Infektionen mit den verschiedenen Erregern des Katzenschnupfenkomplexes treten trotz verfügbarer Impfung immer wieder auf. Vor allem bei hohen Besatzdichten und dem damit einhergehenden starken Infektionsdruck, wie oft in Katzenpensionen und -zuchten sowie Tierheimen der Fall, können Erkrankungen ein ernst zu nehmendes Problem darstellen. Die fünf Primärerreger des Katzenschnupfens sind das feline Herpesvirus 1 (FHV 1), das feline Calicivirus (FCV), Chlamydia (C.) felis, Bordetella (B.) bronchiseptica und Mycoplasma (M.) felis. Die Symptome sind vielfältig und deshalb auch oft nicht dem einen oder anderen Erreger klar zuzuordnen. Sie können von mildem, wässrigem Nasenausfluss bis zu schweren, tödlich verlaufenden Allgemeinerkrankungen reichen. Schnupfen, Konjunktivitis, Läsionen der Maulhöhle und der Cornea, Fieber und Pneumonie werden beobachtet. Zu den oben genannten Primärerregern kommen oft unspezifische bakterielle Sekundärerreger hinzu. Mischinfektionen mit zwei oder mehr verschiedenen Erregern des Katzenschnupfenkomplexes sind häufig.
Das Feline Calicivirus ist hochkontagiös, und aufgrund der hohen Variabilität und Mutationsrate gibt es zahlreiche Virusvarianten mit stark unterschiedlicher Virulenz, die teils schwere systemische Erkrankungen mit hoher Letalität hervorrufen. Die Symptomatikist sowohl abhängig von der Virulenz der Virusvariante als auch von der Immunitätslage der jeweiligen Katze. Mögliche Symptome sind Ulzera in der Maulhöhle, Beeinträchtigungen der oberen Atemwege, hohes Fieber und gelegentliche Lahmheit, verursacht durch transiente Arthritis. Das Virus wird über oronasale und konjunktivale Sekrete bis zu vier Wochen lang ausgeschieden und sowohl direkt als auch indirekt übertragen. Dabei ist es in der Umwelt lange stabil und bis zu einem Monat auf trockenen Oberflächen infektiös. Viele Katzen bleiben auch nachdem Ende der Erkrankung Virusausscheider/in Einzelfällen über mehrere Jahre. Der Virusnachweis mittels PCR ist sehr sensitiv, dadurch werden in Einzelfällen auch Impfviren detektiert, die über wenige Wochen nach der Impfung in sehr geringem Maße ausgeschieden werden können. Andererseits kann es durch die hohe Mutationsrate des Virus auch zu falsch negativen Ergebnissen kommen.
Nach einer Erkrankung mit dem felinen Herpesvirus 1 bleiben die Tiere lebenslang latente Virusträger. Stress oder Immunsuppression können zur Reaktivierung der Erkrankung führen. Die Symptomatik besteht aus akuter Rhinitis und Konjunktivitis mit Fieber, Blepharospasmus und Anorexie; besonders bei jungen Katzen kann es mitunter zu einer besonders schwer verlaufenden Pneumonie mit tödlichem Ausgang kommen. Herpesviren sind beschrieben im Zusammenhang mit der ulzerativen dendritischen Keratitis und gelten als deren Hauptverursacher. Die Symptome klingen in der Regel nach zwei Wochen ab. Das Virus wird in der Regel nur kurz, in Einzelfällen jedoch bis zu drei Wochen, über orale, nasale und konjunktivale Sekrete ausgeschieden. Der PCR-Nachweis verfügt über eine sehr hohe Sensitivität, es werden auch sehr geringgradige Ausscheider zuverlässig nachgewiesen.
