Das feline Asthma gehört mit dem felinen atopischen Hautsyndrom (feline atopic skin syndrome, FASS), das die kutanen Reaktionsmuster der Katze wie die miliare Dermatitis, den eosinophilen Granulom-Komplex, die selbstinduzierte Alopezie und Kopf-/Halsjuckreiz beinhaltet, zur Gruppe des felinen atopischen Syndroms (FAS). Letztere fasst die allergischen Erkrankungen der Katze zusammen. Diese Nomenklatur wurde erst kürzlich neu etabliert. Das feline Asthma ist als eine chronische Erkrankung mit eosinophiler Entzündungsreaktion gegen Inhalationsallergene definiert.
Diese betrifft die Bronchiolen und führt zu einer spontanen, reversiblen Bronchokonstriktion, welche sich durch akute Atemnot oder chronischen Husten und exspiratorische Dyspnoe manifestieren kann (1).
Pathogenese
Asthma ist eine recht häufig vorkommende ( je nach Literaturstelle sind 1 – 5% der Katzenpopulation betroffen), inflammatorische Erkrankung der unteren Atemwege. Vorwiegend junge Katze sind betroffen, das mittlere Alter bei Beginn der Symptome liegt zwischen 0,5 und 4,5 Jahren (2, 3). Die Ähnlichkeit des felinen Asthmas zum humanen Asthma ist sehr stark, was die Katze zu einem Modell für humane Studien macht. Viele Informationen über die Pathogenese, Diagnostik und Therapie dieser Erkrankung stammen aus solchen experimentell allergeninduzierten Modellen.
Das feline Asthma wird durch eine Typ-1-Überempfindlichkeitsreaktion auf Aeroallergene (Hausstaub- und Vorratsmilben, Pollen, Pilzsporen, Schuppen tierischen Ursprungs) ausgelöst. Diese führt zur Aktivierung und Differenzierung der Allergen-spezifischen TH2-Zellen, die eine Entzündungsreaktion und die Produktion von IgE bewirken. Nach der Sensibilisierung kommt es durch die wiederholte Inhalation der Allergene zu klinischen Symptomen. An Mastzellen und basophile Granulozyten gebundenes IgE wird Allergen-getriggert aktiviert und führt zur Degranulation, eine Entzündungskaskade wird ausgelöst und eosinophile Granulozyten wandern in die Lunge ein (4). Diese immunologischen Reaktionen führen langfristig zur chronischen Entzündung der Atemwege, welche von eosinophilen Granulozyten dominiert wird. Es kommt zu einer Verdickung der Atemwegsepithelien, zu Metaplasien und Schleimhautschädigungen. Die Übererregbarkeit und die Obstruktion der Bronchien führen zu einer Ventilfunktion und damit zum sogenannten „Air Trapping“: Luft kann bei der Exspiration nicht mehr entweichen und lebensbedrohliche Bronchospasmen können ausgelöst werden (3).
Klinische Symptome
Klinische Symptome des felinen Asthmas treten akut oder chronisch auf. Eine Katze mit Asthma kann mit akuten Symptomen wie Dyspnoe, Maulatmung, Hyperpnoe, Tachypnoe, Kollaps und blassen oder zyanotischen Schleimhäuten vorgestellt werden. Chronische Symptome sind Dyspnoe, exspiratorisch giemende Atemgeräusche, chronischer Husten (der häufig als Würgen fehlinterpretiert wird) und Leistungsintoleranz. Bei manchen Katzen ist chronischer Husten das einzige klinische Symptom, Leistungsintoleranz wird häufig bei jungen und aktiven Katzen beobachtet. Bei der Auskultation werden typischerweise exspiratorisch giemende und knisternde Atemgeräusche gehört (2, 3).
Diagnose
Es gibt keinen speziellen Routinetest, um felines Asthma zu diagnostizieren. Die Diagnose wird anhand einer detaillierten Vorgeschichte, klinischen Symptomen, Thorax-Röntgenbildern und bronchoalveolärer Lavage (BAL) inklusive zytologischer und mikrobiologischer Untersuchungen gestellt (Abb. 2). Anders als in der Humanmedizin werden Lungenfunktionsmessungen wie Spirometrie und Plethysmographie aufgrund fehlender (technischer) Verfügbarkeit bzw. fehlender wissenschaftlicher Daten kaum zur Diagnose und zum Monitoring von felinem Asthma eingesetzt. Biomarker (z. B. die Messung von Cysteinyl-Leukotrienen, welche bei Menschen mit Asthma zur Diagnose und Therapiekontrolle eingesetzt werden) wurden bisher nur in experimentellen Studien bei der Katze erforscht (2, 3). Ob diese Biomarker im klinischen Alltag in der Zukunft sinnvoll für die Diagnostik eingesetzt werden können, müssen weitere Studien zeigen (5).
