Bartagamen gehören seit vielen Jahren zu den in menschlicher Obhut sehr regelmäßig anzutreffenden Reptilien und sind vor allem bei Einsteigern in die Terraristik sehr begehrt. Da diese Echsen ein spektakuläres Aussehen besitzen und bei regelmäßigem Umgang sehr zahm werden, erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Sie sind noch vor Jemen- und Pantherchamäleons sowie Leopardgeckos die am meisten in der Praxis vorgestellten Echsen. Diese australischen Agamen stammen aus Steppen und Halbwüsten, also kargen Gebieten mit einem geringen Futterangebot. Daher resultieren aus falscher Haltung und Fütterung häufige Komplikationen wie Adipositas, Leberverfettung und metabolische Knochenerkrankungen. Neben diesen Erkrankungen sind parasitäre Erreger wie Kokzidien und Oxyuriden von großer Relevanz. Unter den Viren sind vor allem Adenoviren zu nennen.
Tumorerkrankungen spielen bei dieser Spezies eine große Rolle. Dies spiegelt sich in zahlreichen Fallberichten wider. Diese Arbeit gibt einen Überblick über die häufigsten Tumore der Organsysteme.
In den letzten Jahren wurden insgesamt 326 Tumore bei 321 Bartagamen aus Routineeinsendungen dokumentiert. Das Material stammte von streifenköpfigen Bartagamen (Pogona vitticeps) (n = 311) und Zwergbartagamen (Pogona henrylawsoni) (n = 10). Das Durchschnittsalter lag bei 7 Jahren, wobei deutliche Variationen zwischen den betroffenen Organen auftraten. Das Geschlechterverhältnis der Bartagamen mit Tumoren war ausgewogen. Zur Einsendung gelangten Gewebeproben und Tierkörper, die in 4,5% gepuffertem Formalin fixiert und histologisch aufgearbeitet wurden. Die Auswertung erfolgte anhand von in Paraffin eingebetteten Gewebeschnitten, die mittels Hämatoxylin-Eosin-Färbung und ggf. immunhistologisch beurteilt wurden. Hauttumore waren mit 76%, gefolgt von Tumoren der Mundhöhle (6%), Leber (3%) sowie Hoden und Ovar (jeweils 2%), am häufigsten. Diese 5 Organsysteme repräsentierten knapp 90% aller Tumore der untersuchten Bartagamen. Im Folgenden werden die wichtigsten Tumore dieser oftmals betroffenen Organsysteme in absteigender Häufigkeit beschrieben.
Tumore der Haut
Der überwiegende Teil der Hauttumore (n = 92%) war maligne und mit insgesamt 45% dominierten dabei Chromatophorome (pigmentbildende Tumore).
Die 5 häufigsten Hauttumore repräsentierten bereits 89% aller Hauttumore. Diese unterteilten sich in Melanophorome 36%, Weichteilsarkome 30%, Plattenepithelkarzinome 15%, Mischtumore aus Chromatophoromen 5% und Iridophorome mit 3%
Tumore der Mundhöhle
Sie machten insgesamt 6% aller Tumoreaus. Das Verhältnis benigner (48%) und maligner Tumore (52%) war nahezu ausgeglichen. Das Alter der Bartagamen schwankte zwischen 2 und 10 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 6,4 Jahren. Mit 63% waren vor allem männliche Tiere betroffen. Die häufigsten Tumore repräsentierte die Gruppe der Weichteilsarkome (31,6%), gefolgt von Polypen und Speicheldrüsenadenomen mit jeweils 15,8% sowie Melanophoromen, Papillomen und Plattenepithelkarzinomen mit je 10,5% und Adenomen mit 5,3%.
Tumore der Leber
Lebertumore, die insgesamt 3% aller Neoplasien ausmachten, waren zum überwiegenden Teil (83%) maligne. Eine Geschlechtsdisposition war nicht feststellbar. Das Alter, in dem Tumore auftraten, schwankte zwischen 2 – 8 Jahren und lag im Durchschnitt bei 4,7 Jahren.
Gallengangskarzinome stellten mit 41,7% die am meisten vorkommenden Lebertumore dar, gefolgt von hepatozellulären Karzinomen und Adenokarzinomen mit jeweils 16,7% sowie hepatozellulären Adenomen, Gallengangsadenomen und Sarkomen mit jeweils 8,3%.
