Die feline infektiöse Peritonitis (FIP) entwickeln ca. 1 – 3% (1) bzw. 5 – 12% (2, 3) der Katzen, die sich mit dem felinen enteralen Coronavirus (FECoV) infizieren. Mit dem felinen Coronavirus (FCoV) werden das FECoV und seine mutierte Form – das feline infektiöse Peritonitis Virus (FIPV) – zusammengefasst.
Bis heute sind noch nicht alle Schritte der Pathogenese der FIP geklärt und der Weg zur Diagnose ist nur durch invasive Methoden oder unter Einbeziehung von mehreren Labortests möglich, v.a. bei der nicht effusiven bzw. trockenen Form der FIP.
Epidemiologie und Ausscheidung FECoV
Das FCoV kann weltweit in sehr vielen Haushalten (4) oder Tierheimen nachgewiesen werden, besonders Mehrkatzenhaushalte sind betroffen (2, 5). Katzen, die jünger als 12 Monate sind, haben eine 2,5-fach höhere Wahrscheinlichkeit, FECoV über den Kot auszuscheiden, als Katzen in einem Alter von 1 – 5 Jahren (4). Die Mehrheit der Katzen infiziert sich in einem Alter von 6 – 10 Wochen (meist über das Muttertier). Die fäkale Ausscheidung erfolgt i.d.R. nicht vor der 9. Lebenswoche, eine Ausscheidung ab der 4. Lebenswoche ist jedoch auch nachgewiesen worden (4). FECoV kann über einen Zeitraum von 18 Monaten nach der Infektion über den Kot verbreitet werden. Allgemein werden nach der Infektion ca. 10 – 13% der Katzen zu Dauerausscheidern (chronische Virusausscheidung), 70 – 80% der Katzen haben eine transiente Infektion, d.h. sie sind intermittierende Ausscheider, 5 – 10% der Katzen entwickeln eine Resistenz (1, 6).
Katzen, die Dauerausscheider von FECoV sind, dienen zwar der Verbreitung des Virus innerhalb der Katzenpopulation, scheinen selbst aber seltener eine FIP zu entwickeln (1).
Mutation des FCoV
Generell haben RNA-Viren ein sehr großes Genom und ihre Polymerase neigt bei der Virusreplikation zu Ablesefehlern, daher haben diese allgemein eine höhere Wahrscheinlichkeit zu mutieren (5).
Nach aktuellem Wissensstand unterscheiden sich die Aminosäuresequenzen von mutierten (FIPV) und nicht mutierten (FECoV) Stämmen des FCoV nur in sehr wenigen einzelnen Sequenzpositionen (2). Diese wenigen Veränderungen der Aminosäuresequenz können trotzdem zum Wechsel des Zelltropismus des FCoV führen. Dabei wird davon ausgegangen, dass das FIPV nicht wie das FECoV in die Enterozyten des Darms, sondern in Makrophagen und Monozyten eindringt und sich dort vermehrt. Dadurch wird es nach der Mutation nicht mehr über den Kot ausgeschieden. Folglich kann eine an FIP erkrankte Katze das mutierte Virus nicht an andere Katzen weitergeben.
Es ist bisher noch keine Mutation bekannt, die bei Infektion zuverlässig eine FIP hervorruft.
Es werden vier Regionen für mögliche Genmutationen des FCoV vermutet, die ursprünglich für die Änderungen des Zelltropismus des Virus sind. Hierzu gehören unter anderem das offene Leseraster (ORF) „3a-c ORF“ (die Bedeutung der Mutation ist noch ungeklärt; ein Virus mit Mutation in diesem Sequenzbereich wird nicht mehr über den Kot ausgeschieden), das „7a-b ORF“ (die Bedeutung der Mutation ist noch ungeklärt, sie wird aber diskontinuierlich in Fällen von FIP nachgewiesen), das M-Gen (welches zuständig für ein Membranprotein des Virus ist) und weiterhin das S-Gen für das sogenannte „Spike-Protein“, dieses Protein ist verantwortlich für die Fähigkeit des Virus in die Zellen „einzutreten“ (5).
Der Hauptfokus der Forschung liegt derzeit auf dem Mutationsnachweis des Spike-Proteins, da hier der Hauptgrund für den Wechsel des Zelltropismus vermutet wird. So konnte zwar in 91% der Gewebeproben von Katzen mit klinischer FIP eine Mutation im Spike-Protein gefunden werden, andererseits hatten 9% der Katzen mit klinischer FIP keine Mutation im Spike-Protein. Zudem konnte in 89% der Gewebeproben von Katzen, die kein klinisches Bild einer FIP zeigten, ebenfalls eine Mutation im Spike-Protein nachgewiesen werden (3). Daher wurde geschlussfolgert, dass eine Mutation im Spike-Protein viel eher als ein Marker für systemische Virusverbreitung als für die gesicherte Diagnostik einer FIP verwendet werden kann (3, 7). Eine negative PCR auf Mutationen muss kritisch beurteilt werden, da trotzdem eine Mutation des FCoVs vorliegen kann. Eine Ursache könnte sein, dass die Mutation an einer anderen Sequenzstelle liegt oder gerade nicht im eingesandten Material vorhanden ist. Ebenso kritisch muss die positive PCR auf Mutationen bewertet werden, da, wie oben beschrieben, auch Katzen ohne klinische Erkrankung eine FCoV-Mutation tragen können.