Die wichtigsten Differentialdiagnosen, die ausgeschlossen werden sollten, sind chronische Bronchitis, Parasiten im Respirationstrakt, Herzerkrankungen, Pneumothorax, Liquidothorax, Tumoren, Fremdkörper sowie bakterielle und virale Infektionen (2, 3). Die feline chronische Bronchitis ist vom felinen Asthma abzugrenzen. Sie wird durch vorangegangene Infektionen oder inhalierte, irritierende Substanzen durch Rauch oder Luftverschmutzung verursacht und unterscheidet sich nicht nur in der Ursache, sondern auch im klinischen Verlauf und in der Behandlung vom felinen Asthma (3, 4).
Die zytologische Untersuchung des mittels BAL gewonnenen Materials ist essentiell, um Asthma von einer chronischen Bronchitis und infektiösen Grundursachen unterscheiden zu können. Wird die Katze mit Glukokortikoiden therapiert, empfiehlt sich – wenn möglich – eine Absetzfrist von mindestens 48 Stunden vor der Untersuchung. Eine BAL wird bronchoskopiegestützt oder blind durchgeführt. Die gewonnene Probe sollte bis zur Aufbereitung gekühlt und innerhalb weniger Stunden niedertourig abzentrifugiert werden, um unmittelbar darauf Sedimentausstriche anzufertigen.
Während bei der chronischen Bronchitis neutrophile Granulozyten vorherrschend sind, ist Asthma durch eine eosinophile Entzündung charakterisiert; sind mehr als 20% der Zellen (6) – wobei sich hier die Studienergebnisse unterscheiden – eosinophile Granulozyten, spricht man von einer bronchialen Eosinophilie (Abb. 3).
Eine Untersuchung auf Mykoplasmen wird empfohlen, diese erfolgt mittels PCR. Allerdings ist die klinische Bedeutung von Mykoplasmen bei felinen Bronchialerkrankungen noch nicht vollständig geklärt. Rein virale Pneumonien treten bei der Katze sehr selten auf, Caliciviren und feline Herpesviren können diese verursachen und mittels PCR nachgewiesen werden. Asthmatische Katzen zeigen häufig eine Eosinophilie bei der hämatologischen Untersuchung. Des Weiteren sollte eine Kotuntersuchung durchgeführt werden, um einen Befall mit Lungenparasiten auszuschließen. Das Baermann-Wetzel-Verfahren ist die Methode der Wahl zum Nachweis von Aelurostrongylus abstrusus, dem wichtigsten Lungenwurm bei Katzen in Mitteleuropa (Abb. 4). Aufgrund der intermittierenden Ausscheidung der Larven erhöht eine Sammelkotprobe die diagnostische Aussagekraft. Eine Flotation zum Nachweis anderer Lungenparasiten (z. B. Capillaria aerophilia) und wandernder Larven (z. B. Toxocara cati) wird ebenfalls empfohlen (2, 3). Zusätzlich sollte in endemischen Gebieten eine Infektion mit Dirofilaria immitis ausgeschlossen werden. Da ein negatives Ergebnis der Kotuntersuchung aufgrund einer intermittierenden Ausscheidung der Parasiten eine Infektion nicht ausschließt, wird eine empirische antiparasitäre Behandlung empfohlen (5).
Allergietests sind indiziert, um die triggernden Umweltallergene zu identifizieren und eine Allergen-spezifische Immuntherapie (ASIT, Hyposensibilisierung) herstellen zu können. Es gibt die Möglichkeit intradermaler und serologischer Allergietests. Serologische Tests auf Allergen-spezifisches IgE werden von vielen Tierärzten bei der Katze bevorzugt, da sie einfacher durchführbar sind und die Ergebnisse eines intradermalen Tests aufgrund der schwachen Reaktionen bei dieser Tierart schwieriger zu interpretieren sind. Serologische Allergietests (ELISA) detektieren das Vorhandensein und die Menge von zirkulierenden allergenspezifischen IgE-Antikörpern. Laboklin benutzt hierfür den Fce-Rezeptor-Test (2, 3). Eine Studie mit Katzen und experimentell induziertem Asthma zeigte, dass der Fce-Test eine vergleichbar hohe Spezifität wie der intradermale Test hatte und für die Selektion der Antigene für eine ASIT gut geeignet war (7). Die häufigsten bei Asthma involvierten Allergene sind Hausstaubmilben (Dermatophagoides farinae, Dermatophagoides pteronyssinus), Vorratsmilben (Acarus siro und Tyrophagus putrescentiae) und Pollen.
