Teil I: BEVA-Congress, September 2023, Birmingham, UK
Hopster-Iversen: Gewichtsverlust – können wir nur Steroide verordnen?
Die Autorin griff das Thema chronischer Gewichtsverlust bei adulten Pferden auf und ging hierbei insbesondere auf die „inflammatory bowl disease“ (IBD) ausführlicher ein. Diese ist charakterisiert durch die Infiltrierung von Entzündungszellen in die Mukosa oder Submukosa des GIT. Die Diagnose IBD muss mittels muss mittels Ausschlußdiagnostik gestellt werden und weist dann folgende Befunde auf: verdickte Darmwand (Sonographie), abnormaler Absorptionstest (cave: Dickdarm), Hypoprotein- und Hypoalbuminämie, histologischer Nachweis der Infiltration von Entzündungszellen (Lymphozyten, eosinophile Granulozyten u.a.) Die Ätiologie ist noch nicht geklärt. Vermutet wird eine immunmediierte Reaktion auf ein noch nicht identifiziertes Antigen. Eine Therapie besteht darin, das vermutete Antigen zu vermeiden. Eine Eliminationsdiät sowie evtl. Parasitenbekämpfung wurden ebenfalls angeraten. Evtl. kann initial systemisch Dexamethason, gefolgt von Prednisolon (manchmal lebenslang) versucht werden. Während sich die Prognose bei frühem Therapiebeginn als moderat stellen lässt, haben Pferde mit weiter bestehender Malabsorption eher eine eingeschränkte Genesungsaussicht.
Hughes: Transfaunation – ist Mist das Heilmittel?
Hughes ging auf das Thema fäkale Mikrobiota-Transplantation bei Pferden ein. Indikationen sind: Diarrhöe, Enteritis und Colitis – auch bei Fohlen, die älter als 24 Stunden sind. Donor-Pferde sollten gesund sein, in den letzten Wochen keine Medikamente bekommen haben und ein negatives Kotscreening auf Pathogene aufweisen. Die Aufbereitung der Faeces wurde beschrieben. Adulte Pferde bekommen 2 – 7 l, Fohlen 400 – 600 ml übertragen.
Sullivan: Colitis beim Esel
Die Autorin wies auf Esel-spezifische Abweichungen im Verhalten, aber auch bei labordiagnostischen Parametern hin. Auslöser können beim Esel alle Formen von Stressoren sein. Auch hier brachte die Transfaunation gute Ergebnisse. Als Donor kommt nur ein gesunder anderer Esel infrage. Die beim Pferd eingesetzten Probiotika sollen nicht zur Anwendung kommen, weil Esel ein anderes Mikrobiom als Pferde haben.
South: Hepatotrope Viren – wo stehen wir heute?
Im Detail wurde auf Lebererkrankungen eingegangen, welche durch hepatotrope Viren verursacht werden. Theiler‘s Disease ist eine meist akut auftretende Lebererkrankung, die schnell lebensbedrohend wird. Sie wird verursacht durch eine Infektion mit dem equinen Parvovirus, welches in den meisten Fällen mit der Applikation equiner Biologika übertragen wird. Wo dies nicht der Fall ist, werden noch andere Übertragungswege diskutiert (blutsaugende Vektoren?). T. Divers hat das equine Parvovirus vor einigen Jahren als ätiologisches Agens isoliert, die Theiler‘s Disease ist allerdings schon sehr viel länger beschrieben. Im Anfangsstadium ist die Erhöhung der γ-GT nicht beängstigend hoch. Bemerkenswert ist auch, dass einer Studie zufolge die Seroprävalenz bei ca. 30 % liegt und 9 % ein positives PCR-Ergebnis aufweisen. Die Infektion mit dem equinen Hepacivirus verläuft meist subklinisch. Experimentell ließen sich allerdings klinische Verläufe auslösen.
Rossdales Laboratories fanden unter 227 Probeneinsendungen gesunder Pferde bei 2,6 % Hepacivirus-positive Ergebnisse (Serologie und/oder PCR), wohingegen der Prozentsatz beim equinen Parvovirus < 1 % war. Daraus stellt sich die Frage nach der Relevanz für Hepatopathien. Außerdem wird deutlich, dass ein einmaliger positiver Nachweis keine ätiologisch abgeklärte Diagnose zulässt.
