Durchfallerkrankungen stellen bei Kleinsäugern ein häufig vorkommendes Problem dar. Wie auch bei anderen Tierarten ist Durchfall gekennzeichnet durch Kotabsatz mit erhöhtem Wassergehalt und/oder erhöhter Frequenz. Gerade bei Kaninchen kommt es allerdings seitens des Besitzers nicht selten zur Verwechslung von Blinddarmkot und Durchfall – typischer Vorbericht hierbei ist „intermittierender Durchfall“. Fehlinterpretationen können auch bei adipösen, geschwächten und/oder ataktischen/paretischen Tieren vorkommen, die nicht in der Lage sind, ihren Blinddarmkot aufzunehmen, sowie bei Verunreinigungen der Anogenitalregion durch Harn.
Die Ursachen von Durchfall sind vielfältig, lassen sich bei gründlicher und strukturierter diagnostischer Aufarbeitung jedoch gut ermitteln. Zunächst sollte immer eine komplette Anamnese (Dauer, Verlauf, Menge, Beimengungen) erstellt werden, gefolgt von einer vollständigen klinischen Untersuchung (Gewicht, Adspektion, Auskultation, Palpation). Zum Ausschluss gastrointestinaler Ursachen bietet eine gezielte Kotuntersuchung die beste diagnostische Möglichkeit und ist somit Mittel der Wahl bei der Aufarbeitung einer Durchfallerkrankung. Wenn Verdacht auf extragastrointestinale Ursachen (organisch, metabolisch-toxisch, neoplastisch) besteht, sollte eine hämatologische Blutuntersuchung sowie eine Bestimmung der klinisch-chemischen Parameter erfolgen und es sollten ggf. bildgebende Verfahren herangezogen werden (Abb. 1).1
Kotuntersuchung
Die Gewinnung von Kotproben ist denkbar einfach. Um ein leichteres Absammeln zu gewährleisten, sollte möglichst wenig saugende Einstreu verwenden werden. Zur Einsendung in ein Labor ist es sinnvoll, geeignete Probengefäße zu verwenden (1 Probenröhrchen pro Tier, ca. ¾ gefüllt) und diese in einer entsprechenden Umverpackung zu versenden, um einen hygienischen Versand zu gewährleisten (Abb. 2).
Diagnostische Möglichkeiten in der Praxis/Frischkot
Sie können in der Praxis schon erste Hinweise auf die Durchfallursache erhalten, wenn Sie zum einen eine makroskopische Kotuntersuchung (tierartspezifische Größe und Form sowie Farbe, Konsistenz und Beimengungen) durchführen und zum anderen die frische (!) Kotprobe mikroskopisch direkt vor Ort untersuchen.
Nativpräparat
Beim Nativpräparat reicht in der Regel eine erbsengroße Menge Frischkot aus. Mit – im Idealfall warmer – physiologischer Kochsalzlösung oder Wasser wird eine Kotsuspension hergestellt. Für die mikroskopische Betrachtung wird ein Tropfen hiervon auf einen Objektträger verbracht und mit einem Deckgläschen abgedeckt. Eine Untersuchung aus geringerer Probenmenge ist zwar generell möglich, birgt jedoch das Risiko einer reduzierten Sensitivität.
Im Nativpräparat lassen sich Hefen, wie zum Beispiel Cyniclomyces guttulatus, sowie Einzeller (Tab. 1) und vereinzelt auch Wurmeier sehr gut nachweisen.
Eine der häufigsten Durchfallursachen ist die Dysbiose – eine Verschiebung der eher grampositiven Darmflora hin zu vermehrt gramnegativen Bakterien, Clostridien und Hefen. Ursachen sind oftmals diätischer Natur (nicht artgerechte Fütterung mit dadurch bedingtem Rohfasermangel und/oder Kohlenhydratüberschuss), Zahnfehlstellungen jeglicher Art oder auch Parasitosen. Ein erster und schneller Hinweis auf einen dysbiotischen Zustand ist das vermehrte Auftreten von Hefen (>15/Gesichtsfeld) in der 100-fachen Vergrößerung.
