Pferde sind zwar keine großen Hunde, dennoch gibt es viele Dinge, wie z. B. dermatologische Untersuchungsmethoden, die nahezu identisch mit denen für den Hund sind.
Der sicherlich wichtigste Beitrag ist die ausführliche Anamnese, da diese oft 70 % Anteil an der Diagnose hat. Gerade beim Pferd oft schwierig, denn wer ist der richtige Ansprechpartner? Der Besitzer, der Reiter, der Trainer, der Stallbursche?
Nach einer ausführlichen Anamnese kommt es zum klinischen Untersuchungsgang, bei dem das Pferd von vorne bis hinten, von oben bis unten untersucht wird. Schleimhäute und mukokutane Übergänge, Hufe, Kastanien, ventrale Bauchnaht und Ganaschen, nichts sollte vergessen werden.
Anschließend erstellt man die Liste der Differentialdiagnosen, die daraufhin mit dermatologischen Untersuchungen ausgeschlossen oder erhärtet werden. Laboklin bietet eine schöne, ausführliche Broschüre zum Thema dermatologische Untersuchungen an, in der alle Untersuchungen detailliert und bebildert erklärt werden. Einige dieser hier beschriebenen Untersuchungen können selbst in der Praxis untersucht werden, alle können jedoch selbstverständlich ins Labor eingesandt werden!
Das oberflächliche Hautgeschabsel
Zur Durchführung eines Hautgeschabsels benötigen wir einen scharfen Löffel oder eine Skalpellklinge (gebrauchte haben sich bewährt, da dadurch die Verletzungsgefahr minimiert wird), Paraffinöl, einen Objektträger inklusive Deckgläschen und ein Mikroskop in guter Qualität.
Das oberflächliche Geschabsel kommt beim Pferd hauptsächlich bei der Suche nach Parasiten wie Chorioptes, in seltenen Fällen auch für Psoroptes, Sarcoptes oder die rote Vogelmilbe zum Einsatz.
Skalpellklinge und/oder Haut müssen mit Paraffinöl gut angefeuchtet werden. Nun wird sehr oberflächlich geschabt, um die größtmögliche Menge an Schuppen/Material zu gewinnen. Das auf der Klinge haftende Material bringt man vorsichtig auf einen Objektträger mit einem Tropfen Paraffinöl auf, vermengt es gut und deckt mit einem Deckgläschen ab. Anschließend erfolgt die mikroskopische Beurteilung mit dem 4er-Objektiv, indem man die gesamte Oberfläche des Objektträgers systematisch (mäanderförmig) absucht.
Da ein Chorioptes-Befall meist juckende Veränderungen an den Fesseln verursacht, kann man auch eine Petrischale unter den betroffenen Bereich halten und mit einer Skalpellklinge Material hineinschaben.
Das Trichogramm
Man benötigt eine Mosquitoklemme, einen Objektträger, Öl und ein Mikroskop. Die Haare werden in Richtung des Haarstriches ausgezogen und auf einen Objektträger mit einem Tropfen Paraffinöl gelegt. Die Proben bedeckt man mit einem Deckgläschen und bewertet sie mit dem 4er- und 10er-Objektiv.
Mittels Trichoskopie ist es z. B. möglich eine Dermatophytose zu diagnostizieren. Dies setzt jedoch eine gewisse Routine des Untersuchers voraus. Die infizierten Haare sind oft mit Sporen überzogen und von Hyphen durchsetzt. Sie haben daher eine unregelmäßige („schmutzig“ ausschauende) Oberfläche und sind an einem Ende abgebrochen. Das Anlegen einer Pilzkultur oder PCR ist jedoch in allen Fällen notwendig, um die Art des Dermatophyten zu bestimmen.
Manchmal finden sich an den Haaren auch Haarlinge oder deren Nissen.
