Die Ursache für intestinale Symptome wie Inappetenz, Erbrechen, Abmagerung und Durchfall bei Katzen können neben Entzündungen des Magendarmtraktes (Gastritiden und Enteritiden) und extraintestinalen Erkrankungen (z. B.: Pankreatitis, Nephropathien) auch Darmtumore sein (Abbildung 1). Zur diagnostischen Aufarbeitung in solchen Fällen, insbesondere hinsichtlich der Lokalisation, dem Ursprungsorgan und der Ausdehnung der intraabdominalen Masse, sind bildgebende Untersuchungen oder auch eine Laparatomie hilfreich. Letztere ermöglicht eine gleichzeitige Entnahme von Proben zur histologischen Untersuchung und weiterführenden Diagnostik.
Eine Unterscheidung von entzündlichen und neoplastischen Prozessen ist makroskopisch allein nicht möglich. Intestinale Neoplasien können als solitäre, gut umschriebene Umfangsvermehrungen oder als diffuse, schlecht abgrenzbare Verdickungen der Darmwand vorkommen. Insbesondere bei Katzen treten auch Entzündungsprozesse bzw. nicht-neoplastische Läsionen auf, die als noduläre Massen erscheinen (z. B. die feline, eosinophile, gastrointestinale, sklerosierende Fibroplasie). Eine histologische Untersuchung ist zur Diagnosestellung deshalb zwingend erforderlich.
Dabei muss je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung der Klinik und funktioneller Aspekte (Darmpassage) abgewogen werden, ob Biopsien entnommen oder die komplette Umfangsvermehrung entfernt werden soll. Eine zytologische Untersuchung ist hinsichtlich der diagnostischen Aussagekraft gegenüber der Histologie unterlegen und wird bei solchen Fragestellungen nicht empfohlen.
Selbst in Fällen in denen intra operationem ein intraluminaler bzw. intraläsionaler Fremdkörper gefunden wird, ist eine Histologie dringend angeraten, da Neoplasien und intestinale Fremdkörper bei Katzen gelegentlich gleichzeitig vorkommen können.
Die histologische Untersuchung ermöglicht außerdem die Bestimmung der Tumorart und Dignität. Es wird angeraten gleichzeitig Proben von den regionalen Lymphknoten zu entnehmen (auch wenn diese sich makroskopisch unverändert darstellen), um eine Lymphknotenbeteiligung histologisch abzuklären. Je nach klinischen Befunden kann zusätzlich eine Untersuchung von Leberbiopsien sinnvoll sein.
Im Rahmen einer eigenen Studie wurden Proben von insgesamt 1411 Fällen aus dem felinen Gastrointestinaltrakt ausgewertet, die von 2013 bis 2017 zur histologischen Untersuchung zu Laboklin eingesandt wurden. Eingeschlossen wurden nur Fälle bei denen Rasse, Alter, Geschlecht des Patienten und die Entnahmelokalisation bekannt waren. Bei 20,8 % der eingesandten Proben fanden sich Darmtumore (293 Fälle). Die Verteilung der Tumorarten ist in Abbildung 2 dargestellt.
Hinsichtlich der Altersverteilung wurde die Mehrzahl der gastrointestinalen Lymphome etwa gleich verteilt bei mittelalten (6 bis 10 Jahre) und alten (älter als 10 Jahre) Katzen diagnostiziert, während andere Tumorarten häufiger bei Patienten über 10 Jahren auftraten. Rassedispositionen ließen sich in der eigenen Studie nicht ableiten. In der Literatur sind in einigen Untersuchungen Siamkatzen überrepräsentiert.
