Die Allergen-spezifische Immuntherapie (ASIT, Hyposensibilisierung) ist die einzige kausale Therapieform bei der Behandlung der Caninen Atopischen Dermatitis (CAD). Die CAD ist eine chronische entzündliche Hauterkrankung des Hundes, hervorgerufen durch eine allergische Reaktion auf Umweltallergene. Die Erkrankung kann nicht geheilt, sondern nur kontrolliert werden und erfordert ein lebenslanges Management.
Die ASIT ist eine effektive und sichere Behandlungsform. Erfolgreich therapierte Hunde haben deutlich reduzierte Symptome oder werden sogar komplett symptomfrei. Zahlreiche Studien konnten den Therapieerfolg in durchschnittlich zwei Drittel der behandelten Hunde nachweisen. Durch die Administration eines Extraktes, das die auslösenden Allergene enthält, wird die immunologische Reaktion auf Umweltallergene moduliert. Das konventionelle Protokoll der ASIT besteht aus subkutanen Injektionen des Extraktes, die in anfangs kurzen, dann verlängerten Intervallen mit steigender Dosierung und Konzentrationen, je nach Protokoll, über einige Wochen bis Monate verabreicht werden (Erstbehandlung, Einleitungsphase). An die Erstbehandlung schließen sich Folgebehandlungen an (Erhaltungsphase), in denen eine konstante Menge des Extraktes in längeren Intervallen (meist 1 ml alle 4 Wochen) appliziert wird.
Laut der Guidelines des International Committee on Allergic Diseases of Animals (ICADA) gilt die Empfehlung, eine ASIT für mindestens 12 Monate durchzuführen, bevor der klinische Erfolg bewertet wird.
Spricht ein Hund erfolgreich auf die ASIT an, sollte diese langfristig bis lebenslang fortgeführt werden.
Fragebogenstudie bei Laboklin:
Das Ziel der Studie war, die Gründe herauszufinden, warum eine ASIT bei Hunden nach der Einleitungsphase (nach dem Starter-Set) oder in der Erhaltungsphase (nach mindestens einer Folgebehandlung) abgebrochen wurde.
Aus Bestelllisten für ASIT-Behandlungen des Labors Laboklin aus den Jahren 2020-2022 wurden Hunde ausgewählt, für welche keine weiteren ASIT-Behandlungen bestellt wurden. Sie wurden in zwei Gruppen unterteilt:
Gruppe 1 (Abbruch nach dem Starter-Set): diese Gruppe inkludierte Hunde, bei denen die ASIT nach der Erstbehandlung abgebrochen wurde. Von 2208 Erstbehandlungen wurden bei 930 (42,1 %) keine Folgebehandlungen geordert.
Gruppe 2 (Abbruch nach mindestens einer Folgebehandlung): diese Gruppe inkludierte Hunde, bei denen die ASIT in der Erhaltungsphase abgebrochen wurde. Bei 1230 von 3662 bestellten ASIT-Folgebehandlungen (33,6 %) wurden keine weiteren Folgebehandlungen bestellt.
Um die Gründe des ASIT-Abbruchs zu erfahren, wurden die behandelnden TierärztInnen telefonisch oder mittels schriftlicher Fragebögen kontaktiert. Es konnten mehrere mögliche Gründe von den TierärztInnen ausgewählt werden. Die gesammelten Daten wurden deskriptiv-statistisch ausgewertet.
Gründe für den ASIT-Abbruch:
Abbruch nach dem Starter-Set (Gruppe 1, Abb. 1):
247 Rückmeldungen mit 259 genannten Gründen, warum nach der Erstbehandlung keine Folgebehandlung erfolgte, wurden ausgewertet. Nicht berücksichtigt bei der Auswertung wurden die Patienten (n = 9), für die keine weitere ASIT bestellt wurde, weil sie verstorben waren. Die drei häufigsten Gründe waren fehlende Besitzercompliance/Kontaktverlust (36,7 %), unzureichende/fehlende Besserung (21,6 %) und Abbruch aufgrund des guten Behandlungserfolges (10,4 %).
