Atopische Dermatitis ist eine häufige Dermatose bei Hunden und Katzen, bei der üblicherweise Immunoglobulin Antikörper (IgE) gegen Umweltallergene gebildet werden. Gräser-, Kräuter-, Baumpollen, Haustaub- und Vorratsmilben sind die häufigsten Umgebungsallergene. Darüber hinaus können Schimmelpilzsporen, Insekten und Epithelien/Federn von Tieren auch eine allergische Reaktion bei manchen Patienten verursachen. Die Durchführung der Allergen-spezifischen Immuntherapie (ASIT, Hyposensibilisierung) ist die einzige kausale Therapie der atopischen Dermatitis mit guter bis exzellenter Erfolgsrate. Um die ASIT mit den relevanten Umgebungsallergenen zu formulieren, sind sowohl der Serumtest als auch der Intrakutantest (IKT) zuverlässige Methoden. Es wäre optimal, wenn man beide Tests zusammen durchführen und daraus eine ASIT zusammensetzen könnte, was aber in der Veterinärmedizin aus finanziellen Gründen nicht praktikabel ist. Zumindest sollte aber bei klinisch allergischen Patienten mit negativem Ergebnis bei einem Test (Serumtest oder Intrakutantest) die andere Methode zur Allergenidentifizierung angewendet werden. Da ein Allergietest kein diagnostischer Test ist, basiert die Diagnose auf der Anamnese, der klinisch-dermatologischen Untersuchung und dem Ausschluss anderer juckender Hauterkrankungen. Um falsch positive Ergebnisse zu vermeiden, bietet Laboklin den einzigartigen FcEpsilon-Rezeptor Test mit starken Affinität zu IgE und CCD-Blocken (cross-reactive carbohydrate determinante, Kreuzreagierende Kohlenhydratseitenketten) zur Eliminierung der Anti-CCD-IgE aus Seren an (detaillierte Informationen finden Sie hier: LINK). Falsch negative- bzw. unpassende Allergietestergebnisse sind genauso wie falsch positive Ergebnisse fatal bei der Behandlung eines atopischen Patienten. Die Resultate müssen mit der Anamnese und mit den klinischen Symptomen korrelieren. Wenn ein Hund z.B. das ganze Jahr über allergische Symptome (Juckreiz/Entzündung an typischen Stellen wie Gesicht, Ohren, Achseln und Pfoten) zeigt, aber das einzig positiv identifizierte Allergen Weide ist, passt dieses Ergebnis nicht zur Anamnese. Was noch verwirrender ist, wenn der Test komplett negativ ist, obwohl das Tier klinisch klassische allergische Symptome zeigt. Daher spielt die Korrelation zwischen Allergietestergebnissen, Anamnese und klinischen Symptomen eine so große Rolle. Bei solchen Patienten mit vollkommen negativen Testergebnissen müssen folgende mögliche Gründe berücksichtigt werden: Medikamente, Zeitpunkt des Tests, Atopic-Like-Dermatitis (ALD) und eine falsche Diagnose.
Medikamente
Die Verabreichung von Glukokortikoiden, Oclacitinib, Lokivetmab, Cyclosporin und Antihistaminika ist bei atopischen Patienten üblich. Die Vorbehandlung mit manchen dieser Medikamente ist eine häufige Ursache für falsch negative Ergebnisse der Allergietests.
Der Einfluss von Glukokortikoiden auf Allergietests wurde in jeglicher Verabreichungsform (Injektion, Tabletten und lokale Therapie) erforscht. Sie sind preiswert, gut wirksam und universal verfügbar, daher werden sie häufig bei atopischen Patienten verwendet. Sie haben nicht nur potentielle Nebenwirkungen (Polyurie, Polydipsie, Polyphagie, Atrophie der Muskeln und der Haut, Calcinosis cutis, sekundäre Infektion, usw.), sondern sie können die Antikörperbildung unterdrücken und so zu falsch negativen Testresultaten führen. Daher empfiehlt unser Labor eine Absetzfrist von 12 Wochen bei Depot/Injektionspräparaten, 6-8 Wochen bei oraler Gabe von Prednisolon und auch 2-4 Wochen bei topischen Formulierungen (Otika/Salben/Sprays). Auch durch die unwissentliche Vorbehandlung mit Kortison-haltigen Präparaten z.B Patienten mit chronischer Otitis Externa, die regelmäßig Ohrentropfen von BesitzerInnen bekommen, besteht noch die Möglichkeit einer Verfälschung der Allergietestergebnisse.
