Die typischen Katzenkrankheiten FeLV und FIV werden oft in der Annahme, dass sie selten vorkommen, vernachlässigt. Dabei spielen sie durchaus eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch wenn die Prävalenz für den deutschsprachigen Raum eher niedrig ist (um 3 – 4 %), muss eine Infektion insbesondere bei unspezifischen Krankheitsanzeichen, wie Anämie, Fieber und Lethargie immer in Betracht gezogen werden. Nicht zuletzt, weil – insbesondere für FeLV – eine prognostische Relevanz besteht. Aber auch das Screening klinisch gesunder Katzen ist von Bedeutung. Sei es im Rahmen des Imports einer Katze aus dem Ausland (die Prävalenz in einigen süd- und osteuropäischen Ländern ist nicht unerheblich), der Einführung eines neuen Mitglieds in einen Katzenhaushalt, als präoperative Maßnahme oder vor der Entnahme einer Blutspende.
FeLV
Das feline Leukämievirus ist ein RNA-Virus aus der Familie der Retroviren. Es ist in der Lage, sein Genom in die DNA von Wirtszellen zu überführen (Provirus). Eine Übertragung erfolgt in der Regel oronasal über virushaltige Exkrete wie Speichel, Nasensekret, Milch, Urin oder Kot. Eine vertikale Übertragung vom Muttertier auf die Welpen ist möglich.
Nach einer Infektion können 3 verschiedene Verlaufsformen auftreten (Abb. 1):
- Progressive Infektion: Es liegen sowohl vollständiges Virus als auch Provirus vor. Somit ist auch zirkulierendes Antigen nachweisbar.
- Regressive Infektion: Der Erreger ist nur als in die DNA eingebautes Provirus nachweisbar, eine Zirkulation von Antigen erfolgt nicht.
- Abortive Infektion: Der Katze gelingt es, den Erreger aus dem Körper zu eliminieren.
Klinische Symptome einer Erkrankung treten in der Regel vor allem bei der progressiven Infektion auf, sind jedoch auch bei regressiven Infektionen beschrieben. Dabei können verschiedene Organsysteme betroffen sein, was sich in vielfältigen Erscheinungsbildern äußert. Die bekanntesten Folgen einer FeLV-Infektion sind Anämien und Lymphome. Vergleichsweise häufig ist auch eine Beteiligung des Auges (oft in Form einer Uveitis). Immunmediierte Erkrankungen, wie immunhämolytische Anämie, Glomerulonephritis und Polyarthritis sind beschrieben.
Als Screeningtest für eine FeLV-Infektion stehen Antigen-Schnelltests zur Verfügung. Diese weisen das im Blut zirkulierende p27-Antigen des Erregers nach (nur bei progressiver Erkrankung vorhanden).
Bei klinisch unauffälligen Katzen schließt ein negatives Ergebnis eine Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Allerdings ist es bei sehr früher Infektion (< 21 – 30 Tage) möglich, dass noch kein Antigen zirkuliert.
- Abb. 1: Schematische Darstellung möglicher FeLV-Verlaufsformen Bildquelle: Laboklin
- Abb. 2: Vereinfachte Darstellung der Testmöglichkeiten bei Verdacht auf FeLV Bildquelle: Laboklin
- Abb. 3: Vereinfachte Darstellung der Testmöglichkeiten bei Verdacht auf FIV Bildquelle: Laboklin
Da die Wahrscheinlichkeit eines falsch positiven Testergebnisses bei geringer Prävalenz, wie sie für FeLV in Deutschland vorliegt, steigt, sollte ein positiver Schnelltest mittels Bestätigungstest verifiziert werden. Hier wird meist die Überprüfung auf Vorhandensein von Provirus mittels PCR genutzt. Alternativ kann eine Nachtestung mittels ELISA in einem Einsendungslabor erfolgen.
