Erkrankungen der unteren Harnwege (FLUTD = Feline Lower Urinary Tract Disease) sind ein häufiger Grund, warum Katzen in der tierärztlichen Praxis vorgestellt werden. Hier kann eine bakterielle Harnwegsinfektion (HWI) neben idiopathischer Zystitis und Harnsteinen Ursache für diese Problematik sein. Häufiger Besuch der Katzentoilette, Schmerzen beim Harnabsatz und stechender Geruch des Harns können klinische Anzeichen für eine bakterielle HWI sein. Allerdings sind diese klinischen Symptome nicht pathognomonisch und können auch bei anderen Erkrankungen vorkommen. Daher sollte die Klinik allein nicht zur Diagnose einer bakteriellen HWI genutzt werden, sondern aus mikrobiologischer Sicht die kulturelle Untersuchung des Harns eingeleitet werden.
Für ein sicheres Ergebnis muss der Harn steril entnommen werden (Zystozentese). Bei aufgefangenem Urin lässt sich in der Regel schwer beurteilen, ob die nachgewiesenen Keime aus der Harnblase stammen, oder ob es sich um Kontaminationen aus den ableitenden Harnwegen handelt. Des Weiteren ist der Keimgehalt bei der Beurteilung zu berücksichtigen. Escherichia (E.) coli, Enterococcus (Enteroc.) spp., Staphylococcus (S.) spp. und Streptococcus (Strep.) spp. werden als die häufigsten Verursacher einer bakteriellen HWI beschrieben. Zur Infektion kommt es, wenn die Bakterien aus dem Perianal- oder Genitalbereich trotz verschiedener Abwehrmechanismen in den Harntrakt aufsteigen können. Prädisponierende Faktoren sind höheres Alter und das Geschlecht (weibliche Katzen und Katzen älter als 10 Jahre sind häufiger betroffen), Fehlbildungen der Organe, Harnsteine und Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Hyperthyreose. Zur Behandlung einer bakteriellen HWI kommen Antibiotika zum Einsatz.
Die Wirkstoffe, welche überwiegend bei Katzen eingesetzt werden, sind Amoxicillin, Amoxicillin-Clavulansäure, Cefovecin, Enrofloxacin und Trimethoprim-Sulfonamid.
Die folgenden Auswertungen zeigen das Spektrum der 2016 aus Harnproben von Katzen isolierten Erreger und deren Resistenzverhalten zu den oben genannten antibiotischen Wirkstoffen.
Bakterielle Erreger: Die Auswertung umfasst 4324 Harnproben von Katzen, die 2016 in der Routinediagnostik kulturell untersucht wurden. Genauere Angaben über die Probenentnahme (Zystozentese, Spontanurin) waren vorberichtlich nicht immer vorhanden. Insgesamt konnte bei 59% (n=2551) der Proben ein bakterielles Wachstum nachgewiesen werden. Davon handelte es sich bei 45% (n=1148) um eine Monoinfektion und bei 12% (n=306) konnte eine Mischinfektion mit zwei und mehr Keimen nachgewiesen werden. In 2% (n=51) der Proben wuchs nichttherapiebedürftige Begleitflora. Dazu gehören aerobe Sporenbildner (z.B. Bacillus spp.), α- und anhämolysierende Streptokokken, S. epidermidis und Mikrokokken. Diese Bakterien sind Teil der normalen Hautflora und mit großer Wahrscheinlichkeit als Kontamination bei der Probenentnahme in den Harn gelangt (Abb. 1).
Am häufigsten wurde mit 29% E. coli in den kulturell positiven Proben nachgewiesen. Staphylococcus spp. (hier: S. pseudintermedius, S. aureus, S. felis und S. haemolyticus) wurden in 15% und Enterococcus spp. in 12% der Proben kultiviert. Streptococcus spp., Proteus mirabilis und Pseudomonas spp. wurden mit jeweils 2% identifiziert. „Sonstige“ Keime waren mit 7% vertreten (Abb. 2).
