Wann besteht der Verdacht auf Hämolyse?
Eine Hämolyse vermuten wir insbesondere bei regenerativen Anämien, wenn ein Blutverlust ausgeschlossen wurde (Abb. 1).
Hämolytische Anämien sind in vielen Fällen hochgradig. Oft sind sie stärker regenerativ als Blutverlustanämien. Bei einer Hämolyse werden Erythrozyten zerstört. Neben der primären (als nicht assoziiert bezeichneten) IMHA kommen diverse sekundäre Ursachen für eine Hämolyse in Frage (Abb. 2).
Welche Untersuchungen sollten erfolgen?
Geeignetes Probenmaterial für Untersuchungen bei Verdacht auf eine IMHA können Sie Abb. 3 entnehmen.
Blutstatus/Zytomorphologie (Blutausstrich):
Liefert Hinweise hinsichtlich der Regeneration und ist sinnvoll, um einen ersten Überblick über potenziell vorhandene Infektionserreger zu gewinnen. Die Erythrozytenmorphologie kann zudem wichtige Anhaltspunkte für die Ursache einer Anämie geben. Eine Retikulozytenzählung ist bei Laboklin in jedem Blutstatus für Hund und Katze inbegriffen. Das Blutbild sollte möglichst zeitnah nach der Blutentnahme aus EDTA-Blut erstellt werden, da die Erythrozyten von Hunden mit IMHA eine erhöhte Fragilität aufweisen.
Blutchemie: Die Messung von Bilirubin und Gesamteiweiß zur Ursachensuche der Anämie wird aus dem Serum vorgenommen und kann bei der Differenzierung zwischen Hämolyse und Blutung helfen.
Harnanalyse: Bei einer Hämolyse findet sich in manchen Fällen auch eine Bilirubinurie oder Hämoglobinurie. Wichtig ist jedoch zu wissen: Hunde, insbesondere Rüden, können auch physiologisch eine schwache Bilirubinurie zeigen.
Infektionserreger: Zum Nachweis möglicher
Infektionserreger wie z.B. Babesien und hämotroper Mykoplasmen bei akuten Hämolysen eignet sich vorrangig die molekularbiologische Untersuchung (PCR). Außerdem sollten Erreger wie Ehrlichien und Anaplasmen ausgeschlossen werden. Bei Ehrlichien ist hierfür zusätzlich eine Antikörperbestimmung sinnvoll.
Untersuchungen zum Nachweis eines immunmediierten Geschehens
Sphärozyten: Das Vorhandensein sogenannter
Sphärozyten (Abb. 4) im Blutausstrich kann wertvolle Hinweise auf eine immunologisch bedingte Zerstörung der Erythrozyten liefern. Das benötigte Probenmaterial hierfür sind zwei bis drei direkt in der Praxis angefertigte Blutausstriche.
Autoagglutination: Ein erstes Anzeichen für Autoagglutination kann sich bereits bei der Betrachtung der Probe im Röhrchen finden. Im Anschluss finden der Objektträgertest sowie der Coombs-Test statt.
Coombs-Test: Ist geeignet zum Nachweis des Vorhandenseins von Autoantikörpern auf der Erythrozytenoberfläche. Probenmaterial: Frisches EDTA-Blut. Wird die Probe durchgehend gekühlt, kann der Test bis zu 5 Tage nach Probennahme ausgewertet werden.
Häufig gestellte Fragen und ihre Antworten zum Coombs Test
Wie funktioniert der Coombs-Test?
Der Coombs-Test, auch DAT (direkter Antiglobulintest) genannt, detektiert Antikörper auf der Oberfläche roter Blutkörperchen (Abb. 5). Um eine sichtbare Agglutination zu induzieren, wird ein speziesspezifisches Antiglobulin gegen IgG und/oder IgM und/oder C3 genutzt. Proben, welche keine Agglutination zeigen, werden als negativ beurteilt. Aktuell sind unterschiedliche Testmethoden, wie zum Beispiel Gel-Tests, Streifentests, Durchflusszytometrie sowie der bekannte Mikrotiterplattentest verfügbar. Alle erwähnten Tests können für die Diagnose einer IMHA beim Hund genutzt werden, einige davon sind auch für Katzen und Pferde auf dem Markt verfügbar.
Wie funktioniert die Mikrotiterplattenmethode?
In der Veterinärmedizin wird die Mikrotiterplattenmethode am häufigsten eingesetzt. Das Antiglobulin (Coombs-Reagenz) wird stufenweise verdünnt (1:2, 1:4, 1:8, 1:16, etc.), dann werden die gewaschenen Erythrozyten hinzugefügt und für mindestens 30 Minuten LABOKLIN LABOR FÜR KLINISCHE DIAGNOSTIK GMBH & CO. KG Steubenstraße 4 • 97688 Bad Kissingen • Telefon: 0971-72020 • Fax: 0971-68546 • E-Mail: info@laboklin.com • www.laboklin.com inkubiert. Sofern keine Reaktion stattfindet, sedimentieren die Erythrozyten am Boden des jeweiligen Wells, sodass sie nach der Inkubation als kleiner roter Knopf am Boden sichtbar werden: Das Ergebnis für dieses Well ist negativ. Bindet das Antiglobulin die Erythrozyten und hindert sie damit an der Sedimentation, zeigt sich eine Ausbreitung der Erythrozyten über das gesamte Well. Sofern nur die ersten beiden Wells (1:2 und 1:4) positive Reaktionen zeigen, wird der Test dennoch als negativ beurteilt, da diese niedrigen Titer unspezifische Reaktionen der Probe mit dem zugefügten Antiglobulin darstellen können. Titer ab 1:8 werden als positiv bewertet. Bei Vorliegen einer IMHA sind Titer bis zu 1:1024 nicht ungewöhnlich.