Chlamydia felis ist ein obligat intrazelluläres Bakterium und eine häufige Ursache für akute und chronische Konjunktivitis. Die Symptomatik am Auge beinhaltet daneben auch Hyperämie der Nickhaut und Augenausfluss. Keratitis und Ulzerationen sind jedoch eher unüblich. Treten diese auf, ist auf eine Beteiligung des felinen Herpesviruszuschließen. Teilweisegeht eine Infektion mit FHV 1 mit Fieber, Inappetenz, Gewichtsverlust und respiratorischen Symptomeneinher, bei trächtigen Tieren sind Aborte möglich. Laut Literatur sind am häufigsten junge Katzen unter 9 Monaten betroffen, was sich anhand unserer Daten bestätigt. Die Übertragung erfolgt durch engen Kontakt, da das Bakterium nicht außerhalb des Wirtes überleben kann. Die Erregerausscheidung kann bis zu 60Tageandauern, selten ist auch eine noch längere, persistierende Infektion möglich. In Einzelfällen kann C. felis auf den Menschen übertragen werden und zu einer Konjunktivitis führen. Die sensitivste Methode zum Nachweis von C. felis ist der PCR-Nachweis.
Mykoplasmen gelten als Teil der normalen Keimflora der oberen Atemwege. Dennoch spielt Mycoplasma feli seine bedeutende Rolle als Pathogen bei der Konjunktivitis der Katze. Seltener sind Mykoplasmen an Infektionen der unteren Atemwege beteiligt, wobei sie in Einzelfällen auch schwere Pneumonien auslösen können. Nur in den seltensten Fällen zeigt M. felis bei immunsupprimierten Menschen zoonotisches Potential. Mykoplasmen sind schwer kultivierbar, daher ist auch hier die PCR Nachweismethode der Wahl.
Bordetella bronchiseptica spielt bei der Katze, im Gegensatz zum Hund (Zwingerhustenkomplex), nur eine untergeordnete Rolle. Das Bakterium ist ein primäres Pathogen, das das Zilienepithel des Wirtes kolonisiert. Es ist nur selten bei der Katze in den unteren Atemwegen zu finden, in der Regel dann hauptsächlich bei jüngeren Tieren. Dennoch sollte jede hustende Katze auch auf B. bronchiseptica untersucht werden. Bordetellen können vom Hund auf die Katze übertragen werden und auch ein zoonotisches Potential ist nicht auszuschließen. Neben Abstrichen von Nasenschleimhaut und Oropharynxkann auch bronchoalveoläre Lavage untersucht werden. Dabei sind sowohl Bakterienkulturen als auch die PCR geeignete Methoden. Die Erstellung eines Antibiogramms ist jedoch nur nach kultureller Anzucht möglich. Der Nachweis des Erregers aus der Lavage gilt dabei als beweisend für eine Infektion.
Diagnose
Im Allgemeinen gilt die PCR als Standardverfahren für den Nachweis der Erreger des Katzenschnupfenkomplexes. Geeignetes Probenmaterial für den Nachweis der Virusinfektionen, Mykoplasmen und Chlamydien sind Abstriche von Konjunktiva, Maulhöhle und/oder Rachen. Abstriche vom Auge sollten dabei unbedingt VOR der Applikation von Fluoreszein oder Bengalrosa durchgeführt werden. Da sich Chlamydien obligat intrazellulär vermehren, sind sie mit bakteriologischen Routinemethoden nicht nachweisbar. Infektionen mit Bordetella bronchiseptica werden bei der Katze eher seltener beobachtet, auch hier ist ein schneller und sensitiver PCR-Nachweis möglich. Da häufig bakterielle Begleitinfektionen auftreten, sollte besonders bei Fällen mit Augenbeteiligung, aber auch bei chronischen Infektionen der Atemwege, zusätzlich ein Abstrich mit Transportmedium für eine bakteriologische Untersuchung inkl. Antibiogrammerstellung eingesandt werden, um eine geeignete lokale und/oder systemische Therapie einleiten zu können. Antikörpernachweise sind für die Diagnostik des Katzenschnupfens weniger sinnvoll, da viele Katzen geimpft sind oder schon als Welpen Erregerkontakt hatten. Da die meisten Infektionen zusätzlich häufig akut bestehen, lassen sich zum Erkrankungszeitpunkt oft nur die Erreger, nicht aber die erst im späteren Verlauf produzierten Antikörper nachweisen.
