Bei der Leptospirose handelt es sich um eine Zoonose mit weltweiter Verbreitung. Der Erreger ist ein gram-negatives, schraubenförmiges Bakterium aus der Gruppe der Spirochäten. Pathogene und apathogene Spezies coexistieren in der Umwelt und sind eng an unterschiedliche Wirbeltier-Reservoirwirte adaptiert, die den Erreger mit dem Urin ausscheiden. Weltweit sind Leptospiren bei mehr als 150 Säugetierarten beschrieben, Hunde werden überwiegend durch die Spezies Leptospira interrogans infiziert. Pathogene Leptospiren werden aufgrund unterschiedlicher Zusammensetzung der Kohlenhydratkomponente der bakteriellen Lipopolysaccharide in Serovare eingeteilt, die wiederum zu Serogruppen zusammengefasst sind. Obwohl seit den siebziger Jahren bivalente Impfstoffe gegen die Serovare L. icterohaemorraghiae und L. canicola erhältlich sind, ist die Zahl der Erkrankungen angestiegen, so dass vermutlich weitere Serovare an der Infektion beteiligt sind.
Klinische Symptomatik
Die klinische Manifestation der Leptospirose ist sehr komplex und variabel und hängt sowohl von der Pathogenität des infizierenden Serovars, der Immunantwort des Wirtes als auch von der Menge der aufgenommenen Bakterien ab. Leptospiren werden durch direkten Kontakt (Wasser, Urin, kontaminierte Erde, Bisswunden, Plazenta) übertragen sowie durch orale Aufnahme infizierter Gewebe (Nager). Sie vermehren sich bereits am 1. Tag nach der Infektion im Blut des Wirtes und besiedeln Leber, Nieren, Lungen, Milz, ZNS und die Augen. Die Symptome variieren je nach Organmanifestation von schwerer Symptomatik bis zu milder, unspezifischer Symptomatik. Häufig auftretende Symptome sind Fieber, Anorexie Apathie, Ikterus, Hepatitis, Gerinnungsstörungen, Polydipsie/Polyurie, Vomitus, Nierenversagen, Husten und Dyspnoe.
Diagnose
Die serologische Standardmethode zum indirekten Erregernachweis ist der Mikro-Agglutinationstest (MAT). Serienverdünnungen des Patientenserums werden mit lebenden Leptospirenserovaren inkubiert und anschließend wird eine eventuell auftretende Agglutination als Ausdruck einer Ag/Ak-Reaktion mikroskopisch beurteilt. Ein ≥ vierfacher Antikörperanstieg (≥1:400) gegen ein Impfserovar wird als ebenso beweisend für eine Infektion angesehen, wie ein hoher Titer gegen ein Nicht-Impfserovar. Zusätzlich finden sich bei einem erkrankten Patienten je nach Organmanifestation auch Anstiege der Leberenzyme, veränderte Nierenwerte, Leukozytosen mit Linksverschiebung, Thrombozytopenien sowie eine DIC. Ein direkter Erregernachweis mittels PCR aus Urin kann ebenfalls geführt werden. Er ist nur im positiven Fall beweisend und kann eingesetzt werden um asymptomatische Carrier zu identifizieren. Die Urin-PCR kann bei Patienten, die hoch dosiert Antibiotika erhalten zu falsch negativen Ergebnissen führen.
Serovarprävalenz bei 3907 Hunden
Von 2009 bis 2011 wurden bei LABOKIN mehr als 35000 MATs bei 3907 Hunden durchgeführt. Impfstatus oder Krankheitshistorie der Tiere waren nicht bekannt. Die getesteten Serovare waren: L. icteriohaemorraghiae, L. canicola, L. pomona, L. grippotyphosa, L. bratislava, L. autumnalis L. saxkoebing, L. australis und L. seroje. Dabei lieferten 2009 ca. 10%, 2010 ca. 11% und 2011 12% aller Proben positive Ergebnisse (Titer ≥ 1:400). Bei allen positiven Proben wurden am häufigsten Antikörper gegen L bratislava, L. icterohaemorraghiae und L. australis nachgewiesen, wobei dynamische Frequenzverschiebungen festgestellt wurden. Waren 2009 die am häufigsten positiv getesteten Serovare L. bratislava (~25%), > L. icterohaemorraghiae (~21%) > L. australis (~14%), so verschob sich die Frequenz 2010: L. Bratislava (~24%) > L. Australis (~18%) > L. icterohaemorraghiae (~14%) und 2011 zu L. icterohaemorraghiae (23%) > L. bratislava (~20%) > L. australis (~18%). Die Antikörperprävalenz von L. grippotyphosa variierte in den Jahren 2009 und 2010 geringfügig (8.5% > 8.1%) und sank 2011 auf 5.5%. Der Anteil der gegen das Serovar Saxkoebing positiv getesteten Proben lag nahezu unverändert bei ca. 5%, mit einem vorübergehenden Anstieg im Jahr 2010 auf 8%. Positive Antikörpertiter gegen das (Impf) Serovar L. canicola stiegen von 5% (2009) auf knapp 8% im Jahr 2011 an. Keiner der getesteten Hunde hatte positive Antikörpertiter gegen das Serovar L. seroje.
Weitere Ergebnisse
Die höchsten Antikörperspiegel (1:3200) wurden gegen L. bratislava,> L. autumnalis > L. australis > L. icterhaemorraghiae detektiert, wobei auch hier dynamische Frequenzänderungen beobachtet wurden. Während in den Jahren 2009 – 2011 die Zahl der Hunde, die gegenüber nur einem Serovar seropositiv waren nahezu unverändert blieb (~4%), stieg die Zahl der Hunde, die seropositiv gegenüber zwei Serovaren waren, geringfügig, aber stetig an (1.3% in 2009 auf 2.1% in 2011) Seropositivität gegen drei und ≥ vier Serovare wurde ebenfalls nachgewiesen (dreifach: 0.3%, ≥ vierfach: 0.6%).
Zusammenfassung
Es wird berichtet, dass L. grippotyphosa und L. saxkoebing in Süddeutschland zu den häufigsten Verursachern der Leptospirose beim Hund gehören. Demgegenüber wird als häufigster Erreger im Osten Deutschlands das Serovar L pomona beschrieben. Positive Antikörpertiter gegen beide Serovare konnten in unserem Patientenmaterial eher selten nachgewiesen werden. Ebenso waren positive Antiköpertiter (≥1:400) gegen das Impfserovar L. canicola selten. Allerdings wurde bei den Impfserovaren L. canicola und L. icterohaemorraghiae die größte Anzahl niedriger Antikörpertiter (≤1:200) detektiert. Berücksichtigt man die Höhe der detektierten Antikörperspiegel sowie die Häufigkeit des Auftretens positiver Antikörpertiter gegen die Wild-Serovare Bratislava, Australis und Autumnalis, kann man vermuten, dass eine Kreuzreaktivität mit den Impfserovaren (Canicola, Icterohaemorraghiae/ Copenhageni), möglich, aber unwahrscheinlich ist. Daher ist anzunehmen, dass weitere Serovare an der Entstehung der Infektion beteiligt sind, die bisher als eher ‚selten‘ betrachtet wurden. Für den Praktiker sollte daher die Leptospirose weiterhin als wichtige Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden, wenn ein Patient trotz Leptospiroseimpfung verdächtige klinische Symptome aufweist.
04 / 2013