Das Trichogramm dient als zusätzliches diagnostisches Verfahren zur Abklärung bei Hautpatienten. Es kann die Histologie, die bakteriologische und mykologische Untersuchung, die Zytologie sowie weitere Untersuchungen, z.B. die Bestimmung klinisch-chemischer Parameter oder Hormonuntersuchungen nicht ersetzen, aber sehr wertvolle Hinweise liefern. Besonders bei Katzen mit Haarverlust ohne offensichtlichen Juckreiz, bei denen bereits klinisch der Verdacht auf eine Alopezia sine causa besteht, ist das Trichogramm zur Diagnostik geeignet (siehe Abschnitt Haarspitzen). Für den Nachweis von Milben oder Pilzstrukturen kann das Hautgeschabsel bzw. die Pilzkultur durch ein Trichogramm zwar nicht ersetzt werden, jedoch einen wichtigen Hinweis geben. Auch bei der Farbmutanten Alopezie kann das Trichogramm wertvolle diagnostische Hilfe leisten.
Probenentnahme
Es werden Haare in Richtung des Haarstriches mit einer Klemme ausgezupft. Die Backen der Klemme sollten mit einem Silikonschlauch umhüllt sein, um die Haare bei der Probengewinnung zu schonen. Abgestoßene Haare, die nur ausgebürstet werden, sind nicht geeignet.
Probenaufarbeitung
Die ausgezupften Haare bzw. einen Teil davon trägt man auf einen Objektträger auf, tropft Paraffinöl darauf und deckt das Ganze mit einem Deckgläschen ab. Mit dieser Maßnahme vermeidet man eine Kontrastierung durch Schattenbildung, was das Mikroskopieren erleichtert. Das Präparat kann man so auch längere Zeit aufbewahren. Zum Nachweis von Pilzelementen kann man ein zweites Präparat anfertigen, indem man statt des Paraffinöls Laktophenolblau aufträgt. Auch andere Färbelösungen, z.B. das Färbeset von Alfavet, die zweite Färbelösung vom DiffQuick-System oder die Methylenblaulösung der May-Grünwaldfärbung können hierzu verwendet werden.
Die Haare werden von der Haarwurzel bis zur Haarspitze mikroskopisch mit der Lupenvergrößerung bzw. dem 10er Objektiv betrachtet und diese auf jeweils typische Veränderungen hin untersucht.
Haarwurzeln
Die Haarwurzeln werden zunächst mit der Lupenvergrößerung betrachtet und hinsichtlich ihrer Wachstumsphase beurteilt:
Anagene oder Wachstumsphase: Die Haarwurzeln erscheinen abgerundet, glatt, weich leicht opaleszierend.
Gehen sie in die katagene oder Übergangsphase über, werden sie fester, ihre Oberfläche erscheint rauh.
Befinden sich die Haare überwiegend in der telogenen Phase, die Wurzeln erscheinen verkürzt abgerundet, kann der Befund einen Hinweis auf eine endokrinologische oder metabolische Störung geben. Man findet ein solches Bild z.B. bei einer Hypothyreose oder einem M.Cushing.
Beim Tier ist der Haarzyklus allerdings stark von der Rasse, dem Sexualzyklus und dem jahreszeitlich bedingten Haarwechsel abhängig. Deshalb kann im Gegensatz zum Menschen die Beurteilung der Wachstumsphasen nur bedingt diagnostisch eingesetzt werden. Unphysiologisch erscheinende bzw. missgebildete Haarwurzeln der Haare sind charakteristisch für die Gruppe der Follikeldystrophien bzw. -dysplasien. Bei der Farbmutantenalopezie liegen Makromelanosomen („Pigmentclumping“) auch in den Haarwurzeln vor. Die Alopezia areata geht mit missgeformten Wurzeln einher.
Demodex-Nachweis: Demodexmilben leben und vermehren sich in den Haarwurzeln bzw. den Talgdrüsen. Da die Haare bei der Probenentnahme ausgezupft werden, kann man im Bereich der Wurzeln evtl. die Milben bzw. ihre Entwicklungsstadien finden. Besonders gut geeignet erscheint diese Art der Probenentnahme im Bereich der Pfoten, wo sich der Hund ein tiefes Geschabsel oft nicht gefallen lässt. Dort sollte man an einer Fläche von ca. 1 cm2 die Haare vollständig auszupfen und im Bereich der Wurzeln nach Demodexmilben suchen.
Das tiefe Hautgeschabsel wird hierdurch aber nicht ersetzt. Besonders im Bereich des Kopfes oder des Stammes sollte bei klinischem Verdacht ein Geschabsel bis zum Austritt von Gewebsflüssigkeit erfolgen. Hierbei ist die Bildung einer Hautfalte vor dem Schaben von Vorteil.
