Kaum ein Thema ist momentan so präsent wie die MRSA-Problematik, wobei die Häufigkeit der MRSI bzw. MRSPI (multiresistente Staph. pseudointermedius) in Tierarztpraxen deutlich gravierender ist. Nosokomiale Infektionen sind somit auch vermehrt bei Haustieren zu erwarten und die Erstellung eines erweiterten Hygienekonzeptes, das über den Schutz des Menschen in der Praxis hinausgeht, ist daher unabdingbar.
Wie erreicht man ein erweitertes Hygienekonzept?
Neben der Festschreibung der Hygieneregeln, Benennung eines Hygienebeauftragten, Erstellung eines Hygienestandards und Hygieneplanes, Schulung der Mitarbeiter und ausführlicher Dokumentation ist es essentiell die Effizienz der angewandten Maßnahmen zu überprüfen und zu dokumentieren. Während es in der Humanmedizin heute notwendig ist, Geräte und Oberflächen in der Praxis regelmäßig hygienisch überprüfen zu lassen, sind solche Untersuchungen für die veterinärmedizinische Praxis bislang nur empfohlen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese „Kann“-Vorschriften in absehbarer Zeit in „Muss“-Vorschriften umgewandelt werden.
Tatsächlich zeigten die von uns mittels Bioindikatoren durchgeführten Überprüfungen von Praxis-Sterilisatoren, dass ca. 8% der Geräte gar keine Sterilisationsleistung mehr, und weitere ca. 4% erhebliche Mängel aufwiesen (n=191). Hier ist eine Verbesserung zu vorangegangen Untersuchungen, in denen noch 12% der Sterilisatoren keine oder nur eingeschränkte Sterilisationsleistung aufwiesen, zu verzeichnen und auch die Zunahme der Überprüfungen um etwa 20% deutet darauf hin, dass das Thema Hygiene als Präventivmedizin zunehmend auch bei Tierärzten an Bedeutung gewinnt. Dennoch unterstreichen die Zahlen die Relevanz einer routinemäßigen Kontrolle der Sterilisations- und Desinfektionsmaßnahmen. Die wichtigsten Aspekte zur Kontrolle des Hygienestatus in der Praxis sind*:
1. Funktionsprüfung von Sterilisatoren/Autoklaven mittel Bioindikatoren:
nach DIN EN mindestens halbjährlich durchführen
Durchführung:
- 5 Bioindikatoren je Gerät und 1 Transportkontrolle werden an 5 Stellen im Gerät positioniert (Transportkontrolle wird nicht mit-sterilisiert)
- Sterilisationsprogramm wie üblich laufen lassen
- Bioindikatoren werden im Labor auf mikrobiologisches Wachstum überprüft.
Wenn Geräte mehrfach einwandfrei gearbeitet haben, kann ein Hygienezertifikat ausgestellt werden.
2. Kontrolle der Endoskopdesinfektion
- mindestens halbjährlich empfohlen
- spezieller Untersuchungsgang muss jeweils eingehalten werden!
Durchführung von Abklatschproben vom Distalende des Endoskopes:
- alle Arbeiten mit Einmalhandschuhen durchführen!
- Endoskop wie üblich reinigen und desinfizieren
- Abklatschplatten bodenseitig beschriften, Deckel abnehmen und den Krümmungsabschnitt des Instrumentierschlauches auf der Agaroberfläche abrollen
- distales Ende des Instrumentierschlauches mehrmals auf der Agaroberfläche oder einer separaten Abklatschplatte abdrücken
- Abklatschplatten schließen
- Abklatschplatten werden im Labor auf mikrobiologisches Wachstum überprüft.
Durchführung von Spülproben von Instrumentier-, Luft- und Wasserkanal:
- alle Arbeiten mit Einmalhandschuhen durchführen!
- Endoskop wie üblich reinigen und desinfizieren
- Instrumentierkanal mit 20 ml steriler 0,9%iger Kochsalzlösung mittels Spritze durchspülen, im ersten sterilen Gefäß auffangen
- Luft-Wasserkanal ebenfalls mit 20 ml steriler 0,9%iger Kochsalzlösung mittels Spritze durchspülen, im zweiten sterilen Gefäß auffangen
- beide Gefäße mit Spülflüssigkeit werden im Labor auf mikrobiologisches Wachstum überprüft.