Besteht klinisch der Verdacht auf eine FeLV-Infektion, das Ergebnis des Screeningtests ist aber negativ, wird ebenfalls eine weiterführende Untersuchung angeraten. Dabei ist die Provirus-PCR besonders im Hinblick auf Katzen mit einer regressiven Verlaufsform einer FeLV-Infektion sinnvoll, da in diesen Fällen kein freies Antigen im Blut nachweisbar ist und der Antigen-Test somit trotz vorhandener Infektion negativ ausfällt (Abb. 2).
Wird eine FeLV-Infektion nachgewiesen, ist die Prognose vorsichtig. Bei progressiver Infektion ist mit der Entwicklung von klinischen Symptomen und Tod innerhalb von drei Jahren zu rechnen. Allerdings gibt es auch Langzeitüberlebende. Die Gabe von Interferon scheint Sekundärinfektionen zu reduzieren und die Überlebenszeiten zu verlängern. Regressiv infizierte Katzen bleiben meist langfristig symptomlos. Eine Reaktivierung der Infektion ist aber möglich.
Dem Monitoring FeLV-infizierter Patienten kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Sie sollten sehr regelmäßig klinisch und mit Hilfe von Blutuntersuchungen auf Sekundärprobleme (Anämie, Lymphom, andere Infektionen) überprüft werden.
Routinemäßige Schutzimpfung gegen die gängigen Infektionserreger wird empfohlen. FeLV-infizierte Katzen sollten zum eigenen Schutz (Sekundärinfektionen) und dem anderer Katzen (Übertragung) als reine Wohnungskatzen gehalten werden.
Die wichtigsten Fragen aus der Fachberatung zu FeLV:
1. Es besteht ein klinischer Verdacht auf FeLV-Infektion aber der Antigen-Test ist negativ. Soll ich den Provirus-Test laufen lassen oder sollte bei einer kranken Katze auch immer Antigen zirkulieren?
In der Regel ist zu erwarten, dass bei klinischer Erkrankung auch FeLV-Antigen zirkuliert. Allerdings gibt es durchaus Fälle, die klinisch an einer FeLV-Infektion erkrankt aber Antigen-negativ sind. Diese können meist über den Provirus-Nachweis (PCR) identifiziert werden.
2. Wie häufig wird eine regressive FeLV-Infektion reaktiviert? Ist das auch nach Jahren noch möglich?
Auch bei regressiver Verlaufsform sind Erkrankungsausbrüche möglich. Dies kann sogar mehrere Jahre nach Infektion erfolgen. Genaue Zahlen, wie häufig das passiert, gibt es leider nicht. In einer Untersuchung konnte bei 2 von 37 regressiv infizierten Katzen eine Reaktivierung beobachtet werden
3. Kann eine regressiv infizierte Katze die Erkrankung übertragen?
Regressiv infizierte Katzen scheiden kein Virus mit dem Speichel oder Kot aus und übertragen FeLV somit nicht auf natürliche Weise. Allerdings sollte unbedingt beachtet werden, dass eine Übertragung mittels Bluttransfusion möglich ist. Blutspender sollten daher nicht nur einen FeLV-Antigen-Test erhalten, sondern unbedingt auch mittels Provirus-PCR überprüft werden.
4. Wann sollte man nach einem positiven Antigen-Test für FeLV nachtesten (um zu überprüfen, ob die Katze regressiv geworden ist)?
Eine anfängliche Virämie kann in eine regressive Infektion übergehen, bei der nur noch Provirus nachweisbar ist. Der Antigen-Test wird dann negativ. Dies ist in der Regel innerhalb von 12 Wochen nach Infektion der Fall, kann in seltenen Fällen aber auch später noch passieren (maximal dokumentierte Zeit ist ein Jahr). Antigen-positive Katzen sollten von gesunden Katzen separiert und im 3 – 6 wöchigen Abstand nachgetestet werden. Werden sie Antigen-negativ ist eine Zusammenführung mit anderen Katzen möglich.