Oclacitinib (Apoquel® ist ein Janus Kinase (JAK) – Hemmer, der die Funktion der verschiedenen Zytokine insbesondere IL-31, welches eine große Rolle bei atopischen Patienten spielt, hemmt. Wir sehen in unserem Labor sehr häufig negative Allergietestergebnisse bei den Patienten, die unter Oclacitinib stehen. Da es keine Studie zur Absetzfrist mit Oclacitinib vor einem Allergietest gibt, empfehlen wir im Zweifelsfall eine Absetzfrist bis zur 12 Wochen.
Lokivetmab (Cytopoint®) ist ein caninisierter monoklonaler Antikörper, der IL-31 neutralisiert. Bisher wurde kein negativer Effekt auf den Serumallergietest bei Hunden unter Lokivetmab festgestellt (Souza et al. 2018).
Cyclosporin (Atopica®) ist ein Calcineurin-Inhibtor und ebenfalls ein wirksames Präparat bei atopischen Patienten (es hat jedoch eine sogenannte lag-phase, dh es dauert bis die Wirkung eintritt). Laut einer Veröffentlichung verursacht Cyclosporin keine falsch negativen Allergietests. Es gibt jedoch Tiere, die unter Cyclosporin ein falsch negatives Ergebnis oder zumindest eine Antikörperreduktion zeigen. Daher wird im Zweifelsfall empfohlen, eine Absetzfrist einzuhalten.
Antihistaminika haben keinen Einfluss auf serologische Allergietests, aber eine Wirksamkeit ist nur bei einem geringen Teil der Patienten zu beobachten. In einer Studie wurde kein Unterschied zwischen der Verabreichung von Antihistaminika und Placebo, weder in der Stärke des Juckreizes, noch bei den Hautläsionen gezeigt. Sie können jedoch bei einigen Patienten mit geringgradigem Juckreiz wirksam sein.
Zeitpunkt des Tests
Der Allergietest basiert auf der Identifizierung von Allergen-spezifischen IgE (IgE). Eine Voraussetzung der Bildung Allergen-spezifischer IgE Antikörper ist der Kontakt mit Allergenen. Die atopische Dermatitis kann ab dem 6. Lebensmonat auftreten. Die beteiligten Allergene bzw. Antikörper im Allergietest können aber teilweise in diesem Alter noch nicht nachgewiesen werden, da das Immunsystem noch nicht vollständig entwickelt ist und Tiere, die jünger als ein Jahr alt sind, noch nicht Kontakt zu allen im Laufe des Jahres vorkommenden Umgebungsallergenen hatten. Bei der saisonalen Allergie werden die Antikörper in der Saison nach dem Kontakt mit den Allergenen gebildet, daher ist ein negatives Ergebnis außerhalb der Saison möglich. Aus diesem Grund ist die beste Zeit für einen Allergietest eines saisonalen Allergikers in oder kurz nach Ende der Saison. Außerdem sollte unabhängig davon, um welche Allergie es sich handelt, immer erst frühestens 4 Wochen nach Beginn der Symptome getestet werden, weil es Zeit braucht, bis das Immunsystem messbare Antikörperspiegel aufgebaut hat.
Atopic-Like-Dermatitis
Die atopische Dermatitis ist üblicherweise eine Erkrankung, die mit der Bildung Allergen-spezifischer IgE einhergeht, aber manche Patienten bilden trotz starker klinischer Symptome keine Antikörper gegen Umweltallergene. Das heißt, bei solchen Patienten sind negative Ergebnisse sowohl im Serumtest als auch im Intrakutantest möglich. Bei diesen Patienten nennt man die Erkrankung Atopic-Like Dermatitis (ALD) (in der Humanmedizin der intrinsische Typ). Laut Studien können 15 – 26% der klinisch allergischen Hunde an ALD erkrankt sein (Prelaud und Cochet-Faivre 2007, Botoni et al. 2019). Die französische Bulldogge scheint die häufigste überrepräsentierte Rasse mit ALD zu sein. Es sollte noch darauf hingewiesen werden, dass zuerst bei den negativen Ergebnissen eines Tests (Serumtest oder Intrakutantest) die andere Methode zur Allergenidentifizierung angewendet werden sollte.