Flagellaten, wie Giardien, sind zwar im Frischkot diagnostizierbar, allerdings sehr selten zu finden. Entsprechende Befunde in Frischkotproben sind nur im positiven Fall beweisend. Ein geeigneteres Testverfahren hierfür ist ein Giardien-ELISA.
Tab. 1: Endoparasiten bei Kaninchen und Meerschweinchen
Kaninchen | Meerschweinchen | |
---|---|---|
Einzeller | Eimeria-spp.-Oozysten Giardien mit Trophozoiten und Zysten (sehr selten, kaum klin. Bedeutung) |
Eimeria-caviae-Oozysten Giardien mit Trophozoiten und Zysten (sehr selten, kaum klin. Bedeutung) Physiologische Darmkommensalen (Trichomonas caviae, Entamoeba caviae, Balantidium coli) |
Nematodeneier | Passalurus ambiguus (meist asymptomatisch) Strongyliden (Graphidium strigosum, Trichostrongylus retortaeformis) Strongyloides spp., Trichuris leporis |
Paraspidodera uncinata Trichuris gracilis |
Zestodeneier | Anaplocephalidae (selten) |
Hymenolepis nana, Hymenolepis diminuta (selten) |
Trematodeneier |
Fasciola hepatica |
Klebestreifenmethode
Die Klebestreifenmethode – Abklatsch vom Perianalbereich mittels Klebestreifen – ist eine schnelle und einfache Untersuchungsmethode, die ebenso vor Ort durchgeführt werden kann. Sie empfiehlt sich v.a. zum Nachweis von Oxyureneiern und -larven (Passalurus ambiguus). Der Nachweis mittels Flotation fällt oft negativ aus, da Oxyureneier aufgrund ihrer hohen Dichte die Tendenz haben zu sinken. Mitunter sind jedoch Larvenfragmente von Passalurus ambiguus in der Flotation zu finden.
Sammelkot
Eine Sammelkotprobe von 3 Tagen erhöht generell die Sensitivität der Kotuntersuchung auf Parasiten (Ausnahme Flagellaten). Bei der Einsendung von Kaninchen oder Meerschweinchenkotproben stehen unterschiedliche Testverfahren zur Verfügung: Flotation, Sedimentation (SAFC-Verfahren), bakteriologische Untersuchung, Giardien-ELISA und die PCR (erregerspezifisch).
Flotation
Das Testprinzip der Flotation basiert darauf, dass Parasitenstadien mit geringer Dichte in Lösungen mit höherem spezifischem Gewicht an die Oberfläche transportiert werden.
Diese Untersuchungsmethode eignet sich bei Kaninchen und Meerschweinchen neben der Anreicherung von Kokzidienoozysten auch für die Anreicherung von speziesspezifischen Nematoden- und Zestodeneiern (Tab. 1) und ist mit kommerziell erhältlichen Testkits auch in der Praxis durchführbar.
Sedimentation
Im Rahmen der Sedimentation lagern sich Parasitenstadien mit hoher Dichte in leichterer Lösung im Sediment ab. Mit dieser Untersuchungsmethode können beim Kaninchen v.a. Trematodeneier (Fasciola hepatica, Dicrocoelium dendriticum) nachgewiesen werden. Zum Teil gelingt auch der Nachweis von Nematodeneiern, allerdings ist hier die Flotation aufgrund der höheren Sensitivität zu bevorzugen.
Trematodeneier sind beim Meerschweinchen bisher nicht beschrieben.
Bakteriologische Untersuchung
Die Anzucht von Bakterien im Kot gibt Hinweise auf die Pathogenese und ermöglicht eine gezielte Therapie durch die Erstellung eines Antibiogramms. Kaninchen und Meerschweinchen als herbivore Blinddarmverdauer haben physiologischerweise eine vor allem grampositive Flora mit mehreren hundert verschiedenen Bakterienarten, Hefen, Anaerobiern und Einzellern. Eine Keimdifferenzierung mit nachfolgender Antibiogrammerstellung ist bei ihnen vor allem bei lebensmittelliefernden Tieren sowie bei Verdacht auf humanpathogene Keime angebracht, ist bei den oft diätisch bedingten Dysbiosen sonst aber wenig zielführend.