Gastrointestinale Lymphome stellen den größten Anteil der Neoplasien im Verdauungstrakt von Katzen dar. Im eigenen Untersuchungsgut waren 75% der gastrointestinalen Tumore Lymphome. Eine große, epidemiologische, retrospektive Studie aus den USA wertete klinische Fälle von felinen Dünn- und Dickdarmtumoren aus, die über 40 Jahre in einer veterinärmedizinischen Datenbank gesammelt wurden (Rissetto et al. 2011). Der Anteil von Lymphomen in dieser Studie (Rissetto et al. 2011) war mit 47% deutlich geringer. Als Ursachen für diesen Unterschied sind modernere, sensitivere, diagnostische Möglichkeiten, der Einfluss der FeLV-Impfung und unterschiedliche Studienpopulationen zu diskutieren.
Die Mehrzahl der gastrointestinalen Lymphome der Katze kommen im Dünndarm vor (69% in der eigenen Studie, 59% bei Rissetto et al. 2011).
Eine histologische Untersuchung ist für die Diagnostik dieser Tumore von großer Bedeutung. Die diagnostische Aussagekraft hängt dabei aber stark von der Entnahme repräsentativer und qualitativ adäquater Proben ab. Insbesondere kleinzellige, gut differenzierte, gastrointestinale Lymphome können in endoskopisch entnommenen Schleimhautbiopsien nicht immer klar von chronischen Entzündungsprozessen abgegrenzt werden. Deshalb wird die Untersuchung transmuraler Proben empfohlen, die auch eine Infiltration tieferer Gewebeschichten erkennen lässt, was bei endoskopisch gewonnenen Schleimhautbiopsien nicht der Fall ist.
Mittels histologischer Untersuchung erfolgt darüber hinaus auch die Bestimmung der Wuchsform (nodulär/follikulär, diffus), der Tumorzellmorphologie (kleinzellig, intermediärzellig oder großzellig) sowie des Mitoseindex. Es existieren in der Literatur für intestinale Lymphome unterschiedliche Klassifikationen und Nomenklaturen sowie mehrere Gradingsysteme, die histologische Merkmale wie Zellmorphologie und Mitoseindex berücksichtigen. Die Verwendung der Gradingsysteme ist in den Studien jedoch uneinheitlich. Anatomische Lokalisation sowie histologische Wuchsform und Zellmorphologie haben jedoch im Kontext mit der immunhistologischen Bestimmung des Zellursprungs (B- oder T-Zelllymphom, Abbildung 3) prognostische Relevanz.
Eine molekularbiologische Bestimmung der Lymphozytenklonalität (PARR) ist als zusätzliche Diagnostik prinzipiell möglich, gestaltet sich jedoch aufgrund der bestehenden Limitationen insbesondere bei der Katze schwierig (Schädigung der DNA durch Fixation und Paraffineinbettung, Inhibitoren, hoher Prozentsatz von falsch negativen Ergebnissen v.a. bei Katzen).
Im Verdauungstrakt von Katzen kommen sowohl T- als auch B-Zelllymphome vor. Im Dünndarm werden am häufigsten kleinzellige T-Zelllymphome der Mukosa und transmurale, großzellige T-Zelllymphome gefunden, wobei ersteren eine längere Überlebenszeit zugeschrieben wird. Großzellige B-Zelllymphome kommen bei der Katze v.a. im Magen und im Bereich des ileocaecalen Übergangs vor und sind prognostisch ungünstiger.
Die zweithäufigste Neoplasie im Magendarmtrakt von Katzen sind intestinale Karzinome. Während in den eigenen Untersuchungen in 18 % der Fälle Karzinome diagnostiziert wurden, war der Anteil dieses Tumortyps in einer anderen Studie mit 32 % deutlich höher (Rissetto et al. 2011). Etwa zwei Drittel der felinen Karzinome fanden sich in unserer Untersuchung im Dickdarm oder am ileocaecalen Übergang. Ein Drittel der Karzinome war im Dünndarm lokalisiert und nur ein Karzinom wurde im Magen gefunden.
Histologisch zeigen feline Darmkarzinome unterschiedliche Wuchsformen (beispielsweise tubulär, solide, muzinös, skirrhös), die jedoch keine prognostische Relevanz haben sollen.