FIV
Das feline Immundefizienzvirus ist ebenfalls ein RNA-Virus aus der Familie der Retroviren mit der Fähigkeit sein Genom in die DNA von Wirtszellen zu integrieren. Die Übertragung erfolgt jedoch nicht ganz so schnell wie bei FeLV, meist infiziert sich eine Katze über Bisswunden. Eine transplazentare Infektion von Welpen ist möglich. Die Übertragung beim Deckakt ist nicht beschrieben, obwohl Virus im Samen von infizierten Katern nachgewiesen wurde. Bissverletzungen beim Deckakt sind möglich.
Nach einer initialen Infektionsphase, die mit milden Symptomen wie Fieber oder Neutropenie einhergehen kann, schließt sich eine subklinische Phase an. Diese kann ein Leben lang anhalten. Je nach Virusisolat, Immunität und Alter der Katze bei Infektion ist der Übergang in eine klinische Phase möglich. Hier kommt es meist zu Symptomen, die durch FIV-induzierte Dysregulationen des Immunsystems bedingt sind. Oft werden chronische Gingivostomatitis, chronische Rhinitis, Lymphadenomegalie, Glomerulonephritis und Gewichtsverlust gesehen. Mit viralen, bakteriellen und protozoären Sekundärinfektionen ist zu rechnen. Ein gehäuftes Auftreten von Neoplasien (Lymphom, Plattenepithelkarzinom) ist beschrieben. Auch können Verhaltensänderungen und ein gestörter Schlafrhythmus vorhanden sein.
Katzen bleiben lebenslang mit FIV infiziert. Allerdings leben viele mit der Infektion bis ins hohe Alter. Dies unterscheidet die FIV-Infektion von der FeLV-Infektion. Wesentlich für die Gesunderhaltung des Patienten ist eine sehr gute Fürsorge (inklusive regelmäßiger Zahnhygiene sowie Schutz vor Sekundärinfektionen) und ein gutes klinisches als auch labordiagnostisches Monitoring. Alle sechs Monate sollten Blutbild, Blutchemie und Harn überprüft werden. Je nach Befunden können auch die Proteinelektrophorese und die Bestimmung des Akute-Phase-Proteins Serum Amyloid A (SAA) hilfreich sein. Ein verändertes Verhältnis der so genannten CD4/CD8 T-Lymphozyten kann unter Umständen eine vorhandene Immundysfunktion anzeigen.
Zur Überprüfung auf eine FIV-Infektion erfolgt in der Regel eine Blutuntersuchung auf FIV-spezifische Antikörper (Abb. 3). Diese kann mittels Schnelltest erfolgen. Da die Infektion ein Leben lang persistiert, ist der Antikörpernachweis zur Diagnostik gut geeignet. Eine Serokonversion findet in der Regel innerhalb von 2 – 4 Wochen statt. Bei einigen FIV-infizierten Katzen kann die Antikörperproduktion jedoch um Wochen bis Monate verzögert sein, während die Katzen aber den Erreger bereits übertragen können.
Aufgrund der niedrigen FIV-Prävalenz in Deutschland gilt für den Antikörper-Schnelltest auch hier, dass ein positiver Test über einen zweiten unabhängigen Test bestätigt werden sollte. Hierfür eignet sich das so genannte Blot-Verfahren (Westernblot, Lineblot). Im Gegensatz zu den Schnelltests ermöglichen diese Verfahren den Nachweis verschiedener, gegen FIV-spezifische Antigene gerichteter Antikörper. Ein Blot-Verfahren wird erst dann als positiv für eine FIV-Infektion gewertet, wenn Antikörper gegen mindestens zwei (besser drei) Antigene nachgewiesen werden können. Im Zweifelsfall kann auch über den Nachweis von Provirus mittels PCR nachgedacht werden (s. u.).
Katzenwelpen einer FIV-infizierten Mutter können maternale Antikörper besitzen ohne selbst infiziert zu sein. In der Regel persistieren die maternalen Antikörper nicht länger als 16 Wochen, können aber auch bis zu einem Alter von 6 Monaten bestehen bleiben. Ist ein 16 Wochen alter Katzenwelpe FIV-Antikörper positiv, wird eine Nachtestung nach 2 – 3 Monaten empfohlen. Ein auch ab dem 6. Lebensmonat noch bestehender positiver Antikörpernachweis wird als Infektionsnachweis angesehen.