Andere Studien vermuten, dass mehrere Mutationen vorliegen müssen, damit die Katze das klinische Bild der FIP entwickelt (5).
Demnach sind die genauen Mutationsmechanismen und deren Auswirkungen, die zur FIP führen, und schließlich auch der Nutzen sowie die Art und Weise des Mutationsnachweises nicht zur Gänze geklärt.
Risikofaktoren für die Entwicklung der FIP
In der Literatur sind verschiedene Risikofaktoren beschrieben, die mit der Entwicklung der FIP zusammenhängen können. Als weitestgehend gesichert gilt das Alter der Katze. So haben Katzen, die jünger als 2 Jahre sind, das höchste Risiko an FIP zu erkranken (4, 5). Danach scheint das Risiko für FIP, v.a. für die trockene Form, erst wieder im höheren Alter der Tiere zu steigen (6).
Ein weiterer sicherer Einflussfaktor ist Stress in jeglicher Form, z.B. Besitzerwechsel, Verbringung ins Tierheim, Operationen oder Hierarchieänderungen. Weiterhin kommen viele FIP-erkrankte Katzen aus Haushalten mit hoher Besatzdichte (5). Studien zufolge steigt die Ausscheidung von FECoV im Kot der Katze nach dem Wechsel des Wohnorts (Besitzerwechsel oder Tierheim) um das 10-Fache – in manchen Katzen sogar bis zum 106-fachen Wert an (1).
Unkastrierte Kater haben ein höheres Risiko, kastrierte Katzen hingegen haben eine geringere Wahrscheinlichkeit FIP zu entwickeln (6).
Weiterhin wird ein genetischer Einflussfaktor, genauer die Anzahl der Allele, die für das feline Leukozyten Antigen (FLA) kodieren, und die bei verschiedenen Rassen unterschiedlich sein soll, diskutiert. So sollen Burmesen nur 2,8 Allele haben, im Unterschied zu anderen Rassen, die 6 Allele haben (1). Hieraus könnte sich eine geringere Diversität des felinen Leukozyten Antigens ergeben und folglich könnten diese Katzen eine schlechtere immunologische Abwehr entwickeln (1). Allerdings liegen im Bereich der rasseabhängigen FIP-Erkrankungen unterschiedlichste Studien vor, die zum Teil widersprüchliche Aussagen über die gleichen Rassen machen oder in denen eine Rasseabhängigkeit nicht repliziert werden konnte (1, 4, 6).
Die Theorie, dass das Interferon-γ-Gen und dessen Varianten mit dem Risiko der FIP-Erkrankung assoziiert sind, konnte bis jetzt nicht bestätigt werden (4).
Diagnose der FIP
Bisher bleibt der Goldstandard des FIP-Nachweises die Anfärbung des viralen Antigens innerhalb von Makrophagen, die von pyogranulomatösen Gewebsläsionen umgeben sind, mittels histopathologischer bzw. immunhistochemischer Untersuchung (7). Der hohen Sicherheit dieser Methode steht leider die ebenso hohe Invasivität für die Gewinnung von Gewebeproben gegenüber.
Als weiterer Diagnosebaustein kann eine PCR zum Nachweis des FCoVs durchgeführt werden (i.d.R. hat die Real-Time-PCR aus Flüssigkeit von Körperhöhlenergüssen die höchste Sensitivität). Nach aktuellen Erkenntnissen haben alle Flüssigkeits- oder Gewebeproben, die eine positive PCR auf Mutationen aufweisen, auch eine positive FCoV-PCR (3, 7). Da bei der FIP-Erkrankung durch die Mutation des Virus kein FECoV mehr über den Kot ausgeschieden wird bzw. da eine Katze sich trotz FIP-Erkrankung mit unmutierten FCoV gleichzeitig reinfizieren kann (7), ist eine FCoV-PCR aus Fäzesproben wenig hilfreich bei der Diagnosestellung.
Generell ist das Ergebnis der FCoV-PCR immer im Zusammenhang mit den Ergebnissen weiterer Tests zu beurteilen. So bleiben unter anderem die Rivalta-Probe, die Serumproteinelektrophorese, die Zytologie des Liquors oder des Körperhöhlenergusses sowie gegebenenfalls eine Ultraschalluntersuchung weiterhin wichtige Bausteine für die Diagnose der FIP (1, 6).