In der Literatur wird angegeben, dass 80 % der Infektionen des oberen Respirationstrakts der Katze vor allem durch FHV1 und FCV verursacht werden. Laboklin bietet verschiedene PCR-Profile zum Nachweis der häufigsten Erreger des Katzenschnupfens an. In den vergangenen Jahren wurden im Rahmen des Atemwegsprofils I (FCV, FHV1, Chlamydien, Mykoplasmen, B. Bronchiseptica) vor allem Mykoplasmen nachgewiesen (in bis zu 50 % der untersuchten Atemwegsprofile), gefolgt von Caliciviren und Herpesviren (beide bei ca. 20 % der untersuchten Katzen). Eine geringere Rolle spielen Infektionen mit Chlamydien (7 – 9 %) und Bordetellen (2 – 3 %). Bordetellen kamen dabei in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle in Mischinfektionen vor (94,7 %), nur in 2 Fällen (5,3 %) waren sie als Einzelinfektion zu finden.
Insgesamt gab es kaum Unterschiede bezüglich des Vorkommens der einzelnen Erreger zwischen den Jahren im Untersuchungszeitraum 2011–2018.
Im Jahr 2018 waren 951 (50,1%) der 1897 Gesamtproben für das Profil Atemwege Katze 1 positiv für Mykoplasmen, 305 (16,1%) für FHV 1,333 (17,6 %) für FCV, 128 (6,7 %) für Chlamydien und 38 (2 %) für B. bronchiseptica (Abb. 1). Von diesen 1897 Gesamtproben wiesen 450 (23,7 %) Mischinfektionen mit zwei oder mehr Erregern des Katzenschnupfenkomplexes auf (Tabelle1). Dabei waren Mischinfektionen zwischen Mykoplasmen und FCV/FHV 1 am häufigsten, gefolgt von Infektionen mit Mykoplasmen und Chlamydien und Mischinfektionen mit beiden Viren (Abb. 2).
Tabelle 1: Anzahl der Mischinfektionen im Profil Atemwege Katze 1 im Jahr 2018 (Gesamtzahl der Proben n=1897)
Einzelinfektionen | 763 (40,2%) |
Doppelinfektionen | 367 (19,7 %) |
Dreifachinfektionen | 74 (3,9 %) |
Vierfachinfektionen | 9 (0,5 %) |
Tabelle 2: Mischinfektionen und Häufigkeit der Beteiligung der einzelnen Erreger des Katzenschnupfenkomplexes (FCV, FHV, Chlamydien, Mykoplasmen, B. bronchiseptica) im Jahr 2018
M. felis |
B. bronchiseptica |
Felines Herpesvirus |
Calicivirus |
Chlamydia |
Mischinfektionen gesamt (n= 450, 23,7 % der Gesamtproben) |
|
M. felis (n= 951) |
0 |
31 (3,3%) |
204 (21,5 %) |
215 (22,6 %) |
63 (6,6 %) |
412 |
B. bronchiseptica (n= 38) |
31 (8,2 %) |
0 |
8 (21,1 %) |
12 (0,6 %) |
6 (0,3 %) |
36 |
Herpesvirus |
204 (66,9 %) |
8 (2,6 %) |
0 |
56 (3 %) |
17 (0,9 %) |
219 |
Calicivirus |
215 (64,5 %) |
12 (3,6 %) |
56 (16,8 %) |
0 |
31 (9,3 %) |
237 |
Chlamydia (n=128) |
63 (49,2 %) |
6 (4,7 %) |
17 (13,3 %) |
31 (24,2 %) |
0 |
79 |