Basel, im Juni 2023
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen
Blutparasiten – sie spielen auch bei Vögeln eine Rolle. Gerade zu dieser Jahreszeit. Unsere Kollegin Ellen Schöner hat ein paar wichtige Informationen zu aviären Hämosporidien für Sie zusammengetragen, viel Spass beim Lesen!
Hämosporidien sind häufige Blutparasiten bei heimischen Sing- und Raubvögeln. Die wichtigsten Gattungen dieser Parasiten umfassen Plasmodium und Haemoproteus, die beide Malariapigment bilden und daher zu den Malariaparasiten zählen, als auch Leucocytozoon. Im Unterschied zu Malaria bei Menschen können aviäre Plasmodien jederzeit von Blut- wieder in Gewebe- stadien übergehen.
Diese Parasiten sind weltweit verbreitet und sehr artenreich, es sind gegenwärtig bereits weit mehr als 200 Arten beschrieben. Das Wirtsspektrum reicht, je nach Parasitenart, von hochspezifisch (auf eine Vogelart begrenzt) bis generalisiert (verschiedenste Vogelarten, ordnungsübergreifend). Bei heimischen Singvögeln sind zudem Mischinfektionen mit mehreren Arten weit verbreitet.
Im Entwicklungszyklus des Parasiten stellt der Vogel dabei nur einen Zwischenwirt dar, in dem er sich ungeschlechtlich ver- mehrt, die eigentlichen Endwirte in denen die geschlechtliche Vermehrung des Parasiten abläuft, sind verschiedene Insekten der Ordnung Diptera. Über den Prozess des Blutsaugens wird der Erreger dann vom Insekt auf den Vogel übertragen, sodass die Insekten als Vektoren fungieren. Hierbei wird Plasmodium vorrangig durch Stechmücken der Gattung Culex übertragen, die Vektoren von Haemoproteus sind Gnitzen (Cerato- pogonidae) und Lausfliegen (Hippoboscidae) und bei Leucozytozoon sind es Kriebelmücken (Simuliidae).
Der Verlauf der Erkrankung reicht von hochakut bei empfänglichen Vogelarten wie einigen Greifvögeln bis subklinisch bei toleranteren Arten wie z. B. Amseln. Die Schwere der Erkrankung ist auch abhängig von der Parasitenart sowie einigen wirtsspezifischen Faktoren wie Alter und Immunstatus. Die Symptome sind recht unspezifisch und reichen von vermindertem Allgemeinbefinden, Mattigkeit und Anorexie bis zu Dyspnoe, Anämie, Hepatomegalie, Splenomegalie und Lungenödem. In seltenen Fällen befällt der Erreger auch das Gehirn der Vögel, diese cerebrale Malaria kann zu akuten Todesfällen führen. Vögel, welche die akute Phase der Infektion überleben, können über Jahre hinweg chronisch infiziert bleiben. Stress oder andere Infektionen können dann bei diesen Tieren zum Aufflammen der klinischen Symptome führen. Dies tritt bei wildlebenden Vögeln als sogenannter „Spring Relapse“ physiologisch im Frühjahr auf, da es hier durch ansteigen der Sexualhormone und Stress in der Fortpflanzungsphase zu einer Immunsuppression kommt, die zur vermehrten Freisetzung aus dem Gewebe und Vermehrung des Parasiten im Blut führt. Im Herbst und Winter hingegen ziehen sich die Parasiten als Gewebestadien zurück.
Aviäre Hämosporidien, insbesondere die Gattung Plasmodium, stellen teilweise eine grosse Bedrohung für endemische seltene Vogelarten dar, vor allem wenn Parasiten mit einem breiten Wirtsspektrum in neue Gebiete eingeschleppt werden. Das prominenteste Beispiel ist hierbei Hawaii, wo nach Einführung der amerikanischen Hausmücke Culex quinquefasciatus durch den Menschen der Vogelmalariaerreger Plas modium relictum einen Grossteil der hawaiianischen Singvogelpopulationen ausgelöscht hat.
In Mitteleuropa kommen aviäre Hämosporidien vorwiegend bei Singvögeln, Greifvögeln und Eulen vor.
In Studien waren zum Teil bis zu 100 % der Amseln mit zumeist mehr als einer Parasitenart infiziert und stellen so ein Reservoir für andere Vogelarten dar. In Zoos sind vor allem Pinguine sehr anfällig, da sie aus Gebieten stammen, in denen die Vektoren und daher Infektionen mit Hämosporidien natürlicherweise nicht vorkommen.