Tumore der Hoden
Hodentumore gehörten mit 2% zu den seltenen Tumoren. Sie fanden sich bei Agamen mit einem Alter von 6 – 15 Jahren (Durchschnittsalter 9,3 Jahre).
Von den klassischen Hodentumoren traten Sertolizelltumore zu 50% und Seminome zu 12,5% auf. Leydigzelltumore fanden sich im Untersuchungsmaterial nicht.
Es konnten zudem Adenokarzinome (25%) sowie Hämangiome (12,5%) diagnostiziert werden. Metastasen zeigten sich nicht.
Tumore der Ovarien
Ovarielle Neoplasien traten mit einer Häufigkeit von 2% auf. Der überwiegende Teil der klinischen Tumorverdachtsfälle am Ovar entpuppte sich pathohistologisch als persistierende Follikel, chronisch entzündlich veränderte Follikel sowie ovarielle Zysten. Altersangaben lagen nur bei den wenigen Tieren mit Leiomyosarkomen vor (8 Jahre), daher lassen sich hier keine verwertbaren Angaben zum Durchschnittsalter machen. Teratome (Tumore, die von allen 3 Keimblättern ausgehen) waren mit 50% die meist vorkommenden Neoplasien. Zudem konnten Leiomyosarkome (33%) und Dysgerminome (17%) beobachtet werden.
Metastasen traten bei einer 8 Jahre alten Bartagame mit einem Leiomyosarkom auf. Diese fanden sich im Fettkörper und in der Serosa.
Zusammenfassung
Neoplasien sind häufige Erkrankungen bei Bartagamen, die eine wichtige Differenzialdiagnose darstellen. In der Studie traten Hauttumore mit 76% am häufigsten auf. Das kann darauf zurückzuführen sein, dass diese äußerlich sichtbaren Zubildungen den Besitzern beim Beobachten ihrer Tiere deutlicher auffallen als eine eher unspezifische Symptomatik wie Gewichtsabnahme, Anorexie oder ein reduziertes Allgemeinbefinden bedingt durch Tumorwachstum in den inneren Organen. Diese Neoplasien innerer Organe, die nur selten palpabel oder von außen sichtbar sind können zumeist erst durch weiterführende bildgebende Diagnostik (Röntgen, Ultraschall, Endoskopie, Magnetresonanztomografie, Computertomografie) verdächtigt und anhand einer Probelaparotomie und/oder Biopsieentnahme für die Zytologie oder die Pathohistologie abgeklärt werden.
Als ein möglicher Auslöser von Hauttumoren wird vor allem künstliche UV-Strahlung diskutiert. Problematisch scheinen hier vor allem Metalldampflampen mit einem UV-Spektrum von < 280 nm zu sein. UV-Licht mit einer Wellenlänge in diesem Bereich existiert im natürlichen Spektrum des Sonnenlichtes nicht und steht bei Reptilien, (wie auch für den Menschen bekannt) im Verdacht, ein Auslöser für Tumorwachstum zu sein.
Auffällig bei den Hauttumoren ist vor allem die hohe Inzidenz von Chromatophoromen (pigmentbildende Tumore der Melanophoren, Iridophoren, Erythround Xanthophoren), die bis vor 10 – 15 Jahren in der Literatur eine stark untergeordnete Rolle spielten. In wieweit die mittlerweile stark verbreiteten Farbzuchten der Bartagame eine besondere Prädisposition für Neoplasien aufweisen ist bislang nicht bekannt, jedoch ist ein Zusammenhang bei verminderter Melaninisierung, einer Selektion auf weiße, rote und gelbe Farbtöne oder einer selektiven Verminderung der Beschuppung (sog. Leatherbacks) recht wahrscheinlich.
Aufgrund des hohen Anteils maligner Neoplasien in der Haut (92%), Leber (83%) sowie in Mundhöhle (52%) und Ovarien (50%) ist zu einer zeitnahen vollständigen chirurgischen Entfernung (soweit möglich) mit sich anschließenden zytologischen und histopathologischen Untersuchungen zu raten. Unter Berücksichtigung der Literatur ist die komplette chirurgische Entfernung die Therapie der Wahl. Alternativ kommen in seltenen Fällen auch die Radiotherapie und die Chemotherapie zum Einsatz, jedoch sind auf diesen Gebieten die klinischen Erfahrungen nur sehr gering und bleiben auf Einzelfälle beschränkt.
Dr. Kim Oliver Heckers