In der Saison (Frühjahr – Herbst) unterliegen die Ovarien bei Pferdestuten physiologischerweise zyklusbedingten Veränderungen, die sich in der Aus- und Umbildung von Funktionskörpern und Größenvariation manifestieren.
Entsprechend der damit einhergehenden hormonellen Veränderungen können die Stuten insbesondere während des Östrus Verhaltensweisen zeigen, die während des Di- oder Anöstrus nicht zu beobachten sind (z. B. häufiger Urinabsatz, Sensitivität gegenüber Schenkeldruck, Flehmen, Blitzen).
Im Gegensatz dazu können pathologische Veränderungen der Ovarien in Abhängigkeit von Art und Ausprägung zu markanten klinischen Symptomen führen. Der häufigste Grund für die klinische Vorstellung solcher Stuten sind Rittigkeitsprobleme oder Auffälligkeiten im Verhalten der Tiere, wie z. B. Hengstverhalten, Beißen, Schlagen, Steigen oder Aggressivität gegenüber Artgenossen und Menschen. Weiterhin können Zyklusstörungen oder Azyklie zu Sub- oder Infertilität und damit zu wirtschaftlichen Einbußen im Zuchtbetrieb führen.
Wichtig für die diagnostische Aufarbeitung derartiger Fälle ist eine sorgfältige allgemeine sowie klinisch-gynäkologische Untersuchung (ggf. inkl. Ultraschall) der Stute, um extragenitale Ursachen für die oben beschriebenen Symptome auszuschließen (z. B. Traumata von Muskulatur, Wirbelsäulen-, Muskelerkrankungen, Magengeschwüre, Zahnerkrankungen).
Die normale Größe aktiver Ovarien beträgt bei Warmblutstuten ca. 6 – 8 cm vom cranialen zum caudalen Pol und 3 – 4 cm im Durchmesser.
Kann im Rahmen der klinisch-gynäkologischen Untersuchung eine deutliche (!) Asymmetrie mit unilateralem Megaovar oder eine auffällige Schmerzhaftigkeit bei der Palpation festgestellt werden, sind neben den physiologischen präovulatorischen (Graaf´schen) Follikeln oder Gelbkörpern differenzialdiagnostisch pathologische Veränderungen in Betracht zu ziehen.
Labordiagnostisch lassen sich einige Erkrankungen mittels serologischer Untersuchungen diagnostizieren, während Läsionen, die nicht mit spezifischen Veränderungen des Blutbildes oder der Hormonwerte einhergehen, erst durch die histopathologische Untersuchung eindeutig charakterisiert werden können.
Die wichtigste neoplastische Veränderung des equinen Ovars ist der Granulosazelltumor (GZT), da diese Neoplasie bei weitem am häufigsten bei Stuten vorkommt. Es handelt sich hierbei um Tumoren, die aus den follikulären Granulosazellen entstehen und (seltener) auch eine zelluläre Komponente der Theka-Zell-Schicht enthalten (Granulosa-Theka-Zell-Tumoren). Klassische Befunde bei der Anamnese sind Zyklus- und/oder Verhaltensanomalien, Unrittigkeit und eine Asymmetrie der Ovarien. Das vergrößerte Ovar (Abb. 1) kann sich bei der sonografischen Untersuchung mit einer bienenwabenartigen Struktur, solide oder als einzelne große, zystische Struktur darstellen.
Zur Abklärung einer hormonell aktiven ovariellen Neoplasie werden in der equinen Reproduktionsmedizin verschiedene Indikatoren genutzt, wobei sich die serologische Bestimmung des Anti-Müller-Hormons (AMH) als sensitivster Marker bewährt hat, der bei Laboklin täglich untersucht wird. Das Hormon wird bei der Stute in den Granulosazellen präantraler und antraler Follikel gebildet und unterliegt keinen zyklischen oder graviditätsbedingten Schwankungen. Die Serumkonzentration ist bei Vorliegen eines GZT um bis zu 20fach erhöht. Selten kann AMH uneindeutige Werte liefern (z. B. in den Frühstadien einer Neoplasie oder bei Follikelzysten). In solchen Fällen wird eine Nachuntersuchung in 2 – 4 Wochen empfohlen.
