Ausgangslage
Bei unseren Katzen kommt eine Dermatophytose relativ häufig vor. Neben Tieren mit verdächtigen klinischen Erscheinungen wie kreisrundem Haarverlust sind gleichzeitig auch klinisch unauffällige Träger vorhanden, die jedoch für gesunde Tiere als Ansteckungsquelle dienen können. Dermatophyten werden durch Sporen übertragen, die an Haarfragmenten und Hautschuppen anhaften. Diese infektiösen Partikel werden leicht verbreitet und können in der Umgebung unter optimalen Bedingungen über Jahre lebensfähig bleiben.
Bei Katzen wird überwiegend Microsporum canis als Erreger nachgewiesen.
Die betroffenen Katzen können natürlich auch als Infektionsquelle für den Menschen dienen.
Problem
Wird ein Hautpilz als Ursache für eine Fellveränderung in einem Mehrkatzenhaushalt oder einem Tierheim vermutet, muss zunächst der Pilz diagnostiziert werden, um geeignete Therapiemaßnahmen zu treffen. Gleichzeitig ist es wichtig, Hygienemaßnahmen einzuleiten, um den Infektionsdruck zu senken und auch die betreuenden Menschen zu schützen. Diese Maßnahmen bedeuten einen großen Arbeitsaufwand und können erhebliche Kosten verursachen.
Es muss auch dem Besitzer oder Betreiber der Katzenhaltung kommuniziert werden, was an Arbeitsaufwand und Kosten auf ihn zukommt. Um ihn konsequent miteinzubinden, muss ihm eine Prognose gegeben werden.
Vorgehensweise
Es wird zunächst ein allgemeiner Status erhoben: Wie viele Katzen befinden sich in der Haltung? Wie viele hiervon weisen Hautprobleme auf? Dann wird auch eine Erhebung der Haltungsbedingungen vorgenommen: Wie viele Zimmer können die Katzen benutzen? welche Bodenbeläge weisen diese Zimmer auf? Das Inventar (Kratzbäume, Liegestellen etc.) wird begutachtet.
Neuzugänge werden erfasst, ebenso, ob einzelne Tiere in letzter Zeit (1/2 bis 1 Jahr) außer Haus waren. Wie lange danach traten die ersten Probleme auf?
Wurden bei Neuzugängen Quarantänemaßnahmen eingeleitet, bevor diese Tiere in die bestehende Gruppe integriert wurden?
Anschließend wird der allgemeine Gesundheitszustand abgeklärt, dazu gehören auch Impfungen, Entwurmungen und der Einsatz von Antiparasitarika gegen Ektoparasiten. Da Pilzinfektionen verstärkt bei immunsupprimierten Katzen auftreten, sollte evtl. noch der FIV- und FeLV-Status erhoben werden.
Diagnostik zur Statuserhebung
Klinisch Verdächtige werden untersucht, Haare aus dem Randbereich der Veränderung ausgezupft und diese mittels Kultur und/oder PCR gezielt auf Dermatophyten untersucht.
Die Sensitivität beider Verfahren ist vom verwendeten Untersuchungsmaterial abhängig. Das Ergebnis der PCR liegt in der Regel bereits nach 48 Stunden vor, die Kultur benötigt länger, wobei die bei der Katze nachgewiesenen Dermatophytenarten rasch wachsen und bereits nach 3-7 Tagen kultiviert werden können.
Bei klinisch unverdächtigen Tieren wird mittels steriler Zahnbürste das Fell durchgebürstet und die ausgebürsteten Haare werden ebenfalls kulturell und/oder mittels PCR untersucht.
Gruppenbildung
Entsprechend der erhobenen Befunde sollten Gruppen gebildet und diese möglichst räumlich voneinander getrennt gehalten werden:
- Gruppe 1: Klinik positiv und Pilznachweis positiv
- Gruppe 2: Klinik negativ aber Nachweis positiv
- Gruppe 3: Klinisch unauffällige und im Nachweis negative Tiere werden in einen vorher dekontaminierten und desinfizierten Raum verbracht.
Bei Gruppe 1 und 2 müssen dann die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen eingeleitet werden.
Therapie
Zur spezifischen Therapie der betroffenen Tiere kommt die Dekontamination der Umgebung, da es durch kleine befallene Haarstückchen oder Schuppen zu einer weiteren Verbreitung kommen kann.
