Immer mehr Besitzer von Hunden und Katzen suchen bei der Ernährung ihrer Haustiere nach Alternativen zum Fertigfutter. Der Trend der letzten Jahre entwickelt sich hin zur individuellen Zubereitung. Dabei spielt das BARFEN eine große Rolle.
Entwickelt wurde dieses Fütterungskonzept vom Australier I. Billinghurst zu Beginn der 90er Jahre. Er schrieb das Buch „Give your dog a bone“ (1993). Darin vertritt er den Standpunkt, dass Hunde seit jeher mit rohen fleischigen Knochen und hochwertigen Tischresten ernährt worden sind und dabei sehr gesund waren. Erkrankungen seien erst mit Beginn der kommerziellen Fertigfutterherstellung entstanden. Er entwickelte das Konzept des BARFENS. Seither gewinnt diese Ernährungsvariante bei uns zunehmend an Bedeutung. Während BARFEN früher aufgrund individueller Zubereitung noch mit einem hohen Zeitaufwand verbunden war, liegt heute ein großes Sortiment an fertigen Fleischmischungen und Fertig-BARF-Menüs vor.
Begriffserklärung
Der Begriff BARF bezog sich zunächst auf die Hundebesitzer, die nach dieser Methode füttern, als auch auf das Futter an sich. Anfangs bedeutete der Begriff „Born-Again-Raw-Feeders“ („wiedergeborene Rohfütterer“). Mittlerweile finden sich einige Interpretationen für dieses Konzept. Geläufig war die Formulierung „Bones And Raw Food“ („Knochen und rohes Futter“), außerdem „Biologically Appropiate Raw Food“. Billinghurst prägte diese Bedeutung des Akronyms BARF, im Deutschen wird es mit „Biologisch artgerechtes rohes Futter“ und etwas abgewandelt „Biologisch artgerechte Rohfütterung“ übersetzt.
Prinzip des BARFENS
Die Grundlage des BARFENS ist die natürliche Ernährung des Wolfes. Die Rationen sollen die Bestandteile des Beutetieres beinhalten.
Die Fütterung basiert auf rohem Fleisch, fleischigen Knochen und Innereien. Außerdem kommen Gemüse, Obst, Öle, Nüsse und gelegentlich Kräuter hinzu. Zusätzlich wird mit Lebertran und Algen ergänzt. In einigen Fällen werden auch Kohlenhydrate gefüttert, meist gekochte Kartoffeln, Reis oder Nudeln. Gelegentlich werden noch Eier, Fisch und Milchprodukte gegeben.
Beweggründe für das BARFEN
Der Wunsch des Tierbesitzers nach gesunder Ernährung, gesundheitliche Probleme des Tieres, Futtermittelunverträglichkeiten, Gewichtskontrolle und Misstrauen gegenüber der Futtermittelindustrie sind Motivation für viele Besitzer zu barfen (Brown 2009, Michel 2006).
Die Rationsgestaltung
Fehler bei der Rationsgestaltung sind eine große Gefahrenquelle beim BAR- FEN. Mittels BARFENS soll der Hund abwechslungsreich ernährt werden, dies bedeutet aber nicht immer ausgewogen. Ausgewogene Ernährung beinhaltet, dass alle Nährstoffe in bedarfsgerechten Mengen im Futter vorhanden sind. Es gibt einige Untersuchungen, die sich mit den Fehlern der Rationsgestaltung beschäftigen. Eine Unterversorgung mit Eiweiß, Phosphor, Magnesium, Natrium und Kalium ist selten ein Problem bei gebarften Hunden. In den meisten Rationen fehlen jedoch Calcium, Mangan, Jod, Vitamin A und D. Die Spurenelemente Kupfer und Zink sind in unseren Lebensmitteln in zu geringen Mengen enthalten, so dass diese Bestandteile häufig ein Problem in BARF-Rationen darstellen. Das Calcium-Phosphor-Verhältnis ist oft nicht wirklich ausgewogen und stellt besonders für Welpen eine Gefahr der Skelettentwicklungsstörungen dar (Dillitzer et al. 2011, Dobenecker, 1998, Freeman 2013, Paß- lack und Zentek, 2013).
Muskelfleisch ist Eiweißlieferant, enthält geringe Mengen an Mineralstoffen und Spurenelementen. Reines Muskelfleisch ist hoch verdaulich, Innereien dagegen haben einen hohen Bindegewebsanteil und enthalten in geringem Maße Spurenelemente und Vitamine. Bei zu hohen Anteilen schwer verdaulichen Bindegewebes gelangt unverdautes Protein in den Dickdarm und kann zur Überwucherung der physiologischen Flora mit Clostridien führen. Dies kann Flatulenzen und Durchfall zur Folge haben. Schlundfleisch sollte nicht regelmäßig in zu großen Mengen verfüttert werden, da es Schilddrüsenreste enthalten kann. Diese können zu Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion führen.