Van Erck-Westergren: Erhöhte Leberenzyme bei Sportpferden – müssen sie uns Sorgen bereiten?
Die Autorin ging auf die Bedeutung erhöhter Leberwerte, speziell der γ-GT beim Sportpferd, ein. Das „γ-GT-Syndrom“: Die γ-GT ist nach intensiven, kumulativen Trainingseinheiten mäßig erhöht. Als Ursache wird oxidativer Stress vermutet. Bei erhöhtem O2-Verbrauch werden 98 % des Sauerstoffs für die Energiebereitstellung verbraucht, 2 % verbleiben als hochreaktive oxidative Stressmetaboliten (ROS) im Körper. Diese Anhäufung von ROS ist als Trainingsintoleranz zu werten.
Claes: Einsatzmöglichkeiten der Reproduktionsendokrinologie in der Diagnostik bei Stuten
Zur Abklärung von Granulosazelltumoren (GZT) gab der Autor folgenden Rahmen an: Testosteronbestimmung: 48 % Sensitivität (adrenaler oder ovarieller Ursprung, bei trächtigen Stuten erhöht, tägliche Variationen), Inhibinbestimmung: 80 % Sensitivität (zyklische Änderungen, erhöht während der Trächtigkeit). Inhibin- und Testosteronbestimmung: 84 % Sensitivität. Die Bestimmung des Anti-Müller-Hormons (AMH) zeigte eine Sensitivität von 98 % und wurde zur GZT-Diagnostik empfohlen!
Beim männlichen Tier sinkt das AMH ca. eine Woche nach der Kastration auf Wallachniveau ab (HWZ 1,5 Tage).
Rendle: Ist Ertugliflozin ein Wunder-Medikament?
Der Autor fasste noch einmal die Arbeit von Sundra zum Ertugliflozin zusammen. Ihre Ergebnisse wurden noch durch weitere Studien ergänzt und haben sich bestätigt: Ertugliflozin scheint sich erstmals als sinnvolles Medikament zur EMS- und Hufrehebehandlung herauszustellen und die EMS-Therapie auf eine neue Stufe zu heben. Nicht nur die Gewichtsabnahme, das Absinken der Insulinkonzentration und die deutliche Verbesserung der Hufrehesymptomatik innerhalb kurzer Zeit waren eindrucksvoll, auch die Besitzerzufriedenheit bei Pferden, bei denen bereits über die Euthanasie nachgedacht wurde, war extrem positiv. Man sollte jedoch beachten, dass Pferde wieder normal eingesetzt werden, bei denen zum Teil durch langjährige Hufrehevorgeschichte schon strukturelle Veränderungen im Huf vorliegen. Da muss man die langfristige Entwicklung dieser Pferde abwarten.
Sullivan: Endokrinopathien beim Esel
Hier ging es im Wesentlichen um das Donkey Metabolic Syndrome. Dabei ist die Einschätzung des Futterzustandes des Tieres durch deren Besitzer schwer gestört. 26 % der Esel im UK sind übergewichtig, fast 9 % adipös und diese Problematik nimmt weiter zu. AMS (asinine metabolic syndrom): Die Diagnostik erfolgt wie beim Pferd, jedoch mit angepassten Referenzwerten. Der Karo light syrup®-Test ist für Esel noch nicht validiert. Nach Einschätzung der Autorin dürfte der Cut-off für Insulin bei etwa 50 µU/ml liegen. Die Therapie umfasst: Diät, Bewegung (auch Esel kann man bewegen!), 2 bis 3 kg Rauhfutter/Tag (im Winter: 50 % Stroh, im Sommer: 75 % Stroh) sowie entsprechende Futterzusätze (Balancer).