Diagnose FECoV-(Nicht-)Ausscheider
Bei der Ermittlung von chronischen und intermittierenden Ausscheidern muss beachtet werden, dass nach einer Erstinfektion mit FECoV das Virus über 18 Monate lang ausgeschieden werden kann. Daher kann die FCoV-PCR über einen langen Zeitraum positiv ausfallen, ohne dass die Katze zwangsläufig ein Dauerausscheider sein muss.
Es gibt keine einheitliche Empfehlung darüber, wie lang der Untersuchungszeitraum sein soll (d.h. in welchem Zeitintervall wiederholt FCoV-PCR-Tests aus dem Kot durchgeführt werden sollen), über den die Katze als Nicht-Ausscheider zu identifizieren ist. So kann man hierzu verschiedene Angaben von über 5 – 30 Tage (4), mindestens 5 Monate (6) oder sogar 9 Monate (1) finden.
Tendenziell gilt natürlich: Je länger der gewählte Zeitraum ist, umso sicherer ist der Status des Tieres.
Therapie
Bislang existiert keine Therapieoption, um den letalen Ausgang der FIP abzuwenden. Es gibt nur wenige Daten zu Therapieversuchen mit z.B. Kortikosteroiden, Chlorambucil und Cyclophosphamid, Immunostimulator Polyprenyl oder Pentoxifylline (6). Weiterhin fehlen zu vielen Medikamenten geeignete Kontrollstudien oder eine adäquate Fallzahl (6).
Als hoffnungsvollste Therapieoption ist derzeit ein kleines Molekül der Gruppe der Nukleosidanaloge, das GS-441524, in der Diskussion. Als Wirkmechanismus ist beschrieben, dass sich dieses Molekül als alternatives Substrat in die RNA-Kette des Virus bei der Replikation einbaut und hiermit die Verlängerung der RNA-Kette stoppt, da keine weiteren Ribonukleinsäuren angesetzt werden können. Nach ersten Studien können auch geeignete Wirkspiegel in der Augenkammer und dem Liquor erzielt werden. In vitro und nach ersten Infektionsversuchen scheint eine tägliche subkutane Injektion von GS-441524 die klinische Symptomatik einer FIP-Erkrankung zu verringern, das Allgemeinbefinden der Katzen zu verbessern und die Lebenszeit nach Diagnosestellung, um 8 bis 17 Monate deutlich zu erhöhen (8, 9).
Prävention
Die beste und einzig sichere Prävention der FIP ist zu verhindern, dass sich die Katze mit FCoV infiziert.
Soll nach dem Exitus einer Katze eine neue FCoV-negative Katze in den Haushalt geholt werden, sollte damit im optimalen Fall 3 Monate gewartet werden, um zu garantieren, dass das eventuell verbliebene FCoV im Haushalt die Infektiosität verloren hat (6). FCoV kann über mindestens 7 Wochen lang in trockener Umgebung infektiös bleiben. Das Virus ist jedoch empfindlich gegenüber fast allen herkömmlichen Detergenzien. Bleiche wird als besonders geeignet beschrieben (1).
Eine weitere Empfehlung zur Verringerung der Viruslast ist die tägliche Reinigung der Katzentoiletten; wenn möglich sollten die Toiletten in anderen Räumen als die Futter- und Wassernäpfe stehen (6).
Nach neuesten Untersuchungen kann die Wahl der Katzenstreu dazu beitragen die Viruslast bzw. die Virustransmission zu verringern. Demnach zeigen Katzenstreuvarianten, deren Ausgangsmaterial auf Tonmineral basiert, in vitro eine Verhinderung der Infektion von Zellen mit FECoV und senken den Virustiter (10). Diese Ergebnisse werden aber eher einer Virusbindungskapazität (da Tonmineral i.d.R. Proteine und Fette bindet), als einer Virusneutralisationskapazität zugesprochen (10). Fraglich ist, ob diese Virusbindungseigenschaft auch zur vollen Wirkung kommt, wenn eine Katze Fäkalien nicht komplett mit Katzenstreu bedeckt. Katzenstreuvarianten, deren Ausgangsmaterial auf Sägespänen basieren, scheinen keinerlei Virusbindungs- oder Virusneutralisationseigenschaften zu besitzen. Für die Ermittlung der Wirkungseffizienz müssen noch weitere Feldstudien durchgeführt werden (10).
Möglicherweise kann eine angepasste Fütterung, d.h. eine Reduzierung der ungesättigten Fettsäuren und eine Reduzierung des Omega-6 zu Omega-3-Verhältnisses dazu beitragen, dass das Milieu im Darm bzw. im Tier weniger proinflammatorisch ist. Herrschen weniger proinflammatorische Bedingungen im Tier, zeigen die Monozyten und Makrophagen eine geringere Tendenz zur Adhärenz bzw. Migration, sodass der Kontakt zwischen Virus und Immunzellen und somit ein eventuelles Eindringen und Virusreplikation in Monozyten oder Makrophagen sinkt (1).
Dr. med.vet. Eva-Maria Wittauer