* Partnerlabor
Allgemeine Informationen
Herpesviren verursachen bei fast allen Tierarten seuchenhafte sowie latente oder persistierende Krankheiten. Der Name leitet sich von dem griechischen Wort „herpein“ (kriechen) ab. Allen Herpesviren gemeinsam ist die lebenslange Latenz im Wirtsorganismus.
Herpesviren Hund
Das sog. „Welpensterben“ bei Hunden wird durch das canine Herpesvirus 1 (CHV-1) verursacht. Welpen unter 3 Wochen versterben an einer hämorrhagischen Allgemeinerkrankung. Es kommt zu massiver lytischer Virusvermehrung bei subnormaler Körpertemperatur von 36 – 37° C und Tod innerhalb von 48 Stunden. Die Morbiditätsrate liegt bei 100 %, die Mortalitätsrate bei fast 95 %!
Ältere Welpen zeigen meist milde respiratorische Symptome, daher wird CHV eine ätiologische Beteiligung am Zwingerhusten-Komplex zugeschrieben.
Adulte Tiere machen meist klinisch inapparente Infektionen durch. CHV-1 führt zu einer latenten Infektion; die Viren ziehen sich nach einer primären zelllytischen Infektion in die trigeminalen und lumbosakralen Ganglienzellen zurück. In Stresssituationen (wie z.B. Geburt oder beginnende Laktation) kann es zu einer Reaktivierung, gefolgt von einer Ausscheidung von Viren im Speichel sowie im Nasen- und Augensekret kommen. Hündinnen können das Virus intrauterin auf die Feten übertragen, selten kommt es zu Aborten und Totgeburten. Bei adulten, immunsupprimierten Tieren kann es zu perakuten Verläufen mit Todesfolge kommen. Eine Diagnostik bei Zuchttieren ist zu empfehlen.
Die Infektion mit dem suiden Herpesvirus 1 führt zur Aujeszkyschen Krankheit (Pseudorabies). Weitere Informationen siehe Herpesviren Schwein.
Herpesviren Katze (FHV)
Beim felinen Herpesvirus 1 (FHV-1) stehen respiratorische Symptome wie Rhinitis und Sinusitis mit Augen- und Nasenausfluss im Vordergrund. Es kann zu Konjunktivitis, Korneaulzera, Dyspnoe und Anorexie kommen. Koinfektionen von etwa felinen Caliciviren und Bakterien sind möglich. Nach der Primärinfektion entwickelt sich eine lebenslange latente Infektion, die unter Stress wieder aktiviert werden kann und damit zu rezidivierenden Symptomen führt. Bei Jungtieren kann es neben sehr hohem Fieber und allgemeiner Schwäche auch zu Todesfällen kommen (Fading Kitten Syndrome).
Herpesviren Vögel
Es gibt sehr viele verschiedene Herpesviren, die bei Vögeln, inklusive Wirtschaftsgeflügel, Zier-, Wild- und Zoovögeln vorkommen. Es werden auch regelmäßig neue Viren bei diesen Tiergruppen gefunden. Bei Papageien sind ebenfalls mehrere Herpesviren beschrieben worden. Das bekannteste und vielleicht klinisch relevanteste ist das psittacide Herpesvirus 1 (PsHV-1).
PsHV-1 ist für die Pacheco´sche Krankheit der Papageien verantwortlich und wird deshalb auch Pachecovirus genannt. Der klinische Verlauf ist abhängig vom Geno- bzw. Serotyp und der betroffenen Psittacidenart. Bei Wellen- und Nymphensittichen werden milde bis subklinische Verläufe mit Virusausscheidung beschrieben. Bei Großpapageien wie Aras, Amazonen, Kakadus oder Graupapageien endet eine Infektion häufig mit dem Tod. Treten Symptome auf, so sind diese meist unspezifisch und bestehen aus Anorexie, Apathie und schlecht entwickeltem Gefieder. Veränderter Kot und vermehrte Harnsäureausscheidung können ebenfalls auftreten. Gelegentlich werden auch ZNS-Symptome beobachtet. Die Erkrankung kommt insbesondere in Stresssituationen zum Ausbruch, z.B. Fang und Quarantäne bei Importvögeln, Besitzerwechsel, Klinikaufenthalt, Brutbeginn oder Eintritt der Sexualreife. Daher empfiehlt sich eine geeignete Voruntersuchung von Vögeln, die in den Bestand eingegliedert werden sollen, um eine Gefährdung der anderen Vögel zu vermeiden.