Knochen enthalten Calcium, Phosphor, Magnesium und auch Kupfer und Zink. Bei Knochenfütterung besteht Verletzungsgefahr und das Problem des Knochenkots. Um Splitterung zu vermeiden sollten die Knochen stets roh gefüttert werden. Wenn Knochen als Calciumlieferant dienen soll, empfiehlt sich eine Fütterung mindestens alle zwei Tage, da der Organismus empfindlich auf Änderungen in der Calciumversorgung reagiert.
Gemüse und Obst liefern Ballaststoffe für die Ration und können somit das Wachstum von erwünschten Darmbakterien begünstigen. Zusätzlich enthalten sie wasserlösliche Vitamine.
Öle sollten zur Deckung des Bedarfs an essentiellen Fettsäuren gefüttert werden. Aufgrund des unterschiedlichen Gehaltes verschiedener Fettsäuren in Ölen ist eine Abwechslung von tierischen und pflanzlichen Ölen ratsam.
Mängel bei reiner Fleisch- & Knochenfütterung
Meistens ist die zusätzliche Supplementierung eines vitaminisierten Mineralfutters die sicherste Variante, eine ausgewogene Ration zu gewährleisten. Bei einem vitaminisierten Mineralfutter sollten die Inhaltsstoffe deklariert sein. In der Regel dienen sie zur Supplementierung der:
- Mengenelemente:
- Calcium
(wenn keine Knochen gefüttert werden) - Phosphor
- Natrium
- Kalium
- Magnesium
- Calcium
- Spurenelemente
- Eisen
- Kupfer
- Zink
- Mangan
- Jod (kann auch mit Seealgen ergänzt werden)
- fettlösliche Vitamine:
- Vitamin A & D (können auch mit Lebertran ergänzt werden)
- Vitamin E
- wasserlösliche Vitamine:
- B-Vitamine (können auch über Bierhefe ergänzt werden)
Kommerziell erhältliche Mineralfutter haben unterschiedliche Zusammensetzungen und es sollte darauf geachtet werden, dass das passende Mineralfutter zur optimalen Ergänzung der individuellen Ration ausgewählt wird. Idealerweise geschieht dies im Zuge einer Rationsberechnung. Kräutermischungen, besonders in den oft verwendeten Dosierungen, können keine bedarfsgerechte Supplementierung von Mineralstoffen und Vitaminen leisten.
BARFEN aus labormedizinischer Sicht
Um Fehler in der Rationsgestaltung zu vermeiden, sollten im Vorfeld zur BARF-Fütterung einige Untersuchungen durchgeführt werden. Zunächst kann ein „BARF-Blutprofil“ (ALT, Kreatinin, Ei- weiß, Albumin, Calcium, Phosphat, Kupfer, Zink, Jod, Vitamin A, D, E, T4, kleines Blutbild) einen Überblick über den Gesundheitszustand des Tieres vermitteln. Die Feststellung einiger Krankheitsbilder ist von großer Bedeutung, um bei der Gestaltung der Ration die daraus resultierenden besonderen Anforderungen berücksichtigen zu können.
Außerdem können Serumwerte außerhalb der Norm bei klinisch unauffälligen Tieren Hinweise auf eine eventuelle Dysbalance liefern und ein Anlass für eine bilanzierte Rationsüberprüfung oder -berechnung sein. Die Überprüfung der Laborparameter ist somit durchaus empfehlenswert, fütterungsbedingte Mängel können jedoch endgültig nur über eine genaue Analyse der Ration aufgedeckt werden. Wichtig ist ebenfalls, dass auch Serumwerte innerhalb der Norm keinen Rückschluss auf eine ausgewogene Ernährung zulassen. Einige Blutwerte verändern sich erst bei starken und/oder langanhaltenden Mängeln, da sie zuvor durch die körpereigene Homöostase in der Norm gehalten werden. Somit kann im Fall von normalen Serumwerten die Beurteilung einer ausgewogenen Ernährung ausschließlich über eine Rationsberechnung erfolgen.
BARFEN als Infektionsquelle
Beim Umgang mit rohem Fleisch ist eine strikte Hygiene einzuhalten, um das Infektionsrisiko für das Tier und den Tierhalter zu minimieren. Besonders in Haushalten mit gefährdeten Personen wie Schwangeren, Kindern, alten oder immunsupprimierten Menschen ist besondere Vorsicht geboten. Generell besteht eine Infektionsgefahr mit Bakterien, Parasiten und auch Viren.
