Feline Coronaviren (FCoV) sind weltweit verbreitet und wahrscheinlich jedem im tierärztlichen Praxisalltag schon über den Weg gelaufen. Dabei muss zwischen zwei Biotypen unterschieden werden:
Feline enterale Coronaviren (FECV) infizieren den Darm, sind wenig virulent und verursachen, wenn überhaupt, eine milde Enteritis. Sie werden fäkal-oral übertragen, Reinfektionen kommen häufig vor.
Feline infektiöse Peritonitis Viren (FIPV) entstehen durch Mutation im Einzeltier, welches mit FECV infiziert ist. Eine Änderung des Biotyps geht mit einer Änderung des Zelltropismus einher: Die Viren können dann in Makrophagen und somit in verschiedene Gewebe eindringen. Dies führt zu einem völlig anderen klinischen Bild, der felinen infektiösen Peritonitis (FIP). Dabei handelt es sich um eine schwere, lebensbedrohliche Erkrankung von Einzeltieren mit unterschiedlichen klinischen Anzeichen.
Dazu zählen u.a. Fieber, Lethargie, Anorexie, Gewichtsverlust, geschwollenes Abdomen, Ikterus, Dyspnoe, neurologische Symptome und Uveitis. Das Übertragungspotential von FIPV ist typischerweise gering bis nicht vorhanden.
Zumindest war das bisher so…
Im Jahr 2023 kam es auf der Insel Zypern zu einem massiven Anstieg von FIP-Fällen bei Katzen.
Bereits in den ersten sieben Monaten des Jahres stieg die Zahl der PCR-bestätigten Fälle im Vergleich zum Vorjahr um das 40-Fache an (Abb. 1). Die tatsächliche Zahl kann nicht benannt werden, da es auf Zypern sehr viele streunende Katzen gibt. Die „Pancyprian Veterinary Association“ schätzt die Zahl der Todesfälle bis Mitte Juli 2023 auf ca. 8000. Ein FIP-Ausbruch dieses Ausmaßes wurde bisher noch nicht beobachtet.
Nachfolgende Untersuchungen mittels Virusgenom-Sequenzierung konnten nachweisen, dass ein Großteil der Katzen mit einer neuen Virusvariante infiziert war. Dieses neue hochpathogene Coronavirus, welches vorläufig als FCoV-23 bezeichnet wurde, stellt eine Rekombination zwischen felinen und pantropischen caninen Coronaviren dar. Die nachgewiesene hohe Sequenzhomologie der Viren aus unterschiedlichen Regionen Zyperns und von unterschiedlichen Zeitpunkten im Verlauf des Ausbruchs weist auf eine direkte Übertragung hin. Eine Änderung des Biotyps im Einzeltier scheint nicht erforderlich zu sein. Sequenzanalysen v.a. im Bereich des Spike-Proteins zeigen Veränderungen in Bezug auf die Rezeptor-Bindung und daraus resultierend auf den Zelltropismus.
Das klinische Bild an sich entspricht dem einer „klassischen“ FIP. Allerdings wurden vermehrt neurologische Verlaufsformen beobachtet.
Katzen aller Altersklassen waren betroffen, ebenso reine Wohnungskatzen ohne „fremden“ Katzenkontakt.
Im Oktober 2023 wurde ein erster Fall von FCoV-23 in Großbritannien bestätigt. Die Katze hatte kurz nach dem Import aus Zypern eine FIP entwickelt. Dank entsprechender Quarantäne-Maßnahmen sind keine weiteren Fälle bekannt, die auf diese Katze zurückzuführen sind.
Entsprechend war und ist es allerdings von großem Interesse, ob FCoV-23 auch in anderen europäischen Ländern nachweisbar ist. Dafür wurden in einer LABOKLIN-Studie annähernd 700 Coronavirus-PCR-positive Proben aus verschiedenen Ländern Europas retrospektiv mittels einer FCoV-23-spezifischen PCR getestet. Diese Proben (Ergussflüssigkeit aus Abdomen bzw. Thorax, Liquor cerebrospinalis, EDTA-Blut) wurden zwischen Januar 2023 und Februar 2024 für die Routinediagnostik eingeschickt.
Darunter waren auch 120 Proben aus Zypern.
In ca. 80 % der Proben aus Zypern sowie bei zwei Katzen aus Bulgarien war FCoV-23 nachweisbar. Die beiden Proben aus Bulgarien wurden im April und Juni 2023 eingesendet, also relativ früh im zeitlichen Verlauf des Ausbruchs in Zypern. Weitere Verdachtsfälle aus Rumänien und Griechenland werden noch untersucht, zeigen aber genetische Unterschiede.
Was bedeutet das für den behandelnden Tierarzt?
- Bei einem FIP-Verdachtsfall sollte ein vorangegangener Auslandsaufenthalt (Import, Reise etc.) abgefragt werden.
- Bei Katzen mit FIP-Verdacht und Auslandsvorbericht v.a. aus dem südosteuropäischen Raum sollten Quarantänemaßnahmen ergriffen werden.
- Eine FCoV-23-spezifische PCR steht als weiterführende Diagnostik im Anschluss an die Diagnosestellung einer FIP zur Verfügung – besonders relevant ist dies bei Katzen aus dem Ausland oder bei gehäuftem Auftreten von FIP-Erkrankungen.
Dr. Michaela Gentil
Leistungen zum Thema FIP und FCoV-23
Coronavirus-PCR (qualitativ und quantitativ)
FCoV-23-PCR
Serumprotein-Elektrophorese
Brust-/Bauchhöhle (Punktatuntersuchung inkl. Zytologie)
Rivalta-Probe