Beachtenswert sind die empfohlenen Absetzfristen vor der Durchführung serologischer Allergietests: bei oralen Glukokortikoiden 8 Wochen, bei inhalativen Glukokortikoiden 2 – 4 Wochen und bei Kortikosteroiden mit Depotwirkung 12 Wochen (2, 3).
Therapie
Akute Symptome bedürfen einer Notfallbehandlung und sprechen normalerweise gut auf die kombinierte Therapie mit Glukokortikoiden, Bronchodilatatoren und Sauerstoff an (2).
Die langfristige, symptomatische Therapie des felinen Asthmas wird mittels Glukokortikoiden und Bronchodilatatoren durchgeführt, welche systemisch oder per Inhalation verabreicht werden (8). Eine Kontrolle mithilfe wiederholter BAL-Zytologie kann empfehlenswert sein, um den Therapieerfolg zu messen. Die symptomatische Therapie verhindert allerdings nicht die immunologische Reaktion und die damit einhergehenden chronischen Umbauvorgänge, die zu eingeschränkter Lungenfunktion führen. Therapieansätze, welche bei der zugrundeliegenden immunmediierten Pathologie ansetzen, werden seit einigen Jahren erforscht (3, 5).
Die Vermeidung der auslösenden Allergene ist zweifelsfrei die beste aller Therapieformen – aber in den meisten Fällen nicht durchführbar. Die ASIT wird zur Behandlung von felinem Asthma empfohlen. Die Therapie kann die allergische Reaktion verhindern und eine immunologische Toleranz gegenüber den auslösenden Allergenen bewirken (5). Die ASIT ist bisher die einzige Therapie, die kausal in die Pathogenese eingreifen kann. Aus jenen Allergenen, auf welche die Katze im Allergietest positive Reaktionen gezeigt hat und die mit dem Vorbericht und den klinischen Symptomen korrelieren, wird eine individuelle Therapielösung hergestellt, die in protokollabhängigen Intervallen subkutan appliziert wird. Studien mit experimentell induziertem Asthma bei Katzen deuten darauf hin, dass eine ASIT die klinischen Symptome mildern und die Anzahl eosinophiler Zellen in der BAL reduzieren kann (8). Eine klinische Studie, die die Effektivität der ASIT zur Therapie des felinen Asthmas evaluiert hat, zeigte, dass 67% der Katzen mit ASIT als alleinige Therapie symptomlos waren. Bei den restlichen Katzen wurde eine Verbesserung der Symptome berichtet, diese benötigten zusätzlich Glukokortikoide und Bronchodilatatoren 2 – 3-mal wöchentlich (9). Vor allem zu Beginn der Hyposensibilisierung ist häufig eine begleitende symptomatische Behandlung nötig, die aber möglichst niedrig dosiert sein sollte, damit die Symptome nicht ganz unterdrückt, sondern nur abgemildert werden. Dies ist wichtig, weil das Therapieprotokoll der ASIT manchmal individuell angepasst werden muss und der Grad der klinischen Symptome dafür ein wichtiger Indikator ist. Werden die Symptome aber komplett unterdrückt, kann die Notwendigkeit einer Anpassung des Protokolls nicht erkannt werden. Ist die Hyposensibilisierung erfolgreich, sollte sie lebenslang durchgeführt werden.
Ciclosporin, Oclacitinib, Antihistaminika und essentielle Fettsäuren, wie sie bei FASS eingesetzt werden, sind als Therapie von Asthma bei der Katze wenig erforscht und es gibt zurzeit nicht genügend Daten, um deren Einsatz empfehlen zu können. Des Weiteren könnten inhalatives Lidocain, wie es bei humanem Asthma eingesetzt wird, oder intravenös verabreichte mesenchymale Stammzellen Therapieansätze der Zukunft sein (8).
Fazit
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass experimentelle Studien wesentlich dazu beigetragen haben, die Erkrankung des felinen Asthmas von anderen Erkrankungen der unteren Atemwege unterscheiden zu können. Klinische Studien mit größeren Fallzahlen, welche zielgerichtete Therapien wie die ASIT bezüglich der allergischen Kaskade untersuchen, sind bisher sehr rar gesät und wären eine wichtige Grundlage für therapeutische Möglichkeiten des felinen Asthmas in der Zukunft.
Dr. med. vet. Elisabeth Reinbacher
Literatur
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