Was ist der sogenannte Prozoneneffekt?
Der Prozoneneffekt (Abb. 6) ist ein Phänomen, das vor allem in hochpositiven Proben beobachtet werden kann. Die hohen Konzentrationen antierythrozytärer Antikörper inhibieren die positive Reaktion. Ein Beispiel dazu finden Sie in der folgenden Abbildung in der letzten Zeile. In der EDTA-Probe befindet sich ein Blutgerinnsel: Kann der Coombs-Test dennoch durchgeführt werden? Leider ist die Durchführung eines Coombs- Tests aus einer geronnenen Probe nicht mehr möglich, da für ein korrektes Ergebnis das Vorhandensein intakter Erythrozyten essentiell ist. Ein Blutgerinnsel ist irreversibel. Um Blutgerinnsel zu vermeiden, sollte die Probe direkt nach der Entnahme mehrfach sanft geschwenkt werden. Bitte beachten Sie den Unterschied zwischen einem Blutgerinnsel und einer Agglutination: Ein Blutgerinnsel ist das Ergebnis einer physiologischen Koagulation und tritt auf, wenn die Probe nicht korrekt mit dem EDTA-Reagenz gemischt wurde. Eine Agglutination (Abb. 7) kann verschiedene Ursachen haben und ist in den meisten Fällen reversibel, beispielsweise indem die Probe in der Hand erwärmt wird oder indem die Erythrozyten gewaschen werden.
Meine Probe zeigt eine Autoagglutination:
Kann sie trotzdem getestet werden?
Jedem Coombs-Test ist ein Waschvorgang der Erythrozyten vorgeschaltet. Deshalb ist es trotz Autoagglutination bei einem Großteil dieser Proben möglich, danach einen Coombs-Test durchzuführen. Eine seltene Ausnahme: Bei einer persistierenden Autoagglutination nach dem Waschen kann das Ergebnis des Coombs- Tests nicht abgelesen werden.
Meine Probe zeigt eine Autoagglutination: Ist ein Coombs-Test dennoch nötig oder reicht bereits die Autoagglutination für die Diagnose einer IMHA aus?
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen einer persistierenden Autoagglutination nach dem Waschen der Erythrozyten und einer Autoagglutination vor dem Waschen der Erythrozyten. Die Agglutination vor dem Waschen ist in vielen Fällen nicht diagnostisch. Die persistierende Autoagglutination nach dem Waschen gibt jedoch einen starken Hinweis auf eine IMHA. Sofern diese auftritt, finden Sie dazu einen Vermerk auf Ihrem Befund.
Ich habe bereits eine immunsuppressive Behandlung begonnen: Ist der Coombs-Test noch sinnvoll durchführbar?
Der Coombs-Test kann noch bis zu 24 Wochen nach der Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten positiv bleiben. Ein negatives Ergebnis schließt eine IMHA jedoch nicht aus.
Ich habe bereits den Blutausstrich unter dem Mikroskop ausgewertet und Sphärozyten gefunden: Muss ich dennoch einen Coombs- Test machen oder kann ich bereits die Diagnose IMHA stellen?
Sphärozyten finden sich manchmal auch bei gesunden Hunden in geringer Anzahl und können auch bei anderen Erkrankungen (Zink- Intoxikation, Vergiftungen, DIC…) vorkommen. Sind jedoch mehr als fünf Sphärozyten pro Gesichtsfeld bei 100facher Vergrößerung sichtbar, ist eine IMHA wahrscheinlich. Eine hereditäre Sphärozytose stellt eine wichtige, aber sehr seltene Differentialdiagnose dar. Bitte beachten Sie, dass Katzen physiologischerweise runde Erythrozyten ohne zentrale Aufhellung haben, sodass die Beurteilung von Sphärozyten bei Katzen unzuverlässig ist.
Mir liegt bereits das Ergebnis eines Coombs- Tests für meinen Patienten vor. Der Titer ist hoch: Was bedeutet das?
Sowohl hohe als auch niedrige Titer bedeuten das Gleiche: Die Erythrozyten tragen Autoantikörper auf ihrer Oberfläche. Weder in der Human- noch in der Tiermedizin gibt es aktuell Hinweise darauf, dass hohe Titer auf eine stärkere Anämie oder Hämolyse hindeuten oder die Prognose von der Titerhöhe abhängt.
Dr. Nadine Idalan, Dr. Maria Brockmann