Abbruch nach mindestens einer Folgebehandlung (Gruppe 2, Abb. 2):
310 Rückmeldungen mit 342 genannten Gründen, warum keine weitere Folgebehandlung erfolgte, wurden ausgewertet. Die durchschnittliche ASIT-Behandlungsdauer war 2,4 Jahre. Nicht berücksichtigt bei der Auswertung wurden die Patienten (n = 42), für die keine weitere ASIT bestellt wurde, weil sie verstorben waren. Die drei häufigsten Gründe waren fehlende Besitzercompliance/ Kontaktverlust (30,4 %), unzureichende/fehlende Besserung (23,7 %) und Abbruch aufgrund des guten Behandlungserfolges (19 %).
Wie können ASIT-Abbrüche reduziert und der Behandlungserfolg der ASIT optimiert werden?
Erstbehandlungen gehen üblicherweise über einen Zeitraum von sechs Monaten, was deutlich kürzer ist als der empfohlene Zeitraum von 12 Monaten, um den Erfolg evaluieren zu können. Bis sich der maximale Benefit der ASIT klinisch zeigt, kann es bis zu einem Jahr dauern. Bei über 40 % der Erstbehandlungen wurde in dieser Laboklin-Studie keine Folgebehandlung bestellt und somit die ASIT verfrüht nach der Erstbehandlung abgebrochen.
Wird die ASIT nach einem Jahr Therapiedauer als erfolgreich bewertet, sollte sie lebenslang weitergeführt werden. Bei den untersuchten Hunden in der Erhaltungsphase wurde die ASIT in etwa 34 % der Fälle gestoppt.
Fehlende Besitzercompliance/Kontaktverlust
Die häufigste Ursache (ca. 37 % in Gruppe 1 und ca. 30 % in Gruppe 2) waren fehlende Besitzercompliance und/oder der Kontaktverlust zwischen Tierarzt/Tierärztin und Besitzer. Besitzercompliance (Kooperation des Besitzers bei der Umsetzung der empfohlenen Therapiemaßnahmen) ist ein entscheidender Faktor für den Therapieerfolg. Besitzer sollten detailliert über das Therapieprotokoll, die Therapielänge, den verzögerten Wirkungseintritt der ASIT und die zu erwartenden Kosten aufgeklärt werden, um dadurch die Erwartungshaltung der Besitzer optimieren zu können. Der Schlüsselfaktor dabei ist eine kontinuierliche Kommunikation, das gilt im Besonderen für das erste Therapiejahr. In einer Studie von Fennis et al. (2022) zeigten Hunde, welche im ersten Therapiejahr regelmäßig zur tierärztlichen Kontrolle vorgestellt wurden, eine signifikant höhere Erfolgsrate als Hunde, welche nicht tierärztlich kontrolliert wurden. Regelmäßige Kontrollen können nicht nur die Kommunikation sicherstellen, sondern gewährleisten auch das kontinuierliche Monitoring der Patienten, so können Sekundärinfektionen diagnostiziert oder Protokollanpassungen durchgeführt werden.
Bei beschleunigten und vereinfachten Einleitungsprotokollen (z.B. Rush- oder Cluster-Protokolle und intralymphatische Immuntherapie) wird die Erhaltungsdosis schneller erreicht. Dies könnte auch die Wirkungsverzögerung und Zeit, bis der Erfolg klinisch sichtbar wird, reduzieren und somit die Besitzercompliance erhöhen. Ein weiterer Benefit solcher Einleitungsprotokolle ist auch, dass die ASIT-Injektionen ausschließlich durch den Tierarzt erfolgen und die Patienten während der ersten Therapiemonate unter kontinuierlicher tierärztlicher Kontrolle stehen.
Erfolg geringer als erwartet
Der zweithäufigste Grund für den Abbruch in beiden Gruppen war ein unzureichender Therapieerfolg (ca. 22 % in Gruppe 1 und ca. 24 % in Gruppe 2). Dies wurde auch mehrmals in Kombination mit schlechter Besitzercompliance genannt. Der Therapieerfolg sollte nach frühestens einem Jahr beurteilt werden, weswegen der Abbruch der ASIT, aufgrund fehlenden Therapieerfolges nach der Erstbehandlung, ein Aufklärungsproblem ist – denn diese Hunde wurden zu früh als Non-Responder deklariert. Der verzögerte Wirkungseintritt der ASIT sollte vom Tierarzt detailliert kommuniziert werden, um die Erwartungshaltung der Besitzer optimieren und den verfrühten Abbruch der ASIT innerhalb des ersten Therapiejahres reduzieren zu können, was in der Folge wiederum zu einer höheren Erfolgsrate der ASIT führt. Antipruritische symptomatische Therapien sind häufig während der ersten Monate der ASIT nötig, um die klinischen Symptome schnell zu reduzieren, bis die Wirkung der ASIT eintritt.