Positive Testergebnisse können zudem bis zu 6 Monate nach einer Impfung auftreten. Diese sind in Europa aber nicht zugelassen.Zu negativen Ergebnissen trotz Infektion kann es in den ersten 60 Tagen nach der Infektion sowie im Endstadium der Infektion kommen.
Ihre Fragen aus der Fachberatung zur FIV:
1. Ab welchem Zeitpunkt nach möglicher Übertragung kann eine FIV-Infektion sicher ausgeschlossen werden?
Ist eine Katze fraglich infiziert worden (z. B. weil sie ausgebüchst ist) lautet die Empfehlung drei Monate Quarantäne. Erst wenn der Antikörper-Test am Ende der Quarantänezeit negativ ist, wird davon ausgegangen, dass keine Infektion stattgefunden hat.
2. Was tun bei fraglichem Antikörper-Titer, der auch bei Wiederholung zwei Wochen später noch fraglich ist?
In solchen Fällen bietet sich die Durchführung eines FIV-Blots an. Ist dieser negativ ist eine Infektion unwahrscheinlich. Werden im FIV-Blot ebenfalls fragliche Ergebnisse erzielt, kann eine PCR auf Provirus durchgeführt werden. Allerdings ist diese nur im positiven Fall (= FIV-Infektion vorhanden) aussagekräftig. Ein sicherer Ausschluss der Infektion kann mittels PCR nicht erfolgen. Die Bestimmung des CD4/CD8-Quotienten kann unter Umständen eine weitere Eingrenzung erlauben.
3. Ist eine negative PCR immer ausschließend für die Infektion?
Die aktuell verfügbaren PCR-Assays detektieren FIV-Provirus der (in Europa vorherrschenden) Gruppe A gut. Für andere Virusgruppen besteht eine variable Sensitivität. Hinzu kommt, dass eine relativ hohe Stammvariabilität und Mutationsrate besteht, das Virus innerhalb einer Gruppe also Unterschiede aufweisen kann. Das führt dazu, dass nicht jede Infektion mittels PCR nachgewiesen wird. Somit sind positive Ergebnisse beweisend. Ein negatives PCR Resultat schließt aber eine FIV-Infektion nicht sicher aus.
Dr. Jennifer von Luckner, Theresa Marquar
Weiterführende Literatur
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ABCD Guideline for Feline Immunodeficiency Virus 2017: https://www.abcdcatsvets.org/guideline-for-feline-immunodeficiency-virus/
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ABCD Guideline for Feline Leukaemia Virus 2021: https://www.abcdcatsvets.org/guideline-for-feline-leukaemia-virus-infection/
Unsere Leistungen im Überblick |
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FeLV-Antigen |
Screening |
FeLV-Provirus-PCR |
Bestätigung eines positiven FeLVAntigen-Tests |
In fraglichen Fällen sollte eine Wiederholung des Tests nach 2 – 4 Wochen erfolgen. |
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FIV-PCR | qualitativ: Nachweis von Provirus quantitativ: Bestimmung der Proviruslast |
FIV-Blot | Zur Überprüfung unklarer/grenzwertiger Ergebnisse oder zur Absicherung positiver Ergebnisse vorheriger Tests. Dieser Antikörpernachweis erfolgt mittels eines Line-Blots und ist durch die Verwendung von drei verschiedenen Antigenen hochspezifisch. |
FIV-Monitoring | ALT, GLDH, AP, Harnstoff, Kreatinin CD4/CD8 (Probenalter < 48 h) FIV-PCR (quantitativ) + Blutbild |
Zellulärer Immunstatus | Blutbild Bestimmung der B-Zellen (CD 21+ ), T-Zellen (CD3+, CD5+), T-Helferzellen (CD4+) und der zytotoxischen T-Zellen (CD8+) |