Auch bei der Diagnose von nicht-entzündlichen Alopezien kann das Trichogramm von Nutzen sein. Missgebildete Wurzeln kann man bei Follikeldystrophien/-dysplasien und bei der Alopecia areata vorfinden.
Pilzuntersuchung
Hierfür benötigt man eine Mosquitoklemme, kleine Papiertüten zum Transport des Untersuchungsmaterials und Petrischalen mit Sabouraud-Agar und DTM (Dermatophyte Test Medium) Doppelnährboden.
Pilzkultur und PCR
Bei Dermatophytose-Verdacht werden Haarproben ins Labor eingesandt. Im Labor kann eine Pilzkultur und/oder ein PCR-Nachweis durchgeführt werden. Die Haare werden vom Rand der verdächtigen Läsion ausgezupft.
Zytologische Untersuchung
Die zytologische Untersuchung ist eine der wichtigsten und in der Dermatologie am häufigsten durchgeführten Untersuchungen. Man benötigt: Objektträger mit mattiertem Rand zum Beschriften der Proben, Injektionsnadel, Spritzen, Wattestäbchen, Skalpellklingen, Klebestreifen, Färbelösung, Mikroskop in guter Qualität mit 100er-Immersionsobjektiv und ein Immersionsöl.
Die zytologische Untersuchung von Proben ist eine nützliche, rasche und preisgünstige Methode, um innerhalb von wenigen Minuten wichtige Informationen über eine Effloreszenz zu erhalten. Je nach Hautveränderung und Lokalisation gibt es verschiedene Techniken der Probengewinnung.
Feinnadelaspiration
Diese Technik kommt bei Umfangsvermehrungen aller Art in Frage. Prinzipiell können 20 – 25 G Kanülen und 2 – 20 ml Spritzen verwendet werden. Grundsätzlich gilt, je weicher das zu aspirierende Gewebe ist, eine desto feinere Kanüle sollte gewählt werden.
Es wird mit der armierten Spritze in das zu untersuchende Gewebe eingestochen und ein Vakuum erzeugt. Dann wird die Kanüle bis unter die Oberfläche des Gewebes zurückgezogen und zusätzlich mindestens zweimal in verschiedene Richtungen wieder eingestochen, um verschiedene Lokalisationen der Läsion zu aspirieren. Um zu verhindern, dass das aspirierte Material aus der Kanüle in die Spritze gelangt, wird das Vakuum aufgehoben, während die Kanüle noch im Gewebe steckt. Die Kanüle wird wieder entfernt, Luft in die Spritze aspiriert, die Nadel wieder aufgesetzt und der Kanüleninhalt auf die Mitte eines oder mehrerer Objektträger ausgepresst. Das Ausstreichen sollte direkt nach der Entnahme erfolgen.
Abklatsch
Diese Technik kommt bei allen exsudativen Effloreszenzen, bei fettig-schuppigen Hautoberflächen, bei Pusteln und Krusten, bei Schnittflächen von Hautstanzen oder bei Exzisionsbiopsien, nachdem man das entnommene Knötchen halbiert hat, zum Einsatz. Prinzipiell „klatscht“ man einen Objektträger auf die Stelle, von der die Probe gewonnen werden soll. Bei einer krustösen Hautveränderung drückt man entweder die Unterseite der Kruste auf den Objektträger oder man entfernt die Kruste und drückt den Objektträger auf die nun freiliegende Stelle unter der Kruste.
Färbetechniken
Zuerst müssen die Präparate luftgetrocknet werden. Am häufigsten wird in der Praxis eine modifizierte Schnellfärbung nach Wright verwendet (z. B. Diff Quik® oder Hemacolor®). Der Objektträger wird für jeweils 5 Sekunden in die Fixierung bzw. in das rote und blaue Färbemittel getaucht. Anschließend spült man ihn entweder unter Leitungswasser oder destilliertem Wasser ab und lässt ihn lufttrocknen. Die Qualität der Färbung reicht, um entzündliches Exsudat und grob neoplastisches Gewebe zu beurteilen.
