Bei den in Südamerika lebenden Neuweltkameliden werden vier Arten unterschieden: Guanakos (Lama guanicoe), Vikunjas (Vicugna vicugna), Lamas (Lama glama) und Alpakas (Vicugna pacos). In Europa erfreuen sich die domestizierten Arten (Lamasund Alpakas) zunehmender Beliebtheit in der Hobbyhaltung (Wanderungen, Trekkingtouren, tiergestützte Therapie) oder in landwirtschaftlichen Betrieben (Zucht, Wollproduktion, Weidewirtschaft). Parasitäre Erkrankungen stellen eines der wichtigsten Probleme bei Neuweltkameliden dar. Nachfolgend werden die wichtigsten Parasiten vorgestellt (Tab. 1).
Protozoen
Bei den Neuweltkameliden gibt es 5 Eimeria-Arten (E. alpacae, E. lamae, E. macusaniensis, E. punoensis und E. ivitaensis), die alle streng wirtsspezifisch sind und daher auch nicht bei Haus- und Wildwiederkäuern vorkommen. Die Infektion erfolgt direkt durch orale Aufnahme von sporulierten Oozysten. Besonders neu zugekaufte Tiere sollten auf stille Ausscheider untersucht werden.
Die Symptomatik stellt sich unterschiedlich dar. Bei adulten Tieren verläuft die Infektion meist symptomlos. Jungtiere sind besonders in den ersten Monaten anfällig dafür, Symptome zu entwickeln. Das Erscheinungsbild des Durchfalls kann von wässrig bis hämorrhagisch reichen. Bei einigen Arten ist die Pathogenität noch unklar. Todesfälle, auch bei Adulten, sind bei Infektionen mit E. macusaniensis, E. lamae und bei Koinfektionen mit E. macuasiensis und E. ivitaensis beschrieben.
Giardien– und Kryptosporidien-Infektionen kommen bei Neuweltkameliden selten vor.
Nematoden
Magen-Darm-Strongyliden (MDS)
Neuweltkameliden können in Südamerika mit wirtsspezifischen Strongyliden infiziert sein. Auch Strongyliden von Haus- und Wildwiederkäuern parasitieren im Magen, Dünndarm oder Dickdarm. Die Infektion erfolgt oral mit infektiösen L3-Larven. Diese sind sehr widerstandsfähig und können bei günstigen Klimaverhältnissen auch auf der Weide überwintern, wodurch sich die Tiere im nächsten Jahr wieder auf der Weide anstecken können. Bei der Entwicklung im Wirt kommt es bei vielen Arten zum Eindringen der Larven in die Mukosa des Darmtrakts (histotrophe Phase), bevor sie in das Lumen zurückkehren und sich weiter entwickeln. Auch ein Verweilen der Larven in der Mukosa über die Wintermonate mit anschließender Reaktivierung im Frühjahr ist möglich (Hypobiose). Nur bei vereinzelten Strongyliden-Arten vollziehen die Larven eine Körperwanderung (pulmotracheal bei Bunostomum spp. oder enterohepatisch bei Lamanema chavezi), bevor sich die Adulten im Magen-Darm-Trakt ansiedeln.
Die Klinik stellt sich abhängig von verschiedenen Faktoren (z.B. Befallsintensität, Strongylidenart, Alter des Tieres) unterschiedlich dar. Häufig zeigen die Tiere nur verminderte Futteraufnahme, Abmagerung, stumpfes Haarkleid und Kümmern. Durchfall muss nicht immer vorhanden sein. Durch Proteinverluste über den Darm oder blutsaugende Strongyliden wie Bunostomum spp. und Haemonchus contortus kann es auch zu Hypoalbuminämie und Anämie kommen.
Trichuris spp.
Kameliden sind empfindlicher gegenüber Peitschenwürmern als unsere Hauswiederkäuer. Da die infektiösen Larven im Ei übertragen werden, sind diese gegenüber Umwelteinflüssen besonders resistent und können bis zu 5 Jahre in der Umwelt überleben. Besonders an feuchten Stellen auf den Weiden, Ausläufen und Tränkplätzen besteht eine Ansteckungsgefahr. Bei geringem Befall liegen in der Regel keine klinischen Anzeichen vor. Eine hohe Wurmlast macht sich meist durch blutigen Durchfall, Abmagerung, Kümmern, Hypoalbuminämie bis hin zu Ödemen und Anämie bemerkbar, da sich die Würmer vom Blut des Dickdarms ernähren.
Capillaria spp.
Die Unterscheidung von Trichuris-Eiern ist wichtig, da bis jetzt noch keine Berichte über klinische Erkrankungen vorliegen.
Strongyloides spp.
Diese Nematoden kommen nur selten bei den Tieren vor.
Bandwürmer
Bei den seltenen Infektionen mit Moniezia spp. erfolgt die Übertragung über Moosgrasmilben als Zwischenwirt. Die Bandwürmer haben eine geringe Pathogenität. Bei massivem Befall kann es jedoch zum Ileus kommen und bei Jungtieren zu einer schweren, teils tödlichen Enteritis führen.
