Die histopathologische Untersuchung von Bioptaten stellt ein wichtiges diagnostisches Werkzeug bei der Aufarbeitung gastrointestinaler Erkrankungen bei Hunden und Katzen dar.
Im Folgenden soll ein Überblick über Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes gegeben werden, bei denen eine histopathologische Untersuchung von transmuralen bzw. endoskopischen Bioptaten sinnvoll sein kann.
Anamnese
Für eine Interpretation der histopathologischen Befunde sind anamnestische Angaben zu Rasse, Alter, klinischen Symptomen, Fütterung, Vorbehandlung (z.B. Kortison), Ergebnissen weiterführender Untersuchungen (z.B. Ultraschall, Parasitologie, Bakteriologie, Cobalamin- und Folsäurewerte, PLI, TLI) sowie ggf. Befunde während der endoskopischen Probennahme und klinische Verdachtsdiagnosen von Bedeutung.
Transmurale Bioptate werden im Rahmen einer Laparatomie oder Laparaskopie entnommen. Sie bieten den Vorteil, dass weniger Qualitätsverlust durch Quetschartefakte oder suboptimale Orientierung der Proben auftritt und alle Schichten der Darmwand beurteilt werden können. Außerdem können mittels Laparatomie/Laparaskopie auch Proben aus weiteren Lokalisationen (z.B. Jejunum) entnommen werden, die endoskopisch nicht erreichbar sind. Weiterhin besteht die Möglichkeit auch andere Organe wie Leber, Pankreas oder Lymphknoten (Abb. 1) zu beproben sowie die Gallenblase zu punktieren.
Die Entnahme endoskopischer Bioptate ist weniger invasiv und ermöglicht eine Beurteilung der Schleimhautoberfläche und eine gezielte Beprobung aus veränderten Arealen. Es wird dazu geraten mehrere auswertbare Proben (bis zu 8 Bioptate pro Lokalisation) zu entnehmen.
Die Proben sollten nach Entnahmelokalisation getrennt (idealerweise in Plastikkapseln auf Filterpapier) in passenden, beschrifteten Gefäßen in 4%igem Formalin fixiert und versandt werden.
Die histopathologische Untersuchung erfolgt nach Aufarbeitung der Proben mittels Lichtmikroskopie an HE (Hämatoxilin-Eosin)-gefärbten Paraffinschnitten. Art und Grad der Schleimhautläsionen sowie die Entzündungszellinfiltration werden nach den Vorgaben der WASVA (World Small Animal Veterinary Association Gastrointestinal Standardization Group; Day et al. 2008) beurteilt.
Helicobacter-Infektionen
Eine pathogene Bedeutung von Helicobacter-Spezies und sogenannten Helicobacter-ähnlichen Erregern bei Hunden und Katzen ist nach wie vor umstritten. Studien zeigen, dass Helicobacter spp. auch bei klinisch gesunden Tieren nachgewiesen werden und zeigen kontroverse Ergebnisse über den Einfluss von Helicobacter ssp. auf funktionelle Parameter im Magen.
Eine pathogenetische Rolle von Helicobacter spp. im Zusammenhang mit einer milden Gastritis und klinisch rezidivierendem Vomitus ist jedoch anzunehmen, insbesondere wenn Helicobacter in großer Zahl in den Bioptaten zu finden ist.
Zum Nachweis sind nicht-invasive Tests (ELISA auf Antigen*) möglich. Demgegenüber bietet die histopathologische Untersuchung von Bioptaten der Magenschleimhaut jedoch den Vorteil, dass die Menge der Erreger beurteilt werden kann (Abb. 2). Außerdem können ggf. vorhandene entzündliche Veränderungen befundet werden. Gastritiden (erosiv-ulzerativ, gemischtzellig, lymphoplasmazellulär) die auf andere Ursachen hindeuten, lassen sich somit abklären.
Es empfiehlt sich, stets Proben aus mehreren Lokalisationen des Magens (Kardia, Fundus, Pylorus) zu gewinnen.
Futtermittelunverträglichkeit/-allergie
Futtermittelunverträglichkeiten/-allergien können bei Hund und Katze gastrointestinale Symptome wie Vomitus, Diarrhoe und Gewichtsverlust hervorrufen.