Dermatophytosen gelten allgemein als selbstlimitierend, wenn das Immunsystem ausreichend gestärkt ist. In Mehrkatzenhaushalten muss in der Regel eine gezielte Therapie eingeleitet werden. Zur systemischen Behandlung ist Itrakonazol bei der Katze zugelassen, dieses wird oral verabreicht. Alternierend folgt einer Woche Gabe eine einwöchige Pause, danach wieder eine Woche lang Applikation. Dieses Schema wird bis zum Ende der Therapie, normalerweise 4 Wochen, fortgesetzt. Auch wenn bei den Dermatophyten bislang eine Resistenzbildung nicht eindeutig belegt ist, können bei vermuteten Resistenzen andere Mittel umgewidmet werden.
Der Einsatz topischer Antimykotika ist erforderlich, um die Sporenlast in den Haaren und den Schuppen zu reduzieren, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Hierzu kann man Enilconazol umwidmen. Die 0,2%ige Lösung wird auf das gesamte Fell und nicht nur auf die veränderten Stellen aufgebracht.
Die Behandlung des Fells sollte über den gesamten Behandlungszeitraum mindestens 2 x in der Woche durchgeführt werden.
Das Scheren des Fells, vor allem bei stark infizierten Tieren sowie bei Langhaarkatzen, kann den Erfolg der topischen Behandlung unterstützen. Sind veränderte Stellen zu erkennen, kann es ausreichen, nur diese auszuscheren. Dabei ist auf persönliche Hygiene zu achten, die verwendeten Scherköpfe müssen desinfiziert werden. Diese Maßnahme sollte nur in einem Raum durchgeführt werden, der leicht zu reinigen und zu desinfizieren ist.
Therapeutische Impfung
In Deutschland stehen für Hunde und Katzen Impfstoffe gegen Dermatophyten zur Verfügung. Sie enthalten inaktivierte Stämme von M. canis allein oder in Kombination mit Stämmen von M. gypseum und Trichophyton spp. Sie schützen aber weder vor Infektion noch vor einer klinischen Erkrankung. Bei geimpften Tieren ist jedoch eine höhere Infektionsdosis nötig, um eine Infektion und Erkrankung auszulösen, und die Impfung führt zu einer weniger schweren Ausprägung der klinischen Erscheinungen.
Desinfektion – Umgebung
Es erfolgt eine sorgfältige Reinigung mit Entfernung vorhandener Haare und Hautschuppen; Sporen und Teile infizierter Haare lassen sich zusätzlich durch Absaugen beseitigen. Zur Desinfektion sollten fungi- und sporizide Mittel ausgebrachte werden. In ausreichender Konzentration und ausreichender Einwirkzeit können sie dann eine optimale Desinfektion der Umgebung bewirken.
Diese Desinfektionsmaßnahme wird zu Beginn der Behandlung eingeleitet und dann für den gesamten Zeitraum der Behandlung konsequent 1 x wöchentlich durchgeführt.
Desinfiziert werden vom Tier frequentierte Bereiche und Flächen wie Liegeflächen, Möbelstücke, Transportkörbe, Böden und Auto sowie mit dem Tier in Kontakt gekommene Gegenstände wie Bürsten, Kämme, Halsbänder, Leinen und Spielzeuge. In Tierheimen darf bei einer Belüftungsanlage oder der Klimakassette der Filter nicht vergessen werden.
Die Desinfektion findet durch Einweichen bzw. Waschen mit geeigneten Desinfektionsmitteln statt.
Mittel der Wahl für die Desinfektion ist Chlorbleiche (Natriumhypochlorit, unterchlorige Säure). Sie wirkt Zellmembran zerstörend und Eiweiß denaturierend, ist schnell wirksam (unter 2 min.), preiswert und unschädlich. Chlorbleiche zerfällt bei Anwendung in Wasser, Sauerstoff und Kochsalz. In höheren Konzentrationen ist sie allerdings schleimhaut- und atemwegsreizend. Handelsübliche Bleiche ist als Konzentrat (ca. 5% NaOCl) in Drogerien und Supermärkten erhältlich. In Apotheken bekommt man bis zu 12%ige NaOCl-Lösung. Natriumhypochlorit ist auch in einer Konzentration von 1:2600 nach nur 5 min. Einwirkzeit noch fungizid. Chlorbleiche ist außerdem das einzige Langzeitdesinfektionsmittel. So werden auch nach 24 Stunden auf die inzwischen abgetrocknete Oberfläche auftreffende Sporen abgetötet.
Vor der Anwendung von Chlorbleiche sollte geprüft werden, ob diese für die zu desinfizierenden Gegenstände, Materialien und Flächen geeignet ist.
