Tumoren der Nieren sind bei Hund und Katze seltener als Tumoren der Harnblase.
Die klinische Diagnose und Differenzialdiagnose von Neoplasien der Niere und der harnableitenden Wege basiert meist auf bildgebenden Verfahren. Zytologische Präparate, Nierenbiopsien, Tumorexzisate der Harnblase oder exstirpierte Nieren dienen der detaillierten Charakterisierung mittels pathologischer Untersuchungen.
Nierentumoren
Als primäre Tumoren der Niere kommen vor: Adenom, Karzinom, Embryonaler Tumor (Nephroblastom und thorakolumbaler Rückenmarkstumor), Onkozytom, Hämangiom, Hämangiosarkom, Fibrom, interstitieller Nierentumor. Sekundäre Tumoren sind Lymphome und Metastasen anderer Tumoren.
Klinische Symptome bei Nierentumoren können sein: Renale Hämaturie, abdominale Umfangs-
vermehrung, unspezifische Symptome und Folgen paraneoplastischer Syndrome (z. B. Polyzythämie, Fieber, Anorexie, Bauchschmerzen, Mattigkeit, PU/PD).
Die Diagnose der Umfangsvermehrung erfolgt meist mittels bildgebender Verfahren (Ultraschall, CT) aber die klinischen und makroskopischen Befunde erlauben oft keine sichere Diagnose und Prognose. Daher ist eine histopathologische Untersuchung zur Abgrenzung von Neoplasie, Hämatom und Entzündung notwendig.
Zytologie und Biopsie von Nierentumoren
Während Nierenbiopsien in der Humanmedizin bei acht verschiedenen Indikationen angezeigt sind (Sahni & Silverman 2009), dienen sie bei Hund und Katze v.a. zur Diagnose entzündlicher und degenerativer (Glomerulo-)Nephritiden und renaler Lymphome (Vaden et al. 2005).
Vorkommen von Nierentumoren und ihre Differenzialdiagnosen
- In den Jahren 2011 und 2012 wurden extirpierte Nieren von 74 Hunden und 51 Katzen zur histopathologischen Untersuchung zu LABOKLIN eingesandt.
- Tumoren der Niere wurden bei 27 Hunden (36,5%) festgestellt: Zehn Sarkome (Hämangiosarkom n=7, Fibrosarkom n=2, Rhabdomyosarkom n=1), sieben Nierenkarzinome (Abb. 1), drei Übergangszellkarzinome, zwei Adenome, ein juveniler mesenchymaler Tumor, ein Nephroblastom, ein Hamartom, ein B-Zell-Lymphom und ein histiozytäres Sarkom.
- In 45 Nieren (63,5%) wurden hingegen Entzündungen (n=38), Zysten (n=4) oder Hämatome (n=3, Abb. 2) nachgewiesen.
- Tumoren der Niere wurden bei 20 Katzen (39,2%) festgestellt: 14 renale Lymphome (neun B-Zell Lymphome, von denen drei FeLV-positiv waren; fünf FeLV-negative T-Zell Lymphome), drei Nierenkarzinome, ein Nephroblastom, ein Adenom und ein Fibrosarkom. In 30 Nieren (60,8%) wurden Entzündungen (n=25) oder Zysten (n=5) nachgewiesen.
- Anhand der hier vorgestellten Fallsammlung zeigen sich die Speziesunterschiede besonders deutlich: Lymphome der Niere kommen v.a. bei der Katze vor und sind grundsätzlich relativ gut mittels Nierenbiopsien zu diagnostizieren.
- Umfangsvermehrungen der Niere werden beim Hund eher durch Exstirpation therapiert und erst anschließend histologisch differenziert.
- Betrachtet man die histopathologischen Diagnosen, die anhand der eingesandten Nieren gestellt werden, so fällt auf, dass entzündliche, reaktive und traumatische Erkrankungen beim Hund mit 63,5% und 60,8% bei der Katze viel häufiger diagnostiziert wurden als Nierentumore.
- Als Ursache von fokalen, multifokalen oder diffusen Nierenveränderungen sollten daher nichttumoröse Ursachen unbedingt differenzialdiagnostisch bedacht werden.
Harnblasentumore
Als primäre Tumoren der Harnblase kommen vor: Adenom, Papillom, (Übergangszell)- Karzinom, Hämangiom, Hämangiosarkom, Fibrom, Leiomyom/-sarkom), Rhabdomyosarkom. „Tumorl ike lesions“ sind polypoide Zystitis, Polypen, Metaplasien und Brunn´sche Nester.
Klinische Symptome bei Harnblasentumoren können sein: Dysurie/Strangurie, Hämaturie, Pollakisurie, Harninkontinenz, Tenesmus alvi, vaginaler Ausfluss.
Die Diagnose der Umfangsvermehrung erfolgt meist mittels bildgebender Verfahren (Sonographie, Retrograde Röntgenkontrastunter suchung, Zystourethroskopie), aber die klinischen und makroskopischen Befunde erlauben oft keine sichere Diagnose und Prognose. Daher ist eine histopathologische Untersuchung zur Abgrenzung von Neoplasie, polypöser Proliferation und Entzündung notwendig.