Weiterhin kann die klinische und serologische Diagnostik durch die Bestimmung der peripheren Sexualsteroide Östradiol und Testosteron ergänzt werden. Beide Hormone werden in den Granulosa- und/oder Thekazellen des Graaf´schen Follikels gebildet und können bei Vorliegen eines GZT stark erhöhte Werte aufweisen. Zu beachten ist aber, dass die Sexualsteroide eine deutlich geringere Sensitivität für eine tumoröse Entartung der Zellen aufweisen als AMH, da auch GZT auftreten können, die kein Testosteron oder Östradiol produzieren.
Progesteron ist zur serologischen Diagnostik von GZT des Ovars ungeeignet, da es in den Zellen des Gelbkörpers gebildet wird und somit normale bis erniedrigte Werte zu erwarten sind.
Eine weitere labordiagnostische Methode, die (neben anderen Informationen) auch einen Hinweis auf das Vorliegen einer endokrin aktiven ovariellen Dysfunktion liefert, ist die histologische Untersuchung einer Endometriumbiopsie. Aus der atypischen hormonellen Aktivität resultiert eine irreguläre endometriale Fehldifferenzierung, die morphologisch nachweisbar ist. Wichtig ist, dass diese endometriale Fehldifferenzierung nicht spezifisch für das Vorliegen eines Granulosazelltumors ist und nicht in die Kategorisierung nach Kenney&Doig (1986) mod. nach Schoon et al. (1992) eingeht, obwohl es sich um einen fertilitätsrelevanten Befund handelt. Auch Thekome, Follikel(lutein)zysten oder eine stromale Hyperthekose des Ovars sowie andere endokrine Dysblancen können mit einer endometrialen Fehldifferenzierung einhergehen. Daher ist die Berücksichtigung der Anamnese, der Ergebnisse der klinisch-gynäkologischen und serologischen Untersuchungen für die abschließende Interpretation von entscheidender Bedeutung.
Alle weiteren primären oder metastatischen Tumoren des Ovars (z. B. Karzinome, Dysgerminome) sind nicht endokrin aktiv und gehen nicht mit spezifischen klinisch-chemischen Abweichungen einher. Die abschließende Diagnose in solchen Fällen kann nur histopathologisch nach Ovarektomie erfolgen. Dabei ist es wichtig, möglichst das gesamte Ovar einzuschicken, um an repräsentativen Proben die Diagnose zu stellen.
Neben tumorösen Veränderungen des Ovars existieren nicht-neoplastische Erkrankungen, deren diagnostische Aufarbeitung wesentlich schwieriger ist, da sie weder mit einer spezifischen klinischen Symptomatik einhergehen noch eindeutig über labordiagnostische Untersuchungen abzubilden sind.
Anovulatorische hämorrhagische Follikel (AHF) entstehen insbesondere während der Übergangszyklen in Herbst und Frühjahr, wenn eine Ovulation ausbleibt. Treten AHF jedoch während der physiologischen Decksaison auf, sind sie als pathologischer Befund zu werten, da sich der interovulatorische Zeitraum unter Umständen bis zu mehreren Monaten ausdehnen kann. Eine Gravidität ist hier nicht möglich. Labordiagnostisch können bei Vorliegen eines AHFs im Serum oft Progesteronwerte >1 ng/ml gemessen werden, was auf das Vorliegen von luteinisiertem Gewebe hinweist. Es ist zu beachten, dass niedrige Messwerte das Vorliegen eines AHFs nicht ausschließen.