Auch dies ist ein Faktor, der die Besitzercompliance verbessert. Dauer und Dosierung der Medikamente sollten so gering wie möglich gehalten werden. Der Juckreiz sollte reduziert, aber nicht ganz verschwunden sein. Unterdrückt man den Juckreiz komplett, kann man die Notwendigkeit einer Protokollanpassung nicht erkennen.
Die Erfolgsraten der ASIT nach mindestens einem Jahr Therapiedauer werden in der Literatur mit bis zu 80 % bei Hunden mit CAD angegeben, was gut mit den Ergebnissen dieser Studie korreliert (bei ca. 24 % wurde in der Erhaltungsphase wegen fehlendem Therapieerfolg gestoppt). In den meisten Fällen kann davon ausgegangen werden, dass der maximale Behandlungserfolg innerhalb des ersten Behandlungsjahres sichtbar wird. Wird nach einem Jahr Therapiedauer keine klinische Verbesserung beobachtet und können zusätzliche symptomatische Therapien nicht merklich reduziert werden, wird das Tier als Non-Responder klassifiziert und die ASIT abgebrochen, denn ein späteres Ansprechen auf die Therapie ist unwahrscheinlich. Wichtig ist hier die korrekte Definition des Erfolges: eine ASIT wird als erfolgreich bewertet, wenn die behandelten Hunde eine mehr als 50%ige Verbesserung der klinischen Symptomatik zeigen oder die zusätzlich benötigten symptomatischen Medikamente um mehr als 50 % reduziert werden können. Die CAD benötigt meist einen multimodalen Therapieansatz, eine Kombination aus mehreren Therapieoptionen, um ein optimales Management erreichen zu können. Neben kontinuierlicher ektoparasitärer Prophylaxe sollten Hunde mit akuten allergischen Schüben immer auf das Vorhandensein von Sekundärinfektionen untersucht werden. Akute Schübe benötigen häufig kurzzeitige symptomatische Therapie.
Um systemische juckreizhemmende Medikamente weiter reduzieren zu können, sollte eine Kombinationstherapie der ASIT mit essentiellen Fettsäuren, feuchtigkeitsspendenden Shampoos (Verbesserung der Hautbarriere) und topischen Hydrocortison-Produkten bevorzugt werden.
Bevor ein Hund als Therapieversager klassifiziert wird, sollte ganz genau evaluiert werden, ob tatsächlich keine Besserung zu beobachten ist (Juckreiz-Skala, genaue Protokollierung der Häufigkeit von Allergieschüben und Sekundärinfektionen, Dauer und Dosierung der zusätzlich benötigten symptomatischen Therapie). Einige der Befragten gaben an, dass die ASIT wegen ungenügender Wirkung abgebrochen wurde, es nach dem Abbruch dann aber zu einer weiteren Verschlechterung kam. Eine weitere Maßnahme, um den Behandlungserfolg zu optimieren, ist die individuelle Protokollanpassung bezüglich der Injektionsmenge und/oder der Behandlungsintervalle.
Zusätzlich könnte die fehlende Therapie-Effizienz bei individuellen Patienten auch durch das Vorhandensein anderer juckender Erkrankungen (z. B. Futtermittelallergie oder Ektoparasiten) erklärt werden, die vor dem Start der ASIT nicht ausgeschlossen wurden. Die CAD ist eine Ausschlussdiagnose, die erst nach Abklärung möglicher Differentialdiagnosen und vor dem Start der ASIT gestellt werden sollte.