Bei der histopathologischen Untersuchung zeigen sich entzündliche, von Lymphozyten und Plasmazellen dominierte Infiltrationen der Magen-Darmschleimhaut, die nicht von der lymphoplasmazellulären Form der Inflammatory bowel disease (s.u.) zu unterscheiden sind.
Zur weiteren Abklärung einer Futtermittelunverträglichkeit/-allergie ist deshalb neben einer gründlichen Fütterungsanamnese insbesondere die Eliminationsdiät (mind. 4 bis 6 Wochen, kommerziell erhältliche Eliminationsdiäten oder hausgemachtes Eliminationsfutter mit je einer Kohlenhydrat- und Proteinquelle) mit anschließendem Provokationstest unabdingbar. Bei der Auswahl des geeigneten Diätfuttermittels kann ein serologischer Allergietest* hilfreich sein.
Inflammatory Bowel Disease (IBD)
Bei der Inflammatory Bowel Disease handelt es sich um eine idiopathische Erkrankung mit persistierenden oder wiederkehrenden gastrointestinalen Symptomen bei Hunden und Katzen. Klinisch zeigten sich unter anderem Vomitus, Diarrhoe, abdominale Schmerzen, Inappetenz und Gewichtsverlust.
Es sind verschiedene Formen dieser Erkrankungen bekannt, die verschiedene Abschnitte des Gastrointestinaltraktes betreffen können und auch mit unterschiedlichen, Entzündungsformen einhergehen.
Ursächlich werden verschiedene Faktoren, die zu einem Verlust der immunologischen Toleranz gegenüber im Darmlumen vorhandenen Antigenen führen, vermutet (Zusammenbruch der mukosalen Barrierefunktion, Fehlregulationen des intestinalen Immunsystems, Veränderung der intestinalen Bakterienflora, genetische Faktoren).
Es ist zu beachten, dass es sich bei einer IBD um eine Ausschlussdiagnose handelt. Ein Nachweis histopathologischer Veränderungen der Darmschleimhaut allein, ist nicht diagnostisch für eine IBD. Infektiöse und extraintestinale Erkrankungen, sowie das Vorliegen einer Futtermittelunverträglichkeit (s.o.) müssen vor der Diagnosestellung einer IBD zwingend ausgeschlossen werden.
Es lassen sich histopathologisch folgende Formen unterscheiden:
– lymphoplasmazelluläre (Gastro-)Enteritis (LPE)
– lymphoplasmazelluläre Kolitis (LPC)
– eosinophile Gastroenteritis (EGE)
– granulomatöse Kolitis
Die LPE/LPC sind die häufigsten Formen der IBD. Histopathologisch zeigen sich eine Infiltration von Lymphozyten und Plasmazellen, Zottenverkürzungen und -fusionen, Epithelschäden und Kryptläsionen sowie moderate Lymphangiektasien (Abb. 3).
Die EGE ist die zweithäufigste Erscheinungsform der IBD. Charakteristisch sind die von eosinophilen Granulozyten dominierte Entzündungszellinfiltration der Mukosa, Zottenatrophie- und fusionen.
Granulomatöse Formen der IBD sind selten.
Die histiozytäre ulzerative Kolitis (HUC), die fast ausschließlich bei Boxern vorkommt, wird nicht mehr zum Formenkreis der IBD gezählt, da ein Zusammenhang mit invasiven Escherichia coli nachgewiesen wurde.
Eosinophile Enteritis / Hypereosinophiliesyndrom
Eine eosinophile Gastroenteritis kann als Form einer IBD (s.o.), parasitär oder allergisch (Futtermittelallergie) bedingt sein.
Außerdem gibt es bei Katzen, seltener bei Hunden, systemische Erkrankungen im Sinne eines Hypereosinophiliesyndroms.
Bei dem Hypereosionophiliesyndrom finden sich eosinophile Infiltrationen in multiplen Organen sowie eine Bluteosinophile.
In vielen Fällen ist der Gastrointestinaltrakt mitbetroffen und klinisch zeigen sich gastrointestinale Symptome. Oft lässt sich eine Hypertrophie der Muskularis (sonographisch) feststellen.
Histopathologisch sind gut differenzierte eosinophile Granulozyten in der gesamten Darmwand zu sehen. Bei Verdacht auf ein Hypereosinophiliesyndrom kann zusätzlich die Untersuchung von Proben aus Leber und Milz sinnvoll sein.