Bei älteren Stuten sind manchmal postovulatorische Hämatome zu beobachten. Abhängig von ihrer Größe können sie mit Schmerzen, Kolik und Einblutungen in das umliegende Gewebe, Anämie und einem Leistungsabfall der Stute einhergehen. Labordiagnostisch zeigen sich im Blutbild meistens keine spezifischen Veränderungen, da z. B. Anämien auch andere Ursachen haben können – ggf. sollte der Gerinnungsstatus überprüft werden.
Für Abszesse der Ovarien kommen ursächlich insbesondere aus dem Uterus oder der Salpinx aszendierende septische Prozesse oder Verletzungen/Manipulationen mit Keimeintrag in Frage, woraus sich klinische Symptome wie z. B. Fieber, Kolik, Anorexie und Apathie ableiten. Labordiagnostisch können eine Leukozytose sowie ein Anstieg der Entzündungsparameter nachweisbar sein. Sollte der Prozess auf das Peritoneum übergreifen, kann dies in einer zytologischen sowie physikalisch-chemischen Untersuchung von Bauchhöhlenpunktat nachgewiesen werden. Zu erwarten sind ein neutrophiles Zellbild mit massiv erhöhter Zellzahl und erhöhtem Proteingehalt und Nachweis von Bakterien, wie es aber auch bei einer Darmtorsion zu sehen sein kann. Parallel ist eine bakteriologische Untersuchung von Nativmaterial empfehlenswert.
Im Gegensatz zu Wiederkäuern treten Ovarialzysten bei Stuten selten auf und sind meist endokrin inaktiv. Es handelt sich oft um Einschlusszysten, die sich im Anschluss an Hämatome oder durch eine Versprengung von Oberflächenepithel im Zuge zahlreicher Ovulationen mit fortschreitendem Lebensalter der Stute bilden. Da im equinen Ovar der Bereich der Ovulationsgrube für die Entstehung dieser Zysten prädisponiert ist, werden sie in diesem Bereich am häufigsten nachgewiesen. In der Regel führen diese Einschlusszysten nicht zu einem Rückgang der Fertilität, selten kann es allerdings zu einer Verlegung des Infundibulums kommen, sodass die Eizelle nach dem Sprung des Follikels dieses mechanische Hindernis nicht passieren kann. Histologisch ist eine Unterscheidung dieser Einschlusszysten nach ihrer Lokalisation in Fossazysten und Fimbrienzysten möglich. Diese Strukturen besitzen keine hormonelle Aktivität.
Follikelzysten entstehen aus in Anbildung befindlichen Graaf´schen Follikeln und sind durch eine Auskleidung mit Granulosazellen gekennzeichnet. Bleibt die Ovulation aus, ist eine Entwicklung hämorrhagischer Follikel möglich (s.o.), die einen Anstieg der Serumkonzentration von Progesteron zur Folge haben können.
Weiterhin können Zysten in anderen Lokalisationen des Ovars, die nicht den Bereich der Fossa ovarica einschließen, Rete-ovarii-Zysten oder paraovarielle Zysten unterschieden werden.
Auch wenn all diese zystischen Strukturen in Einzelfällen eine beträchtliche Größe erreichen können (bis zu 20 cm im Durchmesser), handelt es sich in der Regel um Veränderungen ohne klinische Relevanz, die als Nebenbefunde histologisch diagnostiziert werden.
Fazit
- Heterogenes klinisches Bild der Ovarveränderungen bei der Stute, labordiagnostische Aufarbeitung stützt die klinische Diagnose.
- Serologische Diagnostik zur Abklärung eines Granulosazelltumors bei Megaovar: AMH-Bestimmung aus dem Serum (Einsendung gekühlt!), ggf. ergänzt durch Östradiol und Testosteron.
- Histologische Untersuchung einer Endometriumbiopsie für Hinweis auf endokrine
Dr. Kathrin Jäger
Leistungsspektrum
Östradiol
Testosteron
Progesteron
Anti-Müller-Hormon
Pathohistologie