Beurteilung
Zuerst verschafft man sich mit der kleinen Vergrößerung am Mikroskop einen Überblick. Danach sucht man sich eine vorteilhafte Stelle, an der die Zellen möglichst gut angefärbt sind und schön nebeneinander liegen. Im Anschluss geht man in die große Vergrößerung, in der man die Zellen und auch Bakterien am besten beurteilen kann. Ein besonders eindrucksvolles Bild liefert hier das 100er-Objektiv mit Ölimmersion.
Die Hautbiopsie
Die Biopsie ist bei manchen Hauterkrankungen die einzige Methode, um zu einer definitiven Diagnose zu gelangen. Prinzipiell gilt, je mehr Proben und je größer die Proben umso wahrscheinlicher ist ein aussagekräftiges Resultat zu erhalten. Es muss zuvor immer bedacht werden, alle sekundären Infektionen zu therapieren, da es sonst zu keinem aussagekräftigen Ergebnis kommen kann. Außerdem ist es sehr hilfreich, dem Pathologen einen ausführlichen Vorbericht zur Verfügung zu stellen, da dieser ohne eine genaue Anamnese oft keine endgültige Diagnose stellen kann.
Man benötigt, neben einem handelsüblichen kleinen OP-Besteck, eine Schere zum Kürzen der Haare über den Effloreszenzen, einen Farbstift zum Kennzeichnen der zu entnehmenden Effloreszenzen, 2%iges Lidocain ohne Adrenalin, Spritzen, Biopsie-Punch mit 6 und 8 mm Durchmesser, Tupfer und einen Behälter mit 4- bis 10%igem Formalin.
Eine Biopsie ist immer dann indiziert, wenn Effloreszenzen ein ungewöhnliches Aussehen haben, der gewünschte Therapieerfolg ausbleibt, die Biopsie die einzige Diagnosemöglichkeit darstellt oder man einen Tumorverdacht hegt und eine präoperative Abklärung des Gewebes haben will.
Für die Probenentnahme ist es sehr wichtig, die oberflächlichen Hautschichten unberührt zu belassen. Aus diesem Grund darf das Kürzen der Haare nur sehr schonend vorgenommen und die Haut auf gar keinen Fall mit chirurgischen Desinfektionsmitteln vorbehandelt werden. Die Haare werden mit einer Haarschere auf eine Länge von 0,5 cm gekürzt. Dabei müssen die zu untersuchenden Effloreszenzen erhalten bleiben.
Die Biopsie-Entnahme wird im Allgemeinen unter Lokalanästhesie durchgeführt. Nachdem man die Stelle gekennzeichnet hat, injiziert man zwischen 0,5 und 1 ml eines 2%igen Lidocains. Man verteilt das Mittel gleichmäßig in mehrere Richtungen und wartet einige Minuten ab.
Danach werden mittels Biopsy-Punch mehrere Stanzen (mindestens 3 Stück) entnommen. Die Anzahl richtet sich auch nach der Verschiedenartigkeit der Läsionen, um ein möglichst repräsentatives Spektrum des Krankheitsbildes abzudecken. Dabei zu bedenken ist, dass frische Veränderungen wesentlich aussagekräftiger als alte sind. Die Hautoberfläche wird zwischen Daumen und Zeigefinger gespannt und mit der Stanze durch eine drehende und drückende Bewegung durchstoßen. Jetzt zieht man die Stanze zurück, fasst mit einer Pinzette den Stanzzylinder an der Unterhaut, hebt ihn hoch und schneidet die Biopsie am noch haftenden Gewebefaden ab. Man sollte den Gewebezylinder nicht mit der Pinzette an Epidermis oder Dermis festhalten, da es sonst zu Artefakten kommen und die Beurteilung erschwert werden kann.