Durch rohes Fleisch besteht die Gefahr der Infektion mit enteropathogenen Keimen wie Salmonellen, Campylobacter, Yersinien und Listerien. Auch andere Keime wie Escherichia coli oder Toxinbildende Bakterien wie Clostridium botulinum, Bacillus cereus oder Staphylococcus aureus können übertragen werden. Hunde und Katzen erkranken nicht unbedingt an den genannten Erregern, sondern können latent infiziert sein und diese über den Kot ausscheiden. Sie stellen somit eine Infektionsquelle für andere Tiere und auch den Menschen dar.
Ebenfalls können durch die Rohfütterung unterschiedliche, teils auch humanrelevante Parasiten übertragen werden: einerseits Protozoen wie Toxoplasma gondii, Neospora caninum, Sarkosporidien und andererseits Würmer wie Toxocara canis (Spulwurm) und Echino- cocccus granulosus (kleiner Hundebandwurm). Die ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) rät, Fleisch vor dem Verfüttern ausreichend tief und lang (mind. 1 Woche bei -17°C bis -20°C) einzufrieren, um eventuell enthaltene Parasitenstadien abzutöten. Ist dies nicht gewährleistet, sollte alle 6 Wochen eine parasitologische Kotuntersuchung oder eine Entwurmung durchgeführt werden.
Grundsätzlich sollte kein rohes Schweinefleisch an Hunde oder Katzen verfüttert werden, um die Übertragung von suiden Herpesvirus (SHV-1), dem Erreger der Aujeszky-Krankheit, auch als Pseudowut bezeichnet, zu verhindern. Die Erkrankung endet bei Hund und Katze innerhalb von 1 – 3 Tagen tödlich. Erst im Dezember 2017 gab es in Deutschland zwei bekannte Fälle von Aujeszky beim Hund, dieses Jahr bisher ein betroffenes Wildschwein. Aufgrund der weiten Verbreitung von Aujeszky im osteuropäischen Raum ist gerade bei Fleischimporten oder Fleisch unbekannter Herkunft Vorsicht geboten.
Zu beachten ist, dass auch eine strikte Einhaltung der Hygiene keine vollständige Elimination von Keimen gewährleisten kann. Für Salmonellen konnte z.B. gezeigt werden, dass selbst Spül- maschinen-Waschprogramme mit 85 °C oder eine Reinigung mit heißem Wasser, Spülmittel und anschließendes Ein- weichen in 10 % iger Chlorbleiche nicht ausreichen, Salmonellen in Futternäpfen vollständig zu eliminieren (Weese und Rousseau 2006).
Aus diesem Grund bietet sich zur Abklärung des Infektionsstatus eines gebarften Tieres in regelmäßigen Abständen die Durchführung eines BARF-Kotprofils (Salmonellen, Yersinien, Campylobacter, Listerien, Parasiten) zum Ausschluss von enteropathogenen Keimen und Parasiten an.
Prophylaktische Hygienemaßnahmen beim BARFEN
- Fleisch nur tiefgefroren und in extra dafür genutzten Behältern lagern
- die Kühlkette beim Transport/ Versand nicht unterbrechen (immer < 4°C)
- Fleischportionen im Kühlschrank ohne Verpackung auftauen, Abtropfwasser verwerfen
- Fleischzubereitung idealerweise mit Messern ohne Holzgriff; Bretter und Messer anschließend bei höchster Temperatur in der Spülmaschine oder per Hand mit heißem Wasser und Spülmittel reinigen
- nicht gefressenes Futter kühl stellen oder verwerfen
- nach jeder Mahlzeit den Fressnapf mit heißem Wasser und Spülmittel reinigen, hierfür gesonderte Schwämme verwenden
- zum Abschluss Händewaschen nicht vergessen!
Fazit
- Wenn’s gut gemacht wird, kann mit BARFEN eine ausgewogene Ernährung möglich sein.
- BARF-Blutprofile können Hinweise liefern, eine bilanzierte Rationsberechnung ist jedoch das A&O für eine ausgewogene Ernährung.
- BARFEN stellt eine Infektionsquelle mit Bakterien, Parasiten und Viren dar, strikte Hygiene ist sehr wichtig, gibt aber keinen 100 % igen Schutz vor Infektion, zur sicheren Kontrolle empfiehlt sich in regelmäßigen Abständen ein BARF-Kotprofil.