Haarschäfte
Die Haarschäfte sind aufgebaut aus einer oberflächlichen Hornschuppenschicht, der Cuticula. Die Hornschuppen liegen dicht an und ergeben so eine glatte Oberfläche. Daran schließt sich nach innen die Rinden- oder Faserschicht der Cortex an, ganz innen liegt die Markschicht (Medulla).
Die Schichtendicke ist abhängig von der Tierart und der Haarart (Deckhaar, Unterhaar). Es sind tierartlich unterschiedlich Farbpigmente vorhanden, die sich bei Wildtieren auch jahreszeitlich bedingt ändern können. Normalerweise liegen Melaninpigmente in feinen Granula vor. Sind Melaninpigmente in großen Klumpen angeordnet, lässt sich der Befund bei entsprechender Klinik und Rassenprädisposition in das Bild der Farbmutantenalopezie einordnen.
Luftkammern in den Haaren sorgen für eine optimale Isolierung, besonders bei unseren Wildtieren sind besonders viele und große Kammern zu erkennen. Um die Haarschäfte manschettenförmig angeordnet findet man gelegentlich bräunlich gefärbte Keratinansammlungen („follicular casts“, Haarröhrchenzylinder).
Sie können Hinweise geben auf eine Keratinisierungsstörung, sie treten aber auch bei vielen übergeordneten Erkrankungen auf. So werden sie regelmäßig bei Entzündungen und Dilatation der Haarfollikel nachgewiesen, wie man sie z.B. bei einer Demodikose findet. Aber auch hormonelle Störungen, eine Sebadenitis oder eine Seborrhoe führen zu einer derartigen Manschettenbildung. Werden diese Keratinansammlungen nachgewiesen, muss man in jedem Fall nach einer Ursache suchen.
Ektoparasiten
Raubmilben (Cheyletiella), bei Kaninchen oder Meerschweinchen auch Fellmilben oder Pelzmilben (Chirodiscoides und Linognathus), kleben ihre Eier an den Haarschäften fest.
Nissen von Haarlingen oder Läusen kann man in der Regel bereits ohne Mikroskop an den Schäften erkennen.
Hautpilze
Hautpilze führen zu einem Aufquellen der Haare, die klare Trennung in Mark und Rindenschicht erscheint eher verwaschen. Keratolytische Enzyme, die von den Pilzen produziert werden, führen dann auch häufig zum Haarbruch, die Bruchstellen erscheinen ausgefranst. Eine Anfärbung mit Laktophenolblau kann hilfreich sein, Pilzelemente besser zu erkennen. Eine Kultur wird hierdurch aber nicht ersetzt.
In einer schon einige Jahre zurückliegende Dissertation aus Hannover wurde der mikroskopische Pilznachweis mit dem kulturellen Nachweis verglichen. Dabei konnten nach entsprechender Einarbeitung ca. 70 % der mit Pilz befallenen Haare mikroskopisch erkannt werden, umgekehrt konnten aber auch nur ca. 70 % der mikroskopisch als positiv bewerteten Proben kultiviert werden.
Pigmente
Bei der Farbmutantenalopezie, z.B. des blauen Dobermanns, aber auch beim Dackel und Yorkshire Terrier kann man Melanin, das normalerweise in feinen Granula verteilt ist, in Haufen zusammen gelagert als Melaninklumpen („Melanin-Clumping“) finden. Die Cuticula der betroffenen Haare wird durch diese Klumpen regelrecht vorgewölbt, es kann zum Bruch des Haarschaftes kommen.
Haarspitzen
Die Haare der Tiere laufen normalerweise in einer Spitze aus. Auch wenn eine hormonell bedingte Alopezie vorliegt, erscheinen die Haarspitzen weitgehend intakt. Bei Katzen, die durch einen vermehrten Putztrieb kahl erscheinen, kann man dies durch die Veränderungen an den Haarspitzen festmachen. Hier erscheinen die Haarspitzen wie abgeschnitten, teilweise weisen sie Spliss auf. Es ist auch vermehrter Haarbruch zu erkennen. In diesem Fall muss natürlich nach der Ursache für den vermehrten Putzdrang gesucht werden.
Werden durch Juckreiz induziertes Belecken und Kratzen infolge einer Allergie oder Atopie oder auch Dermatophytosen und Ektoparasiten ausgeschlossen, handelt es sich wahrscheinlich in sehr seltenen Fällen um eine echte psychogen bedingte Alopezie.
Fazit
Das Trichogramm stellt eine sinnvolle Ergänzung zur Diagnostik dar, wenn nach einer ausführlichen Anamnese eine gründliche klinische Untersuchung vorausgegangen ist und Angaben zu der vorhandenen Symptomatik gemacht wurden.