Hughes: Rotavirus B – das “new kid on the block”
Ein neues Rotavirus B hat zu Ausbrüchen blutiger Durchfälle bei jungen Fohlen auf mehreren Gestüten in Kentucky geführt. Ursprung dieses neuen Gruppe B-Rotavirus (ERVB) waren Wiederkäuer. Die PCR-Untersuchung auf das bekannte ERVA konnte das neue Virus nicht detektieren. Die Fohlen waren 2 – 7 Tage alt, der Durchfall hielt für 3 – 4 Tage an, die Morbidität betrug bis zu 100 %. Eine vorangegangene Impfung der Mutterstuten mit einer inaktivierten ERVA-Vakzine gab keinen Schutz der Fohlen vor einer ERVB-Erkrankung. Bislang steht kein kommerzieller Test für ERVB zur Verfügung, so dass es unklar bleibt, wo sonst noch das Virus vorhanden ist. Ein gewisses zoonotisches Potential des ERVB ist nicht auszuschließen.
Teil II: Annual Convention of the American Association of Equine Practitioners (AAEP), Dezember 2023, San Diego, CA, USA
Bei der „Kester News Hour“ wurden verschiedene bedeutsame Veröffentlichungen aus dem zurückliegenden Jahr vorgestellt:
Mit dem Hintergrund der Evaluation eines Hufreherisikos nach Cortisongabe untersuchten Boger et al. den Effekt einer einzelnen intraartikulären (i.a.) Triamcinolonacetat (TA)-Injektion auf die Blutglukose- und Insulinkonzentrationen bei Pferden. Für die Studie wurden bei 10 gesunden Pferden Insulin- und Glukosekonzentrationen basal bestimmt sowie nach einer i.a. TA-Injektion (Messungen nach 4, 6, 8, 24, 48 und 72 h). Moderate Erhöhungen im Vergleich zu den Basalwerten wurden bis zu 48 h nach TA-Injektion festgestellt. Man kann davon ausgehen, dass eine i.a. Cortisoninjektion den Blutglukose- und Insulinspiegel bis zu 48 h nach der Injektion bei gesunden Pferden beeinflussen kann. Bei Pferden mit Verdacht auf eine Insulindysregulation (ID) sollte dieses im Vorfeld einer TA-Injektion berücksichtigt werden. Es wird empfohlen, diese auf ID – z. B. mittels Karo light syrup®-Test oder oralen Glukose-Tests – zu untersuchen, um das Hufreherisiko besser einschätzen zu können.
Dr. Noah Cohen (Texas School of Veterinary Medicine) stellte ein neues Forschungsprojekt vor: die Entwicklung einer mRNA-Vakzine gegen Rhodococcus equi-Infektionen bei Fohlen mit dem Ziel einer besseren Immunantwort.
In einer anderen Studie untersuchten Stratico et al. die Besitzerzufriedenheit nach einer durchgeführten Ovariektomie bei 11 Stuten (einseitig n = 5, beidseitig n = 6) mit Verhaltensauffälligkeiten (z. B. Unrittigkeit, erhöhte Empfindlichkeit an beiden Flanken etc.). Nach der Operation berichtete die Mehrheit der Besitzer (91 %, 10/11) von einer deutlichen Verbesserung des Verhaltens (Verringerung des Schweregrads oder vollständiges Verschwinden der Auffälligkeiten). Bei 6 Stuten wurden die entnommenen Ovarien histopathologisch untersucht. In 5 Proben wurde entweder ein Granulosa- oder Granulosathekazelltumor diagnostiziert. Hormonanalysen wurden allerdings nicht durchgeführt.
