Akute-Phase-Proteine (APP) sind ein wichtiger Bestandteil des körpereigenen unspezifischen Abwehrsystems. Die Bestimmung einzelner APP wird in der Routinediagnostik zur Detektion und zur Verlaufskontrolle von Entzündungsreaktionen genutzt. Dabei müssen tierartspezifische Unterschiede beachtet werden.
APP sind Eiweißmoleküle, die – vermittelt durch Zytokine – bei Auftreten einer Entzündungsreaktion vermehrt gebildet werden. Ihre Produktion findet vor allem in der Leber statt. Bereits wenige Stunden nach Auftreten einer Noxe steigt ihre Konzentration im Serum an, oft noch bevor klinische Symptome auftreten oder Veränderungen im Blutbild sichtbar sind. Sie eignen sich daher als Biomarker für entzündliche Reaktionen. Die Konzentration der APP steigt häufig proportional zum Ausmaß der Entzündung. Umgekehrt sinkt sie nach Elimination der Noxe wieder rasch ab. Dadurch eignen sich die APP auch zur Verlaufskontrolle einer Entzündungsreaktion. Als auslösende Noxen sind vor allem zu nennen:
• bakterielle und virale Infektionserkrankungen
• aseptische Entzündungsreaktionen
• Autoimmunkrankheiten
• Traumata
• Neoplasien
Es sind über 30 verschiedene APP bekannt. Die meisten APP gehören zu der Fraktion der Alpha- oder Beta-Globuline. Nicht immer ist ihre Konzentration hoch genug, um sich in der Elektrophorese widerzuspiegeln. Auch kommt es dort zu einer Überlagerung mit anderen Eiweißbestandteilen. Daher ist es umso wichtiger, einzelne besonders aussagekräftige APP routinemäßig bestimmen zu können. Man unterscheidet je nach Höhe des Anstiegs folgende sogenannte „positive APP“: Major-APP, Moderate-APP und Minor-APP.
In der Routinediagnostik sind insbesondere die Major-APP von Bedeutung. Sie liegen bei gesunden Tieren nur in sehr geringer Konzentration im Serum vor, steigen aber bei Auftreten einer Noxe innerhalb weniger Stunden um das 10- bis 100-Fache an und sinken nach Abklingen der Entzündung rasch wieder ab.
Dagegen sind Moderate- oder Minor-APP auch im gesunden Zustand in gewisser Höhe nachweisbar, steigen dafür aber langsamer und nicht so stark an (max. bis zum 10-Fachen) und sinken deutlich langsamer ab. Daher ist ihre Bedeutung in der Routinediagnostik entsprechend geringer.
Eine weitere Form stellen die „negativen APP“ dar. Ihre Konzentration sinkt während einer Akute-Phase-Reaktion des Körpers ab. Das bekannteste negative APP, das regelmäßig in der Routinediagnostik bestimmt wird, ist das Albumin. Die Leber drosselt die Albuminproduktion zu Gunsten der Produktion der „positiven APP“ im Rahmen einer Akute-Phase-Reaktion durchschnittlich um ca. 10 bis 30 %. Albumin kann als negatives APP bei allen Tierarten genutzt werden.
Bei den positiven APP gibt es erhebliche tierartspezifische Unterschiede. Tabelle 1 bietet einen kleinen Überblick über die APP, die aktuell für die jeweilige Tierart am häufigsten in der Routinediagnostik Anwendung finden.
Die Funktionen variieren von Protein zu Protein und sind sehr komplex. Die einzelnen APP haben meist mehrere Aufgaben und regulieren so die Immunantwort. Es wird beispielsweise die Komplementkaskade aktiviert und die Phagozytose und Lyse von Bakterien erleichtert (CRP – C-reaktives Protein). Leukozyten können chemotaktisch angelockt und deren Adhäsion im Entzündungsgebiet gefördert werden (SAA – Serum- Amyloid-A). Aber auch antiinflammatorische Prozesse werden angestoßen, um der Entzündungsreaktion entgegenzuwirken (CRP, SAA). Freies Hämoglobin kann gebunden und zur Wiederverwertung in die Leber transportiert werden. Dies verhindert zum einen den Eisenverlust und zum anderen wird so verfügbares Eisen entzogen, was einen bakteriostatischen Effekt zur Folge hat (Hp – Haptoglobin). Die Ausbreitung der Entzündungsursache kann durch Bildung eines Fibrinnetzwerkes eingedämmt werden (Fb – Fibrinogen).
Die APP sind aus der Routinediagnostik nicht mehr wegzudenken. Auch wenn sie keinen Hinweis auf die Lokalisation oder die Ursache der Entzündungsreaktion geben können, so sind sie dennoch bei vielen Fragestellungen von großem Nutzen und eignen sich insbesondere zur
- Diagnostik subklinischer und chronischer Erkrankungen
- frühzeitigen Detektion von Entzündungsreaktionen
- Therapiekontrolle
- Monitoring des Heilungsverlaufs
- Überwachung der post-operativen Rekonvaleszenz.
Tabelle 2 stellt einige Beispiele für den diagnostischen Einsatz der APP bei einigen Tierarten dar.
Bei Patienten mit unklarer klinischer Symptomatik, nicht eindeutigem Blutbild und klinischer Chemie empfehlen wir als weitere Screening-Untersuchung eine Serumproteinelektrophorese. Der Kurvenverlauf ist zumeist richtungsweisend für weitere Untersuchungen, die dann zur Diagnose führen. Auch stellen sich die APP hier als typische Peaks dar, SAA und Hp in der Alpha-2-Fraktion, CRP und Fb in der Beta-2-Fraktion (Vergleich der Elektrophoresekurven: siehe Abbildung 3). Allerdings sollte aufgrund der Überlagerung mit weiteren Proteinen mit ähnlichen Laufeigenschaften in der Elektrophorese das entsprechende APP quantitativ über die klinisch-chemische Messung bestimmt werden. Zu beachten ist, dass Plasmaproteinelektrophoresen weitere Peaks aufzeigen können, da Plasma noch die Gerinnungsfaktoren enthält. Vor allem Fibrinogen kann die Interpretation in der Beta-2-Fraktion erschweren. Ebenso ist zu beachten, dass sowohl Corticosteroide als auch NSAIDs die klinisch-chemische Bestimmung wie auch die Präsenz der APP im Elektrophoreselauf beeinflussen können. Eine Interpretation der Ergebnisse sollte dies immer berücksichtigen.
Dr. Ruth Klein, Dr. Karin Friedrich