Proteinverlust-Enteropathie (PLE)
Entzündliche Dünndarmerkrankungen, die klinisch mit einem ausgeprägten Proteinverlust einhergehen, findet man v.a. bei Shar-Peis, Deutschen Schäferhunden, Rottweilern und Yorkshire Terriern.
Beim Soft Coated Wheaten Terrier ist eine wahrscheinlich heriditär-bedingte Erkrankung beschrieben, die sich als Proteinverlust-Enteropathie und/oder Proteinverlust-Nephropathie (PLN) äußert. Ein Gentest* für die PLN bei dieser Rasse ist möglich.
Histopathologisch sind für die PLE stark dilatierte Lymphgefäße in den Darmzotten und in tieferen Schichten der Darmwand sowie Infiltrationen von schaumigen Makrophagen typisch. In der Muskularis finden sich gelegentlich Lipogranulome, welche makroskopisch als kleine, weiße Umfangsvermehrungen auf der Serosa und im Mesenterium zu erkennen sind.
Differentialdiagnostisch z.B. können auch bakterielle Gastroenteritiden, intestinale Mykosen, Neoplasien und chronische Fremdkörperreaktionen mit einer Proteinverlust-Enteropathie einhergehen. Bei Katzen sind Proteinverlust-Enteropathien seltener und treten am häufigsten im Zusammenhang mit einem intestinalen Lymphom auf.
Neoplasien
Klinisch ergibt sich u.a. durch Palpation und bildgebende Verfahren (Ultraschall) die Verdachtsdiagnose einer Neoplasie des Gastrointestinaltraktes. Zur Absicherung der Diagnose (Ausschluss einer Entzündung z.B. Fremdkörper) sowie zur Bestimmung von Art und Dignität der Neoplasie ist eine histopathologische Untersuchung notwendig.
Tumore des Gastrointestinaltraktes sind meist intestinale Lymphome, Adenokarzinome, Leiomyome, Leiomyosarkome und gastrointestinale stromale Tumore (GIST).
Bei einer kompletten Entfernung einer nodulären Neoplasie können die Resektatränder histologisch überprüft werden. Bei Bioptaten muss bedacht werden, dass Neoplasien oft mit ausgeprägten ulzerativ-entzündlichen Veränderungen einhergehen, und infiltratives Wachstum (v.a. Karzinome in Magen und Rektum) in vielen Fällen nur in der Tiefe des Gewebes histopathologisch sicher nachweisbar ist.
Intestinale Lymphome sind bei Hunden und Katzen die häufigsten Neoplasien des Magen-Darmtraktes. Intestinale Lymphome können tiefere Schichten der Darmwand betreffen (Abb. 4). Transmurale Bioptate sind zur Diagnosestellung wünschenswert, da frühe Stadien in der Mukosa in Einzelfällen nur schwer von einer LPE abzugrenzen sind.
Eine Differenzierung des Zellursprunges (T- oder B-Zelllymphom) ist nur mittels immunhistologischer Untersuchung oder über die Bestimmung der Lymphozytenklonalität mittels PARR* (PCR for Antigen Receptor Rearrangement) möglich.
Rektumpolypen/-karzinome finden sich, v.a. bei mittelalten und alten Hunden. Eine Entwicklung von adenomatösen Polypen über in situ-Karzinome zu hochmalignen Karzinomen ist mögich. Oberflächlich entnommene Bioptate sind in solchen Fällen oft nicht diagnostisch, da invasives Wachstum in Submukosa und Muskularis das wesentliche diagnostische und prognostische Merkmal darstellt.
CHECKLISTE MAGEN-DARM-BIOPSIEN
Vorbericht
– Alter, Rasse
– klinische Symptome
– Vorbefunde weiterführender Untersuchungen
– Verdachtsdiagnosen
– Vorbehandlung (v.a. Gabe von Kortison)
Probenentnahme
– repräsentative Lokalisationen
– ausreichende Anzahl Biopsien
– gewebsschonender Umgang mit Biopsien
– Biopsien nach Entnahmelokalisation getrennt in beschrifteten Gefäßen fixieren/versenden
– Fixation der Proben in 4%igem Formalin (1:10)
05 / 2015