Abbruch bei erfolgreichem Ansprechen
Der dritthäufigste Grund des ASIT-Stopps war in beiden Gruppen, dass sich betreffende Hunde unter der ASIT gebessert haben und deswegen die ASIT unterbrochen wurde (ca. 10 % in Gruppe 1 und 19 % in Gruppe 2). Die meisten Patienten benötigen eine lebenslange Therapie, um die CAD dauerhaft zu kontrollieren. Über den Langzeiteffekt einer ASIT bei Hunden nach dem Abbruch der Therapie ist wenig publiziert. Die wenigen, unkontrollierten Studien zeigten, dass sich die meisten Hunde nach dem Abbruch einer ASIT wieder verschlechtern.
Dies wurde auch im Zuge dieser Studie mehrmals berichtet. Erfahrungsgemäß kann ein Neustart der ASIT dann kompliziert sein, häufig sind wiederholte Allergietests nötig, es muss wieder mit einer Erstbehandlung begonnen werden und manche Hunde sprechen nicht mehr so erfolgreich darauf an. Deswegen wird generell empfohlen die ASIT bei Erfolg nicht zu unterbrechen. Es kann jedoch individuell versucht werden die Injektionsintervalle auszudehnen, was auch von 8,5 % der Befragten in Gruppe 2 angegeben wurde. Ist der Behandlungserfolg über mehrere Jahre in der Erhaltungsphase stabil, können die Injektionsintervalle graduell auf bis zu 8 Wochen verlängert werden.
Nebenwirkungen
Bei ca. 6 % in Gruppe 1 wurde die ASIT wegen Nebenwirkungen gestoppt. Die häufigste Nebenwirkung der ASIT in der Einleitungsphase ist vermehrter Juckreiz nach den Injektionen, dies entsprach auch den Ergebnissen der vorliegenden Studie. Tritt direkt nach der Injektion vermehrter Juckreiz auf, sollte die Menge des Allergenextraktes reduziert und das Einleitungsprotokoll individuell angepasst werden. Die Besitzer sollten die Reaktion der Hunde auf die Injektionen genau beobachten und sofort Rückmeldung an den behandelnden Tierarzt geben, um das ASIT-Protokoll bei Nebenwirkungen anpassen zu können. Das Laboklin-Team steht Ihnen bei Fragen zur Protokollanpassung gerne zur Verfügung.
Kosten
Kosten waren in dieser Studie bei ca. 7 % in Gruppe 1 und ca. 4 % in Gruppe 2 die Ursache für den ASIT-Abbruch. Für Besitzer erscheinen die Kosten einer ASIT im ersten Jahr inklusive der Kosten für den Allergietest und regelmäßige tierärztliche Kontrollen hoch, allerdings ist die ASIT langfristig auch aus ökonomischer Sicht wesentlich günstiger als eine rein symptomatische Therapie. Schlecht kontrollierte Allergiker benötigen langfristig häufigere Besuche beim Tierarzt/ bei der Tierärztin, höhere Mengen juckreizstillender Medikamente und häufigere Therapien der Sekundärinfektionen, sowie diagnostische und therapeutische Maßnahmen aufgrund von potentiellen Nebenwirkungen eingesetzter symptomatischer Medikamente. Auch diese Information kann dabei helfen, Besitzer zu motivieren, die ASIT über das gesamte erste Behandlungsjahr bzw. in der Erhaltungsphase auch bei moderatem Therapieerfolg weiterzuführen.
Fazit
Zusammenfassend ist die ASIT ein wichtiger Bestandteil des multimodalen Therapiemanagements der CAD und eine lebenslange Therapieform, die eine gute Zusammenarbeit von Besitzern und TierärztInnen benötigt. Das erste Therapiejahr erfordert ein engmaschiges Monitoring der Patienten und ist die entscheidende Zeitspanne für den Therapieerfolg. Die häufigsten Gründe für einen ASIT-Abbruch sind auf mangelnde Besitzercompliance oder Kontaktverlust zu Besitzern und zu hohe Erwartungshaltung bezüglich des Erfolges zurückzuführen. Eine bessere Aufklärung und Kommunikation, regelmäßige Kontrollen und die genaue Befolgung der ASIT-Guidelines können die Anzahl der Hunde, die erfolgreich auf die ASIT ansprechen und davon profitieren, erhöhen.
Dr. Elisabeth Reinbacher
Leistungsspektrum – serologische Allergietests
Intrakutane Allergietests
Allergen-spezifische Immuntherapie
Weiterführende Literatur
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