle Remission und nur 13 % wurden euthanasiert. Die Gründe für die Euthanasie bei diesen 13 % der Patienten waren bei nur 36 % kein Ansprechen auf die Behandlung, bei 18 % inakzeptable Nebenwirkungen und bei 46 % nicht Pemphigus assoziierte oder unbekannte Umstände.
Die durchschnittliche Remissionsdauer wird bei Hunden sehr unterschiedlich angegeben: Almela und Chan (2021) berichten von 4-7 Wochen und Mueller et al. (2006) von 7-12 Monaten, je nach Behandlungsprotokoll. Bei Katzen hingegen tritt die Remission in der Regel innerhalb eines Monats ein. Bei den meisten Patienten muss die immunsuppressive Therapie lebenslang fortgesetzt werden, da Rückfälle bei Patienten in Remission nach vollständigem Absetzen der Medikamente sehr häufig sind. In Studien konnten allerdings einmal bei 2 % und einmal bei 12 % der Hunde und bei 17 % der Katzen alle Medikamente abgesetzt werden, ohne dass es während des Beobachtungszeitraums zu einem Rückfall kam.
Fazit
Pemphigus foliaceus ist die am häufigsten diagnostizierte Autoimmunerkrankung der Haut bei Hunden und Katzen. Die Zytologie kann Differentialdiagnosen ausschließen und den klinischen Verdacht auf PF bestätigen; die endgültige Diagnosestellung erfolgt durch die pathohistologische Untersuchung von Stanzbiopsien. Therapeutisch werden immunsuppressive Medikamente, oft eine Kombination aus mehreren Wirkstoffen, eingesetzt. Die meisten Patienten sprechen gut auf die Therapie an, aber es kann einige Zeit dauern, bis eine vollständige Remission erreicht wird.
Dr. Maria Christian
Leistungen zum Thema
- Zytologie
- Pathohistologie