Bei den Katzen ist die Pathogenese der Atopie nicht ganz klar. Die unspezifischen kutanen Reaktionsmuster können bei betroffenen Katzen einzeln oder in verschiedenen Kombinationen auftreten (Kopf- und/oder Nacken-Juckreiz, Beteiligung von Exkoriationen, selbstinduzierte Alopezie, Miliare Dermatitis und Eosinophiler Granulom Komplex). Außerdem äußern sich Allergien bei Katzen auch häufig in Form von Asthma. Laut einer Studie können bei diesen Katzen bis zur 35% negative Allergietestergebnisse sowohl im Serumtest als auch im Intrakutantest auftreten.
Falsche Diagnose
Diagnostische Algorithmen sollten in den Fällen negativer Allergietestergebnisse noch einmal kontrolliert werden, da die Stellung einer falschen Diagnose möglich ist Allergie Flowchart Hund (PDF). Es ist wichtig zu wissen, ob der Juckreiz oder die Hautprobleme zuerst aufgetreten sind. Ist es der Juckreiz, handelt es sich um eine primär juckende Erkrankung, wie z.B. eine Allergie. Ektoparasiten, sekundäre Infektion (bakterielle Infektion, Hefepilzinfektion) sollen im ersten Schritt (tiefes und oberflächliches Hautgeschabsel, Klebebandnachweis und Zytologie) ausgeschlossen werden. Flohspeichelallergie ist eine häufige Hauterkrankung, die intensiven Juckreiz auslösen kann. Diese Reaktion ist unabhängig von der Anzahl der Flöhe und man muss nicht unbedingt Flöhe auf der Haut finden. Ein Serumtest (Fc-Epsilon-Rezeptor-Test) und/oder eine diagnostische Therapie sollte durchgeführt werden, um eine Flohspeichelallergie zu bestätigen. Futtermittelallergie ist eine wichtige Differentialdiagnose in Fällen mit ganzjährigen allergischen Symptomen, die gleichzeitig mit Atopie oder einzeln auftreten kann. Daher sollte eine strenge Eliminationdiät (mindestens 8 Wochen) durchgeführt werden, entweder mit noch nie gefütterten Futtermittelbestandteilen (ein Eiweiß und ein Kohlenhydrat) oder mit einer Eiweiß- und einer Kohlehydratquelle, die im Allergietest Reaktionsklasse Null bei beiden Antikörpern IgE und IgG gezeigt haben. Laboklin bietet bei den Futtermittelallergietests die Microarray-Technik an. Der Vorteil gegenüber einem herkömmlichen ELISA für Hunde und Katzen ist, dass nur kleine Probenvolumina notwendig sind und die hohe Sicherheit durch die Testung von Triplikaten. Je nach genauer klinischer Symptomatik sollte in bestimmten Fällen eine Biopsie durchgeführt werden um andere Hauterkrankungen wie Autoimmunerkrankungen (Pemphigus Komplex, Lupus Erythematodes Erkrankungen, Erythema Multiforme, Sebadenitis usw.) und Neoplasien (Kutanes Lymphom, Plattenepithelkarzinom) auszuschließen.
Die atopische Dermatitis eine chronische Dermatose, die zwar nicht durch einen Allergietest diagnostiziert werden kann, sondern durch Anamnese, klinische Symptome und dem Ausschluss der Differentialdiagnosen, bei der in der Regel jedoch ein Allergietest durchgeführt wird, um die Allergene für eine Allergenvermeidung oder eine Allergen-spezifische Immuntherapie zu identifizieren. Es ist wichtig zu bedenken, dass bestimmte Medikamente, schlecht gewählte Testzeitpunkte und die Atopic-Like-Dermatitis (ALD) zu negativen Allergietestergebnissen bei Allergikern führen können. Außerdem können negative Testergebnisse darauf hinweisen, dass die Diagnose Allergie nicht richtig ist.