Auch bei anderen Tieren mit systemischen Erkrankungen, Erkrankungen des respiratorischen Systems, der Leber oder mit Haut- bzw. Schleimhautläsionen an der Kloake oder um den Schnabel kann eine Untersuchung auf Herpesviren angebracht sein.
Psittacine Herpesviren können auch bei Papillomen in Rachen und Kloake bei Amazonen und Kakadus nachgewiesen werden.
Herpesviren Reptilien
Herpesvirusinfektionen kommen am häufigsten bei verschiedensten Schildkrötenspezies inklusive Land-, Wasser- und Meeresschildkröten vor. In der tierärztlichen Praxis spielen
v.a. die Herpesviren der Landschildkröten der Gattung Testudo eine Rolle. Da es sich um eine hochkontagiöse Virose handelt, sollten Tiere vor dem Einbringen in einen Bestand routinemäßig auf eine Infektion untersucht werden.
Klinische Symptome äußern sich in Nasen- und Augenausfluss, Regurgitieren, Anorexie und Lethargie. Typisch sind auch nekrotische Beläge in der Maulhöhle und auf der Zunge.
Bisher sind 4 verschiedene Herpesvirustypen, testudinid Herpesvirus 1 – 4 (TeHV-1 – 4), bei Landschildkröten bekannt. In Europa kommen v.a. TeHV-1 und 3 vor. TeHV-3 hat ein breites Wirtsspektrum unter den Landschildkröten und Infektionen sind meist mit sehr hohen Morbiditäts- und Mortalitätsraten verbunden. TeHV.-1 kann vor allem bei Vierzehenschildkröten detektiert werden. Oft handelt es sich um Einzeltiererkrankungen, da TeHV-1 im Vergleich zu TeHV-3 eine erheblich geringere Neigung hat, sich im Bestand auszubreiten. TeHV-2 (v.a. bei Wüstenschildkröten) und TeHV-4 (bei Afrikanischen Landschildkröten) konnten in den letzten Jahren in Einzelfällen in Europa nachgewiesen werden.
Bei Wasserschildkröten stehen Herpesvirusinfektionen v.a. im Zusammenhang mit Leberentzündungen. Bei lebenden Tieren können trockene Rachen- und Kloakenabstriche, bei toten Tieren Leberproben mittels PCR untersucht werden.
Bei Meeresschildkröten verursachen Herpesviren unter anderem die Fibropapillomatose. Ein Virusnachweis mittels PCR ist aus verändertem Gewebe möglich.
Bei Echsen werden Herpesviren v.a. im Zusammenhang mit oralen Läsionen gesehen.
Herpesviren Pferd (EHV)
EHV-1 und EHV-4
Infektionen sowohl mit EHV-1 als auch mit EHV-4 werden bei Pferd, Esel, Maultier und Zebra durch Tröpfcheninfektionen oder direkten Kontakt verursacht. Die Ausprägung der klinischen Symptome hängt von Alter und Immunstatus des infizierten Tieres ab. V.a. Infektionen mit EHV-1 sind in der Lage, sich über die Respirationsschleimhaut hinaus auszubreiten und die schwerwiegenden Manifestationen der Krankheit herbeizuführen: Aborte, perinataler Fohlentod, neurologische Erkrankungen.
Bei Infektionen mit EHV-4 sind bei Fohlen v.a. in der Absatzzeit Morbiditäten bis zu 100 % möglich. Mehr als 80 % der Isolate stammen von Tieren mit Rhinopneumonitis.
Einmal mit Herpesviren infizierte Pferde bleiben zeitlebens Virusträger, wobei das Virus unter ungünstigen Umständen (Stress etc.) endogen wieder aktiviert werden kann. Latenzorgane stellen hauptsächlich Lymphorgane, die Leukozytenfraktion und Trigeminalganglien dar. Unter Hinzunahme der geimpften Pferde ergibt sich eine hohe Seroprävalenz in der Pferdepopulation.
In den zurückliegenden Jahren wurde mit zunehmender Häufigkeit und Schwere der klinischen Erkrankung über EHV-1-assoziierte neurologische Erkrankungen berichtet, für die ein „neurotroper“ Stamm von EHV-1 verantwortlich gemacht wird. Dieses sehr gefürchtete Krankheitsbild wird unter dem Begriff EHM (equine Herpesvirus-Myeloencephalopathie) zusammengefasst.
Beim Pferd sind zwei verschiedene Varianten von EHV-1 beschrieben (DNApol D752 vs. DNApol N752), die mit unterschiedlicher Neuropathogenität einhergehen. Die D752-Variante ist mit den meisten neurologischen Krankheitsausbrüchen assoziiert und wird daher als neuropathogen bezeichnet. Allerdings entwickelt nur ein Teil der infizierten Pferde neurologische Symptome. Die N752-Variante wird vor allem bei Aborten, aber auch bei einem kleineren Teil neurologischer Erkrankungen isoliert. Eine Differenzierung ist v.a. aus epidemiologischer Sicht interessant.