Zytologie und Biopsien von Blasentumoren
Im Gegensatz zu benignen Blasentumoren können Übergangszellkarzinome oft zytologisch diagnostiziert werden, sofern es sich um qualitativ gute Ausstriche (Abb. 3) handelt. Die Pärparate sollten unmittelbar nach der Gewinnung aus dem Sediment des Mittelstrahlharns oder aus Feinnadelaspiration bzw. Katheteransaugbiopsien angefertigt und luftgetrocknet werden.
Bei niedrigmalignen Tumoren hingegen sind die zytologischen Malignitätskriterien oft nicht ausreichend eindeutig von einer reaktiven Pleomorphie bei Entzündungen zu differenzieren. In diesen Fällen ist die transurethrale (Ansaug-)Biopsiedie Methode der Wahl, da sie eine ausreichende Gewebemenge erbringt, aber die Absiedelung von Tumorzellen (Nyland et al. 2002) weitgehend vermeidet (Childress et al. 2011).
Eine chirurgische Resektion erfordert besondere Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung von Tumorzellabsiedelungen.
Ein wesentliches Problem bei dem histologischen Grading von Blasentumoren ist, dass das infiltrative Wachstum in die Muskularis nicht immer sicher beurteilbar ist, da Biopsien oft zu oberflächlich entnommen werden und somit die Malignität möglicherweise zu gering eingeschätzt wird (Abb. 4).
Vorkommen von Harnblasentumoren und ihre Differenzialdiagnosen
In den Jahren 2011 und 2012 wurden Harnblasenbiopsien von 218 Hunden und 89 Katzen zur histopathologischen Untersuchung zu LABOKLIN eingesandt.
Tumoren der Harnblase wurden bei 144 Hunden (66%) festgestellt:
90 Übergangszellkarzinome (62,5%, Abb. 6), 42 Schleimhautpolypen (Abb. 5), neun Polypen mit Brunnerschen Nestern, ein Leiomyom, ein Leiomyosarkom und ein B-Zell Lymphom.
In 71 Fällen zeigte sich eine Zystitis (davon drei Fälle einer polypoiden eosinophilen Zystitis) und drei Biopsien waren unauffällig.
Tumoren der Harnblase wurden bei 18/89 Katzen (20,2%) festgestellt: 16 Übergangszellkarzinome (88,9%) und zwei Schleimhautpolypen.
In 68 Blasenbiopsien zeigte sich eine Zystitis und drei Biopsien waren unauffällig.
Das infiltrative Wachstumsverhalten der malignen Tumoren war in vielen Fällen bei Hund und Katze nicht beurteilbar, da oft nur oberflächliche Schleimhautbiopsien zur Verfügung standen.
Harnblasentumoren wurden in dem histopathologischen Einsendungsmaterial vom Hund
sehr viel häufiger diagnostiziert (66%) als Entzündungen. Im Gegensatz dazu war eine Zystitis bei der Katze mit 76% die häufigste Diagnose in den eingesandten Blasenbiopsien. Dies reflektiert sicherlich die unterschiedliche Häufigkeit der jeweiligen Erkrankungen bei Hund und Katze. Unter den Blasentumoren waren die Übergangszellkarzinome bei der Katze mit 88,9% der Neoplasien jedoch häufiger als beim Hund (62,5%), bei dem regelmäßig gutartige Polypen vorkommen.
Die Ergebnisse entsprechen auch den Befunden einer alten Übersichtsarbeit von Osborne et al. (1968). Bommer et al. (2012) betonen in ihrer Arbeit das besonders aggressive Verhalten der Blasentumore bei Katzen (mediane Überlebenszeit 261 Tage).
METRONOMISCHE THERAPIE MITTELS NSAIDS
Die immunhistologisch nachweisbare Cox-2 Expression ist das Target für den Einsatz einer metronomischen Therapie mit Cox-2 Inhibitoren, die zu einer Verminderung von Entzündung und Tumorwachstum beitragen soll (Dore 2011) und bei der Therapie von Übergangszellkarzinomen auch in Kombination mit Chemotherapeutika In den eigenen Untersuchungen der Harnblasentumoren konnte gezeigt werden, dass die Übergangszellkarzinome mittlerer und hoher Malignität bei beiden Spezies in den meisten Fällen intensiv Cox-2 positiv waren (Abb. 7), während die Polypen fast immer negativ (70%) oder geringgradig positiv (30%) waren. Der immunhistologische Nachweis der Cox-2 Expression korreliert also offenbar mit der malignen Entartung des Blasenepithels und kann ggf. die Therapieentscheidung unterstützen.
Die wenigen untersuchten Nierenkarzinome bei Hund und Katze waren meist Cox-2 negativ.
FAZIT
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es hinsichtlich des Vorkommens und der Dignität von Nieren- und Blasentumoren deutliche Unterschiede zwischen Hund und Katze gibt. Die zytologische bzw. histopathologische Untersuchung ist bei beiden Spezies für die Differenzierung von entzündlichen, traumatischen und neoplastischen Veränderungen des Harn systems von großer prognosischer Bedeutung. Immunhistologische Verfahren können zusätzliche therapeutisch relevante Informationen liefern.
LITERATUR
Auf Anfrage über aupperle@laboklin.de zu erhalten.
11 / 2014