Verschiebungen hin zur gramnegativen Darmflora sollten immer im Kontext zu Fütterungsfehlern und/oder Parasitosen betrachtet werden. Denn der Nachweis einer bestimmten Bakterienspezies ist kein Beweis dafür, dass diese auch die Durchfallursache ist – ausgenommen hiervon sind pathogene Bakterien (v.a. Toxinbildner) (Tab. 2).
Tab. 2: Pathogene Bakterien beim Kaninchen und Meerschweinchen
pathogene Keime | |
---|---|
Kaninchen | E. coli, Pseudomonas spp., Salmonella spp., Clostridium perfringens, Clostridium spiroforme (Enterotoxämie), Clostridium piliforme (Tyzzer’s disease), Lawsonia intracellularis (proliferative Enteropathie) |
Meerschweinchen | Clostridium piliforme, Lawsonia intracellularis, Salmonella, Yersinia pseudotuberculosis, Listeria monocytogenes Ein geringer Gehalt von E. coli ist physiologisch. |
Polymerase-Kettenreaktion
Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist ein Verfahren zum Nachweis von speziellen Erregern, wie z.B. Lawsonia intracellularis. Vorteil ist die hohe Sensitivität, Nachteil, dass man vorher wissen muss, welchen Erreger man sucht und dass nur ein positives Ergebnis beweisend ist. Ein negatives Ergebnis kann eine Infektion nicht vollständig ausschließen.
Blutuntersuchung
Durchfall bei Kaninchen und Meerschweinchen kann auch extragastrointestinale Ursachen haben. Hierbei können, je nach Tierart, verschiedene Ursachen in Betracht kommen, wie zum Beispiel organische, metabolische oder toxische Störungen sowie Hypovolämien oder Neoplasien (Abb. 1). Eine Blutuntersuchung (Heimtierprofil inklusive großem Blutbild) deckt nahezu alle Differenzialdiagnosen ab und sollte bei vorausgegangener negativer Kotuntersuchung somit zur Standarddiagnostik bei Durchfall gehören.
Im Rahmen der hämatologischen Untersuchung von dysbiotischen Patienten und Patienten mit Durchfall wird oftmals eine sog. Pseudolinksverschiebung (Verschiebung vom lymphozytären zum neutrophilen Blutbild) feststellt. Ein Differentialblutbild kann also auch hier bei der Diagnosestellung helfen. Bei Meerschweinchen deutet eine Leukozytose mit Lymphozytose auf ein Lymphom und eine Eosinophilie auf eine Parasitose als mögliche Durchfallursache hin. Bei Kaninchen ist dies leider nicht der Fall; sie haben zumeist aleukämische Lymphome und zeigen keine Eosinophilie aufgrund von Parasiten.
Auch zur Abklärung von organisch-metabolischen oder endokrinen Durchfallursachen (z.B. Hyperthyreose des Meerschweinchens) ist eine Blutuntersuchung geeignet. Hepatopathien (GLDH, AST, ALT, Bilirubin, Gallensäuren, Triglyceride, Cholesterin) und Nephropathien (Harnstoff, Kreatinin) als Durchfallursache sowie Elektrolytverschiebungen (Na, K, P), Eiweiß- (Gesamteiweiß, Albumin) und/oder Blutverluste (Erythrozytenzahl, Hämatokrit, Gesamteiweiß, Albumin, Harnstoff) lassen sich leicht feststellen.
Eine Blutuntersuchung kann sogar bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Ileus oder Obstruktion mehr als hilfreich sein: Die Glukosekonzentration dient in dem Fall als prognostischer Faktor. Je höher sie ist, umso wahrscheinlicher ist ein Ileus als Ursache und umso schlechter ist die Prognose.2 Wenn man nun noch Natrium zusätzlich in der Interpretation beachtet, kann man eine noch genauere Prognose abgeben, denn zusätzliche Hyponatriämie verdoppelt die Mortalitätsrate.3
Fazit
Die Kotuntersuchung gepaart mit einer hämatologischen und klinisch-chemischen Untersuchung deckt nahezu alle Differenzialdiagnosen einer Durchfallerkrankung ab und kann somit der schnellen und zielgerichteten Therapieeinleitung dienen.
Jana Liebscher