Leberegel
Kleiner Leberegel
Die Übertragung von Dicrocoelium dendriticum erfolgt durch zwei Zwischenwirte (Landlungenschnecken, Ameisen). Die Kameliden infizieren sich durch das Fressen der Ameise, welche das infektiöse Stadium enthält. Die adulten Egel leben in den Gallengängen und schädigen aufgrund der fehlenden Leberwanderung auch nur diese.
Großer Leberegel
Bei Fasciola hepatica dient die Zwergschlammschnecke als Zwischenwirt, in dem sich das infektiöse Stadium entwickelt. Infektionsgefahr besteht vor allem bei feuchten Weiden (Teiche, Bäche, Entwässerungsgräben), auf denen der Zwischenwirt lebt. Schäden entstehen einerseits durch wandernde Juvenile im Leberparenchym und andererseits durch Adulte in den Gallengängen.
Im Gegensatz zu den Hauswiederkäuern sind bei Alpakas und Lamas die Leberegel pathogener. Die Klinik kann von milden Krankheitssymptomen über Apathie, Inappetenz, Abmagerung, Anämie, Dyspnoe bis hin zu Peritonitis, Leberversagen und Tod reichen.
Lungenwürmer
Lungenwürmer kommen in Deutschland selten vor, nachgewiesen wurden Dictyocaulus viviparus und D. filaria. Die adulten Würmer leben in den Bronchien und können bei den Tieren zu Husten, Dyspnoe und Nasenausfluss führen.
Nachweis
Eimerien können mittels Flotation nachgewiesen werden. Für den Nachweis der beiden sehr großen Eimerienarten (E. macusaniensis, E. ivitaensis) sind Flotationslösungen mit einem hohen spezifischen Gewicht (mindestens 1,30) nötig. Andernfalls können diese auch in der Sedimentation nachgewiesen werden. Eier von Nematoden und Bandwürmern lassen sich mittels Flotation anreichern, wobei für den Nachweis von Trichuris-Eiern eine Flotationslösung mit hoher Dichte (1,30) erforderlich ist. Andernfalls können diese ebenfalls im Sedimentationsverfahren nachgewiesen werden. Die Eier von Magen-Darm-Strongyliden variieren zwar teilweise in Form und Größe, eine sichere Unterscheidung ist aber nicht möglich. Nur Eier von Nematodirus und Marshallagia sind deutlich größer. Für den Nachweis von Leberegel-Eiern muss ein Sedimentationsverfahren durchgeführt werden. Lungenwurmlarven können im Kot mittels Baermann-Auswanderungsverfahren nachgewiesen werden.
Bekämpfung
Antiparasitika sind für Kameliden nicht zugelassen und müssen daher umgewidmet werden. Dosierungsvorschläge (Tab. 2) beruhen meistens auf Erfahrungsberichten und nicht auf Studien. Bei Wirkstoffen, die nur gegen adulte Stadien wirken, sollte die Therapie entsprechend der Präpatenzen wiederholt werden. Besonders bei Trichuris wirken die eingesetzten Wirkstoffe oft nicht ausreichend, da die Larvenstadien in der Schleimhaut nicht erfasst werden, wodurch eine höhere Dosierung, längere Gabe und Wiederholung empfehlenswert sind. Ein regelmäßiger Wechsel von Wirkstoffen aus unterschiedlichen Gruppen ist ebenfalls zu empfehlen, um die Gefahr der Resistenzentwicklung bei Nematoden zu minimieren. Pour-on-Produkte, die bei Hauswiederkäuern zugelassen sind, sind für Neuweltkameliden nicht geeignet, da der gewünschte Wirkspiegel im Blut nicht erreicht wird. Da die Parasitenstadien in der Umwelt häufig sehr widerstandsfähig sind, ist eine konsequente Stallhygiene wichtig. Dazu zählen regelmäßiges Ausmisten, mechanische Reinigung der Stallböden (mit heißem Wasser oder Hochdruck-Dampfstrahler), Füttern und Tränken aus Trögen (regelmäßig mit heißem Wasser reinigen), chemische Desinfektion des Stalles und der Einrichtungen mit einem Mittel, welches gegen den entsprechenden Parasiten eine Wirkung hat. Auch ein Weidemanagement unterstützt dabei, den Infektionsdruck zu minimieren. Besonders bei den schwieriger zu bekämpfenden Trichuris-Würmern sind zusätzliche hygienische Maßnahmen wichtig, da die Eier vor allem an feuchten Stellen lange überleben. Daher sollten feuchte Ausläufe und Weideplätze trockengelegt und Tränkplätze vorzugsweise befestigt werden, damit diese leichter regelmäßig desinfiziert werden können. Weitere Möglichkeiten zur Reduktion der Belastung mit Parasiten sind: niedrige Besatzdichte auf der Weide, Quarantäne von Neuzugängen, Kot regelmäßig einsammeln, kontaminierte Weiden im Frühjahr drei Monate brach legen oder anderweitig benützen, Mähen und Umackern sowie Kalken der Weide.