EHV-2 und EHV-5
Eine Beteiligung von EHV-2 und/oder EHV-5 an einer Keratokonjunktivitis wird seit Langem vermutet, und diese Viren werden tatsächlich auch regelmäßig aus Konjunktivaltupfern nachgewiesen. In den zurückliegenden Jahren wurden EHV-2 und 5 aber auch zunehmend als Wegbereiter für andere virale und bakterielle Infektionen des Respirationstraktes nachgewiesen. Vor allem bei Jungtieren konnten EHV-2 und/oder 5 bei behandlungsresistenten, teils katarrhalisch-eitrigen, teils nekrotisierenden oder abszedierenden Bronchopneumonien nachgewiesen werden. EHV-5 wurde kürzlich als ätiologisches Agens einer „Equine Multinodular Pulmonary Fibrosis“ (EMPF) dargestellt.
EHV-3
Das durch das equine Herpesvirus Typ 3 (EHV-3) hervorgerufene, in Deutschland nur sporadisch auftretende Koitalexanthem ist eine mild verlaufende Deckinfektion beim Pferd. Klinisch zeigen sich Bläschen, Pusteln und Erosionen auf der Schleimhaut von Vestibulum, Penis oder Präputium sowie auf benachbarten Hautstellen. Eine Heilung erfolgt spontan nach ca. 2-3 Wochen, kann aber durch Sekundärinfektionen verkompliziert werden. Die Übertragung erfolgt vor allem über den Deckakt, ist aber auch durch engen Kontakt sowie rektale und vaginale Untersuchungen möglich. Infizierte Tiere bleiben lebenslang Virusträger.
Herpesviren Rind (BHV)
Das bovine Herpesvirus 1 (BHV-1) ist der Erreger der infektiösen bovinen Rhinotracheitis (IBR), die – je nach Lokalisation der Erkrankung in den einzelnen Organsystemen – auch als infektiöse pustulöse Vulvovaginitis (IPV) und infektiöse Balanopostitis (IBP) bezeichnet wird.
Es handelt sich um eine in Deutschland anzeigepflichtige Tierseuche!
Herpesviren Schwein
Das suide Herpesvirus 1 verursacht die Aujeszkysche Krankheit (Pseudorabies) und wird auch als Aujeszky-Virus (AKV) oder Pseudorabies-Virus (PrV) bezeichnet. Das Schwein ist der natürliche Wirt; es entwickelt je nach Alter verschiedene Krankheitsbilder und kann die Infektion überleben, während die Infektion bei anderen Tieren tödlich verläuft. Deutschland ist bei Hausschweinen seit 2003 Aujeszky-frei, aber in der Schwarzwildpopulation kommt das Virus vor und kann v.a. Jagdhunde – auch über Fleischabfälle gesunder, aber latent infizierter Wildschweine – anstecken. Beim Hund führt die Infektion zu zentralnervösen Störungen, meist Juckreiz und Tod nach 1 – 3 Tagen.
Die Aujeszkysche Krankheit ist in Deutschland bei Hausrindern und Hausschweinen anzeigepflichtig.
Herpesviren Koi (KHV)
Das Koi-Herpesvirus ist ein hochinfektiöses Virus, das bei Karpfen (Koi und Nutzkarpfen) in den letzten Jahren seuchenhafte Krankheitsgeschehen in Abhängigkeit von der Wassertemperatur verursacht hat. Morbiditäts- und Mortalitätsraten können innerhalb von 1 – 2 Wochen nach Erregereintrag bis zu 100 % betragen. Die Inkubationszeit beträgt von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten. Sie ist von verschiedenen äußeren und inneren Faktoren wie Stress und Kondition der Fische abhängig. Betroffen sind Fische aller Altersklassen bei Wassertemperaturen zwischen 18 – 29° C. Klinisch gesehen stehen Kiemennekrosen, vermehrte Schleimproduktion, Hämorrhagien der Haut, Leber, Milz und Nieren im Vordergrund. Überlebende Fische bleiben vermutlich über Jahre latente Virusträger und stellen eine potentielle Gefahr beim Handel mit Lebendfischen in der Teichwirtschaft und Hobbyhaltung dar. Eine Immunisierung mittels attenuiertem Lebendimpfstoff wird derzeit aus wissenschaftlicher Sicht abgelehnt.
Anzeigepflichtige Tierseuche in Deutschland!