Resistenzsituation:
Amoxicillin gehört in der Gruppe der ß-Laktam-Antibiotika zu den Aminopenicillinen. Das Wirkspektrum liegt sowohl im grampositiven als auch gramnegativen Bereich. Es lagen deutliche Resistenzen vor (Abb. 3).
Bei Enterokokken überwogen die sensiblen Isolate. ß-hämolysierende Streptokokken zeigten sich als vollständig empfindlich gegenüber Amoxicillin.
In Kombination mit Clavulansäure, einem ß-Laktamasehemmer, war die Wirksamkeit von Amoxicillin, ausgenommen Pseudomonaden, deutlich besser (Abb. 4).
Cefovecin gehört zur 3. Generation der Cephalosporine und besitzt eine hohe Stabilität gegenüber ß-Laktamasen. Grampositive und gramnegative Bakterien liegen im Wirkbereich. Durch die hohe ß-Laktamasestabilität können auch Erreger behandelt werden, welche bei älteren ß-Laktamantibiotika eine Resistenz zeigen.
Enterokokken besitzen gegenüber Cephalosporinen eine natürliche Resistenz. Pseudomonaden zeigten fast vollständige Resistenz der Isolate (Abb. 5).
Enrofloxacin gehört zur Antibiotika-Gruppe der Fluorchinolone (Gyrasehemmer). Diese werden zu den Breitspektrumantibiotika gezählt. Sie wirken gegen grampositive und gramnegative Erreger. Die Resistenzlage für Fluorchinolone ist noch als günstig zu bewerten (Abb. 6). Es überwiegen die sensiblen Isolate.
Fluorchinolone sollten als sog. Reserveantibiotika gehandhabt werden. Mit der neuen Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) ist der Praktiker außerdem jetzt verpflichtet, unter anderem beim Einsatz von Fluorchinolonen und Cephalosporinen der 3. und 4. Generation bei Katze und Hund ein Antibiogramm erstellen zu lassen.
Trimethoprim und Sulfonamide sind zwei Wirkstoffe, welche oft zusammen angewandt werden. Die Wirkung beruht auf der Blockade des Folsäurestoffwechsels an zwei unterschiedlichen Stellen.
Durch die Kombination verstärkt sich die Wirksamkeit und es werden bessere Ergebnisse erzielt. Sie werden zur Behandlung von grampositiven und gramnegativen Bakterien eingesetzt. Enterokokken sind resistent gegenüber der Wirkstoffkombination. Ansonsten dominieren die empfindlichen Isolate (Abb. 7).
Fazit: In fast zwei Drittel der eingesandten Harnproben von Katzen konnten Bakterien nachgewiesen werden. In ca. der Hälfte dieser Proben handelte es sich um eine Monoinfektion. Am häufigsten wurde E. coli identifiziert, gefolgt von Staphylokokken (hier: S. pseudintermedius, S. aureus, S. felis und S. haemolyticus) und Enterokokken. Dies bestätigt Ergebnisse anderer Studien.
In den meisten Fällen einer bakteriellen HWI ist der Einsatz von Antibiotika erforderlich und es ist ratsam, vor der Therapie aus einer steril gewonnenen Harnprobe eine kulturelle Untersuchung mit einem anschließenden Resistenztest durchführen zu lassen. Nach der neuen TÄHAV ist dies beim Einsatz von Fluorchinolonen und Cephalosporinen der 3. und 4.Generation jetzt Pflicht. Amoxicillin, Amoxicillin-Clavulansäure, Cefovecin, Enrofloxacin und Trimethoprim-Sulfonamid werden häufig zur Behandlung verwendet. Es gibt deutliche Unterschiede im Resistenzverhalten der Bakterien gegenüber einzelnen antibiotischen Wirkstoffen. Das Anfertigen eines Antibiogrammes ist deshalb für einen gezielten und sorgfältigen Umgang mit Antibiotika in der tierärztlichen Praxis notwendig.
11 / 2018