Fachvorträge
Neurologische und neuromuskuläre Erkrankungen bei Pferden wurden dieses Jahr vermehrt thematisiert. Als Ursachen für die häufigsten, nicht-infektiösen Rückenmarkserkrankungen bei Pferden in den USA mit spinaler Ataxie wurden von der Vortragenden Amy L. Johnson (University of Pennsylvania) die cervical vertebrae stenotic myelopathy (CVSM oder Wobbler syndrome) sowie die equine neuroaxonal dystrophy (eNAD)/equine degenerative myeloencephalopathy (EDM) genannt. Die eNAD sowie die fortgeschrittene Form dieser Erkrankung (die EDM) sind neurodegenerative Störungen mit einer genetischen Prädisposition, die mit einem Vitamin-E-Mangel innerhalb des ersten Lebensjahres assoziiert werden. Zusätzlich zu Leistungsinsuffizienz, Ataxie und propriozeptiven Defiziten können die Pferde Verhaltens- und/oder Wesensveränderungen zeigen. Diese variieren von plötzlich auftretendem, unvorhersehbarem explosionsartigem Verhalten (Aggressionen, Bocken, Unrittigkeit etc.) bishin zu Trägheit oder Lethargie. Eine Diagnose ante mortem ist schwierig und daher eine Ausschlussdiagnostik: Eine Liquoruntersuchung zeigt meistens keinen Hinweis auf ein entzündlich-infektiöses Geschehen. Eine ursächliche CVSM sollte mittels Röntgenuntersuchungen ausgeschlossen werden. Die Untersuchung des Biomarkers pNF-H (phosphorylated neurofilament heavy chain protein) aus Liquor und Serum kann sinnvoll sein, um die Diagnose eNAD/EDM ante mortem zu unterstützen. Dieses Protein weist auf eine neuroaxonale Degeneration und die anschließende Freisetzung von Strukturproteinen (Neurofilamente) hin. Zusätzlich ist die Vitamin-E-Konzentration im Serum häufig marginal bis niedrig und wird als Risikofaktor für eNAD/EDM genannt. Da nur histopathologische Veränderungen des Hirnstammes und Rückenmarks eine eindeutige Diagnose post mortem zulassen, bleibt die Diagnose eNAD/EDM eher unterdiagnostiziert. Amy L. Johnson nennt diese Erkrankung als häufigste neurologische Diagnose post mortem.
Ebenfalls eine Vitamin-E-assoziierte Muskelerkrankungen mittelalter Pferde ist die equine motor neuron disease (EMND) – eine erworbene, neurodegenerative Erkrankung der somatischen unteren Motoneurone, welche die Skelettmuskulatur innervieren. Die Pferde zeigen keine Ataxie aber Schwäche und eine generalisierte Muskelatrophie. Die Diagnose erfolgt über eine Biopsie des Musculus sacrocaudalis dorsalis medialis und eine Bestimmung der Vitamin-E-Konzentration im Serum. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass normale Vitamin-E-Konzentrationen vorhergehende Mangelzustände nicht ausschließen können.
Die Vitamin E responsive myopathy (VEM), eine Unterform der EMND, bezeichnet eine meist reversible Erkrankung, die mit Muskelschwund und -schwäche einhergeht, jedoch keine Schädigung der motorischen Nerven hervorruft. Die Vitamin-E-Bestimmung kann allerdings normale bis niedrige Serumwerte erbringen. Eine Unterscheidung zwischen EMND und VEM ist nur anhand einer Biopsie des Musculus sacrocaudalis dorsalis medialis möglich. Während EMND-Patienten häufig nicht oder nur eingeschränkt auf eine Therapie mit Vitamin E ansprechen bzw. bleibende Muskelatrophie zeigen, sprechen Patienten mit VEM auf eine Therapie mit Vitamin E sehr gut an – bis hin zur vollständigen Genesung.
Die häufigste infektiöse Ursache für Rückenmarkserkrankungen beim Pferd in den USA ist die equine protozoäre Myeloenzephalitis (EPM), verursacht durch eine Protozoeninfektion (Sarcocystis neurona, selten auch Neospora hughesi). Zu den Symptomen gehören Lahmheiten, propriozeptive Ataxie, Parese sowie asymmetrische Muskelatrophie. Auf Grund der sehr hohen Seroprävalenz (je nach Region bis zu 83 %) sollte ein positiver Antikörpertiter nicht als alleinige Grundlage für eine Diagnose herangezogen werden. Amy L. Johnson empfiehlt daher ante mortem eine Ausschlussdiagnostik, basierend auf der Untersuchung einer gepaarten Serumprobe, dem Antikörpertiter-Verhältnis von Serum/Liquor, PCR-Untersuchung aus Liquor sowie einer diagnostischen Therapie. Die EPM sollte bei Importtieren aus den USA unbedingt als Differentialdiagnose bei unklaren orthopädischen sowie bei neuromuskulären Erkrankungen berücksichtigt werden.