3. Funktionsprüfung von Reinigungs- und Desinfektionsspülmaschinen mittels Bioindikatoren
- mindestens halbjährlich
Durchführung:
- 8 Bioindikatoren und 2 Transportkontrollen
(Schrauben und Schläuche mit Blut und/oder Gries und Enterococcus faecium beschichtet) - Bioindikatoren mit dem üblichen Maschinenprogramm anwenden
- Bioindikatoren werden im Labor auf mikrobiologisches Wachstum überprüft.
4. Überprüfung der Wirksamkeit der Flächemdesinfektion (z.B. OP- oder Behandlungstische, Hände)
- mindestens halbjährlich
Durchführung von Abklatschproben:
- Abklatschplatten auf dem Plattenboden permanent und eindeutig beschriften
- zu beprobende Fläche wie üblich reinigen und desinfizieren
- Deckel der Abklatschplatte abnehmen und die Abklatschplatte mit der Agarseite für mindestens 1 Minute mit leichtem Druck auf die Fläche legen
- abnehmen und verschließen
- Abklatschplatten werden im Labor auf mikrobiologisches Wachstum überprüft
5. Wirksamkeitsprüfung von Desinfektionsmittellösungen
- mindestens 10 ml einer steril verpackt eingesendeten Desinfektionsmittellösung wird auf Wirksamkeit geprüft
6. Kontrolle des Leitungswassers
Untersuchung nach der Trinkwasserverordnung
Durchführung:
- ca. 500 ml Wasser in kleine, sterile Flaschen füllen, lichtdicht mit Aluminiumfolie einschlagen
- Proben bei max. 25°C, dunkel lagern und innerhalb von 6 Stunden nach Probennahme einsenden (Lagerzeit bei 5°C±3°C maximal 24 Stunden!)
- Probe wird im Labor nach der Trinkwasserverordnung auf mikrobiologisches Wachstum untersucht.
Untersuchung auf Legionellen
Durchführung:
- ca. 250 ml Wasser steril in Duranflaschen füllen
- unverzüglich oder maximal innerhalb von 48 Stunden nach Probennahme bei 6°C-18°C einsenden (nicht im Kühlschrank lagern)
- Probe wird im Labor auf das Vorhandensein von Legionellen untersucht.
7. Kontrolle der mikrobiologischen Luftbeschaffenheit
- erst bei massiven Hygieneproblemen
Durchführung der Luftkeimbestimmung:
- Luftkeimplatten permanent beschriften
- öffnen und für ca. 3 Minuten geöffnet im Raum stehen lassen
- Platten verschließen und zukleben
- Luftkeimplatten werden im Labor auf mikrobiologisches Wachstum überprüft.
Welche Vorteile bieten ein Hygienekonzept und die regelmäßige Durchführung von Hygienekontrollen für die Praxis?
Neben der Vermeidung nosokomialer Infektionen bei Haustieren liegen die Vorteile eines erweiterten Hygienekonzeptes zunehmend auch in einer erhöhten Rechtssicherheit gegenüber dem Tierhalter, da mit einem umfassend dokumentierten Konzept im Falle eines Rechtsstreites nachgewiesen werden kann, dass die Praxis nach dem neuesten Stand der hygienischen Vorschriften arbeitet. Dies macht die Position der Praxis schwerer angreifbar. Letztlich dient ein solches Hygienekonzept aber auch der Sicherung eines höheren Qualitätsstandards und ist somit in Zeiten, in denen dem Qualitätsmanagement eine große Bedeutung beigemessen wird, ein Instrument mit welchen sich Praxen voneinander unterscheiden können (Hygienezertifikate als Kundenbindungsmaßnahme).
* alle erforderlichen Testkits, Bioindikatoren, Abklatschplatten etc. können bei LABOKLIN angefordert werden.
05 / 2018
LABOKLIN Aktuell