Nach Entnahme werden die Biopsien auf einem Stück Gaze vorsichtig abgetupft, um das Blut, das bei einer histopathologischen Beurteilung störend ist, zu entfernen. Im Anschluss wird der gewonnene Zylinder in das Formalin gelegt.
Die Wundränder der Stanze werden mit ein oder zwei Nähten adaptiert oder offen gelassen.
Die bakteriologische Untersuchung
Eine bakteriologische Untersuchung ist dann notwendig, wenn es sich um eine rezidivierende Pyodermie handelt, eine nach 4 – 6 Wochen Antibiotikatherapie resistente Pyodermie vorliegt, in der zytologischen Untersuchung Stäbchen gefunden wurden bzw. bei nicht heilenden Wunden und pyogranulomatösen Entzündungen oder wenn es die Gesetzeslage erfordert.
Für die Entnahme der Probe darf die Hautveränderung vorab nicht desinfiziert werden. Hautstellen unter einer Kruste eignen sich für eine Tupferprobenentnahme. Danach kommt der Tupfer in das Transportmedium und wird bis zum Abtransport im Kühlschrank gelagert.
PCR-Untersuchungen
Einerseits kann man viele Infektionserreger über eine PCR-Untersuchung nachweisen, andererseits auch zahlreiche Gentests für Erberkrankungen oder Farben durchzuführen. Das Probenmaterial richtet sich bei der Infektionsdiagnostik nach dem Erreger und dem Infektionsstadium, bei Gentests eignen sich EDTA-Blut (außer bei Graying) oder ca. 20 Mähnen-/Schweifhaare mit Wurzel. Auf unserer Homepage und im Kompendium finden Sie unser umfassendes Angebot.
Allergietests für Pferde
Die Diagnose Allergie sollte immer eine klinische Diagnose sein, welche sich aus gründlicher Anamnese und klinischer Untersuchung zusammensetzt. Der Allergietest dient lediglich dazu, die auslösenden Allergene zu identifizieren, um sie dann gezielt vermeiden zu können oder – im Falle der atopischen Dermatitis, Insektenhypersensitivität (Sommerekzem) oder allergisch bedingter respiratorischer Erkrankungen (equines Asthma) – eine Allergen-spezifische Immuntherapie (ASIT, Hyposensibilisierung) durchzuführen. Das Testergebnis muss daher auch immer im Zusammenhang mit Klinik und Anamnese interpretiert werden. Glukokortikoidgaben können das Allergietestergebnis verfälschen, insbesondere sind dadurch falsch negative Ergebnisse zu erwarten. Die Absetzfristen von Steroiden vor einem Allergietest betragen generell bei Depot-Injektionspräparaten bis zu 3 Monate, bei oralem Prednisolon 6 – 8 Wochen und bei topischen Formulierungen (lokale Salben, Sprays, Otika etc.) 2 – 4 Wochen.
Wir bieten eine kostengünstige Stufendiagnostik mit Allergie-Vortest und den Haupttests an (saisonale und ganzjährige Allergene, Insekten) und auch einen Futtermittelallergietest. Ganz neu haben wir auch den Test PAX complete (Umweltallergene und/ oder Futtermittel) fürs Pferd im Programm, bei dem Allergenextrakte und rekombinante Allergene getestet werden. Details entnehmen Sie bitte der Homepage, dem Kompendium oder dem Allergieauftrag. In der Folge ist natürlich auch die Allergen-spezifische Immuntherapie direkt über uns zu beziehen.
Fazit
Dermatologie ist Detektivarbeit oder ein Puzzle-Spiel, man muss viele „Indizien“ oder „Puzzlesteine“ sammeln, um zur Diagnose zu kommen. Die ausführliche Anamnese, der klinische Untersuchungsgang der Haut des Pferdes und das Ein- oder Ausschließen der Differentialdiagnosen durch die verschiedensten dermatologischen Untersuchungen führen schlussendlich zur Enddiagnose der Hauterkrankung.
Dr. Regina Wagner