Die Diagnose der Polysaccharid-Speicher-Myopathie Typ 2 (PSSM2) sowie der myofibrillären Myopathie (MFM) erfolgt durch eine Biopsie des Musculus semimebranosus oder Musculus gluteus medius. Stephanie Valberg (Kentucky Equine Research) beschreib dafür die sogenannte „Percutaneous Needle Biopsy Technique“. Diese und andere Biopsietechniken sind anschaulich und einfach auf der Webseite des Valberg Neuromuscular Diagnostic Laboratory beschrieben.
Laut Amy L. Johnson spielt Borrelia burgdorferi als Ursache neurologischer Erkrankungen beim Pferd eine eher untergeordnete Rolle. Sie berichtete jedoch von regelmäßig auftretenden Fällen einer Beteiligung dieses Erregers bei der Bursitis nuchalis. Die Diagnose erfolgt über eine positive PCR-Untersuchung aus Schleimbeutelflüssigkeit. Aus Erfahrung der Vortragenden sind diese Pferde häufig zusätzlich hoch positiv auf OspA-Antikörper im Westernblot, die eigentlich eher mit einer Impfung gegen den Erreger assoziiert sind.
Reproduktion
Progesteron, 5ɑ-dihydro-Progesteron (DHP) und die Bedeutung für den luteo-plazentaren Shift in der Trächtigkeit:
Alan Conley (University of California, Davis) sprach über die Bedeutung der Bestimmung dieser Hormone während der Trächtigkeit mittels Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung (LC-MS/MS). Besonders der Verlauf von Progesteron und DHP sowie das Verhältnis dieser beiden Hormone in der Frühträchtigkeit kann für den Praktiker relevant sein, um den sogenannten luteo-plazentaren Shift – also den Zeitpunkt, an dem die Plazenta die Gestagensynthese übernimmt – zu bestimmen. Die luteale Progesteronsynthese nimmt zwischen dem 70. und 100. Tag der Trächtigkeit ab. Stattdessen produziert die Chorioallantoismembran DHP bis zur Geburt. Eine Unterscheidung dieser beiden Hormone ist nur mittels LC-MS/MS möglich. Bei zyklischen oder frühträchtigen Stuten beträgt das DHP/Progesteron-Verhältnis < 1, während es nach dem luteo-plazentaren Shift (ca. um den 100. bis 120. Tag) > 1 beträgt. Bei Stuten mit Verdacht auf eine luteale Insuffizienz (Progesteron < 4 ng/ml) ist die Bestimmung des Zeitpunktes des luteo-plazentaren Shifts möglicherweise relevant, um den Behandlungszeitraum einer Altrenogest-Supplementierung abschätzen zu können. Aufgrund der androgenen Eigenschaften von Altrenogest, mit möglichen Auswirkungen auf die langfristige Fruchtbarkeit der Stute und auch auf neugeborene Stutfohlen, sollte das Präparat nicht unnötig lange gegeben werden. Somit kann die Bestimmung des DHP/Progesteron-Verhältnisses hilfreich sein, um diesbezüglich eine Therapieentscheidung zu treffen. Herkömmliche Immunoassays können aufgrund von Kreuzreaktivitäten nur das Gesamtprogesteron bestimmen. Somit kann eine Bestimmung aller relevanten Gestagene mittels LC-MS/MS bei Verdacht auf eine luteale Insuffizienz von Vorteil sein. Außerdem kann bei ausreichend vorhandener DHP-Konzentration davon ausgegangen werden, dass eine Supplementation von Altrenogest risikolos ab dem 120. Tag beendet werden kann. Zusätzlich kann es bei Plazentitiden zu einer Downregulation der Progesteronrezeptoren im Myometrium kommen, was eine ausreichende Wirksamkeit einer zusätzlichen Supplementierung von Altrenogest infrage stellen kann.
Dr. Antje Wöckener, Dr. Svenja Möller