Dort wo Chlorbleiche ungeeignet ist, kann alternativ für die Desinfektion von Gegenständen und kleinen Flächen Enilconazol zur Desinfektion verwendet werden. Die empfohlenen Einwirkzeiten für Enilconazol betragen bei glatten Oberflächen 20-30 Minuten, bei absorbierenden Oberflächen 2-3 Stunden (bei Aufbringen mit ca. 30°C und Einwirken bei Raumtemperatur). Großflächiger Einsatz sowie die Verwendung von Enilconazol-Verdampfern (Fogger), wie sie in anderen europäischen Ländern erhältlich sind, sollte vermieden werden.
Regeln während der Therapie
- Kein Zugang und keine Vermittlung von Tieren
- Personal schulen – Hygiene!
- Möglichst kein Besuch
- Unterbrechung des Zuchtprogramms
- Hygiene: Kittel, Überschuhe, getrennt nach den selektierten Bereichen
- Händedesinfektion im infektiösen Bereich
Dauer der Behandlung- Erfolgskontrolle
Die Therapie und Desinfektionsmaßnahmen werden konsequent fortgeführt, bis ein Therapieerfolg gesichert ist. Die Behandlungsdauer beträgt damit mindestens 4-6 Wochen.
In der Regel 4 Wochen nach Behandlungsbeginn oder wenn eine klinische Heilung vorliegt, wird eine Kontrolluntersuchung mittels Kultur und/oder PCR eingeleitet. Dabei ist zu bedenken, dass die PCR auch abgestorbene Dermatophyten nachweist, wenn diese sich noch auf dem Tier befinden.
Wenn keine klinischen Veränderungen mehr zu erkennen sind, wird am besten das Fell abgebürstet. Liegt ein negatives Untersuchungsergebnis vor, kann die Behandlung abgeschlossen werden, bei positivem Ergebnis muss sie fortgeführt werden. Nach 4 Wochen wird erneut eine Kontrolluntersuchung vorgenommen.
Erst wenn zwei negative Ergebnisse mit einem Abstand von 4 Wochen vorliegen, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. In Zuchten und Tierheimen oder bei wiederholten Rezidiven kann es sinnvoll sein, eine dritte negative Probe als Endpunkt der Behandlung festzulegen.
Prävention
Der Kontakt mit einem infizierten Tier oder einer kontaminierten Umgebung stellt das größte Infektionsrisiko dar.
Nicht nur junge, alte oder geschwächte Tiere können sich infizieren, wenn sie mit einem klinisch Erkrankten in Kontakt kommen. In diesem Zusammenhang ist auch an mögliche Vektoren wie z.B. kontaminierte Bürsten, Halsbänder oder Scherköpfe zu denken.
In Katzenpopulationen finden sich sehr häufig asymptomatische Trägertiere. Bei diesen kann es sich um mechanische Träger des Erregers handeln oder tatsächlich infizierte Katzen, die einige Tage oder Wochen später klinische Symptome entwickeln.
Ist ein Tier einer möglichen Infektion ausgesetzt, z.B. im Rahmen von Ausstellungen, beim Aufenthalt in einer Tierpension oder Tierheim, so sollten die Tiere einmalig topisch behandelt werden, bevor sie in den Haushalt/die Zucht (zurück-)kommen und mit Menschen oder anderen Tieren Kontakt haben und diese infizieren können. Parallel sollte eine Desinfektion von Transportkorb, Decken, Halsbändern usw., mit denen das Tier Kontakt hatte, wie oben angegeben vorgenommen werden.
Der prophylaktische Einsatz von systemischen Antimykotika hat sich bei Studien am Menschen als unwirksam erwiesen.
In Zuchten sowie in Tierheimen stellt die Aufnahme eines infizierten Tieres in den Bestand das größte Infektionsrisiko dar. Es sollte daher stets eine Untersuchung auf eine Dermatophyten-Infektion erfolgen. Das Tier bleibt solange in Quarantäne, bis ein negatives Ergebnis (PCR und/oder kulturell) vorliegt. Ein Tier ohne klinische Symptome mit positivem Laborbefund ist als Trägertier einzustufen. Diese Trägertiere sollten vor Integration in den Bestand topisch mit einem Antimykotikum behandelt werden, bis zwei negative Untersuchungsergebnisse vorliegen.
Sonderfall Zoonose
Liegen beim Besitzer oder beim Personal einer Katzenhaltung klinische Symptome vor, so sind umgehend neben einer Diagnostik auch gleichzeitige therapeutische und hygienische Maßnahmen einzuleiten.
06 / 2017
LABOKLIN Aktuell