In unseren Untersuchungen waren nur bei 19% der Fälle die Resektatränder (lateral und serosal/mesenterial) sicher frei von Tumorzellen. Eine neuere Studie (Morrice et al. 2019) empfiehlt für die Entfernung von nicht-lymphozytären Tumoren im Darmtrakt von Katzen einen Abstand von mindestens 4 cm vom palpablen Tumorrand in alle Richtungen.
Laut Literatur besteht eine Metastasierung in die regionären Lymphknoten oder die Bauchhöhle bei felinen, intestinalen Karzinomen in den meisten Fällen bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose.
In den untersuchten Fällen der eigenen Studie war nur bei 40 % Lymphknotengewebe in den Proben enthalten. Bei etwa der Hälfte waren Metastasen festzustellen (Abbildung 4). Eine Entnahme der Lymphknotengewebe wird dringend angeraten. Die Prognose für intestinale Karzinome bei Katzen ist insgesamt ungünstig. Es werden variable Überlebenszeiten von mehreren Wochen bis Jahren berichtet.
Sarkome fanden sich in 4 % der hier untersuchten Tumorfälle und waren damit häufiger als in einer anderen Studie (1 % bei Rissetto et al. 2011). Die Sarkome kamen in unserer Untersuchung gleich verteilt in Dünn- und Dickdarm vor. Da in der Standardübersichtsfärbung die genaue Differenzierung des Zellursprunges bei diesen Tumoren nicht möglich ist, wird eine zusätzliche Immunhistologie empfohlen. Unter Verwendung verschiedener Marker können so Leiomyosarkome, gastrointestinale stromale Tumore (GISTs ausgehend von den Cajalzellen), neurogene Sarkome ausgehend von Schwannzellen und Fibrosarkome differenziert werden.
Leiomyosarkome sind bei Katzen insgesamt selten, kommen aber häufiger vor als GISTs, die nur in Einzelfällen beschrieben sind. Größere Untersuchungen zu Überlebenszeiten gibt es für diese Darmtumore bei Katzen nicht. Auch Hämangiosarkome können im Magendarmtrakt von Katzen vorkommen und sind prognostisch ungünstig.
Mastzelltumore machten in der vorliegenden Untersuchung etwa 3% der felinen intestinalen Neoplasien aus. Dieser Anteil ähnelt den Ergebnissen einer anderen Studie (4% bei Rissetto et al. 2011). Die Mastzelltumore in unserer Untersuchung fanden sich fast alle im Dünndarm. Nur ein Mastzelltumor war im Magen lokalisiert. Mastzelltumore des Magendarmtaktes sind aggressiver als feline kutane Mastzelltumore und haben eine schlechte Prognose mit Überlebenszeiten von wenigen Monaten. Da disseminierte Mastzelltumore bei Katzen auftreten können, sollte auch immer einer Beteiligung von anderen Organen wie Leber, Milz und Mesenterium und Lymphknoten abgeklärt werden.
Polypen, die als nicht-neoplastische Läsionen eingestuft werden, fanden sich bei 13 Katzen (0,92 % aller eingesandten Gewebe). Sie kamen damit in dieser Untersuchung ähnlich häufig vor wie zum Beispiel Sarkome und Mastzelltumore und müssen deshalb als Differentialdiagnose bei gastrointestinalen Massen Beachtung finden.
Fazit: Bei raumfordernden Prozessen im Bauchraum kann es sich um Entzündungen oder Neoplasien des Magendarmtrakts handeln, die histologisch differenziert werden sollten. Lymphome, weit gefolgt von Karzinomen, sind die häufigsten gastrointestinalen Neoplasien bei Katzen. Eine histologische Untersuchung an adäquatem Probenmaterial ist für die Diagnosestellung, die Beurteilung der Resektatränder und regionären Lymphknoten sowie die prognostische Einschätzung und die Therapieplanung essenziell. Immunhistologische Untersuchungen können zur weiteren Differenzierung von gastrointestinalen Lymphomen und Sarkomen sinnvoll sein.