Natrium (Na)
Natrium ist das bedeutendste Kation in der extrazellulären Flüssigkeit. Folglich ist es maßgebend für die Aufrechterhaltung der Osmolalität bzw. der Wasserverteilung zwischen Extrazellulärraum (EZR) und Intrazellulärraum (IZR). Hypo- und Hypernatriämien entstehen, wenn das Verhältnis zwischen Wasser- und Natriummenge im EZR zugunsten des Wassers oder des Natriums verschoben ist. Ursache ist häufig eine Zu- oder Abnahme des Gesamtkörperwassers ohne absolute Änderung der Elektrolyte. Da das Na aber den Hauptbestandteil der osmotisch aktiven Substanzen im EZR stellt, sind Hypo- und Hypernatriämien mit Änderungen der Osmolalität assoziiert.
Na ist das wesentliche Elektrolyt im EZR und Kalium (K) im IZR. Diese asymmetrische Verteilung der Elektrolyte durch die Zellmembran erfordert aktiven Austausch beider Kationen durch die Na-K-ATPase.
Dadurch befinden sich die Körperflüssigkeiten in einem osmotischen Gleichgewicht. Normalerweise ist die Wasserverteilung zwischen EZR und IZR konstant und zeigt nur geringfügige Schwankungen von lediglich 1 – 2%. Akute Änderungen der Na-Konzentration im Serum, die nicht mit einer gleichsinnigen Änderung der intrazellulären K-Konzentration einhergehen, bewirken eine Permeation von Wasser aus dem EZR in den IZR. Es kommt zum zellulären Ödem.
Die Konzentrationen von Na im Serum und in der interstitiellen Flüssigkeit sind nahezu identisch. Na bewirkt ca. 95% des osmotischen Druckes. Der Organismus reguliert die Na-Konzentration im Plasma, indem der Wassergehalt des EZR angepasst und das Gesamtkörper-Na und das Na im Serum in einem engen Bereich konstant gehalten werden. Das geschieht durch Trinken oder renale Ausscheidung von freiem Wasser.
Beispiele für Erkrankungen und Ursachen, die eine Hyponatriämie bewirken können
Herzinsuffizienz | Ein vermindertes Herzminutenvolumen und eine verminderte zirkulierende Blutmenge bewirken eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Systems und die Ausschüttung von Arginin-Vasopressin (AVP) = Wasser- und Na-Retention, Entstehung der hypervolämischen Hyponatriämie |
Osmotische Diurese | Verlust von Na und Wasser mit Verminderung des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens (EZFV) = Hyponatriämie, Bspw: Diabetes mellitus mit Glukosurie |
Renal tubuläre Azidose (RtA), metabolische Alkalose |
Ausscheidung von Bicarbonat↑, bedingt osmotische Ausscheidung von Kationen wie Na, K und Ca↑ = Bicarbonaturie, Na-Konz. im Urin↑, Ursache für RtA ist Bicarbonat-Reabsorptionsstörung im prox. Tubulus |
Pankreatitis, Peritonitis, Erbrechen, Durchfall, Blutverlust |
Extrarenaler Verlust von Wasser und Na = EZFV↓ = Flüssigkeitsverlust in den dritten Raum, bspw. in die Bauchhöhle bei Peritonitis, ins Darmlumen bei Pankreatitis, Urin hochkonzentriert, Na im Serum↓ |
Hypothyreose | Nicht osmotisch bedingte Freisetzung von AVP, Herzminutenvolumen↓ = wenig osmotisch wirksame Substanzen in Verdünnungssegmenten (Tubuli) |
Ketonurie | Bei schlecht eingestelltem Diabetes mellitus kommt es zur Ausscheidung neg. geladener Ketonkörper = Ausscheidung von Na, K und NH4 = Hyponatriämie mit Verringerung des EZFV, Konz. des Na im Urin erhöht |
Niereninsuffizienz | Ausbildung von Ödemen und Hyponatriämie, Ursachen: Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)↓ = verminderte Wasser- und Na-Ausscheidung, dadurch entsteht Verdünnungseffekt, folglich Hyponatriämie |
Glukokortikoidmangel/Hypoadrenokortizismus | AVP-Sekretion trotz Hypoosmolalität, Reninkonzentration oft nicht verändert, für AVP-Sekretion normale Kortisolkonzentration notwendig |
Beispiele für Erkrankungen und Ursachen, die eine Hypernatriämie bewirken können
Diabetes insipidus (DI) | DI resultiert aus verminderter zentraler AVP-Sekretion (Hypothalamus) oder Resistenz des Endorganes (nephrogen) = Polyurie (PU), sek. Polydipsie (PD), zentraler DI = Nekrose der AVP-sezernierenden Neurone, renaler DI = selten, häufig durch Medikamente, tubulärinterstitielle Erkrankungen, obstruktive Nephropathien, Osmolalität des Na im Urin niedrig, allerdings höher als im Serum |
Ileus, Darmobstruktion | Wasser- und Na-Verlust, wobei Wasserverlust höher als Na-Verlust, dadurch Konzentrierung des Na |
Primärer Hyperaldosteronismus | Wasser- und Na-Retention aufgrund von übermäßiger Aldosteronproduktion in der Nebennierenrinde (NNR) = Volumenvergrößerung des EZR und Erhöhung der Na-Konzentration im Serum |
Kalium (K)
Kalium ist das mengenmäßig wichtigste intrazelluläre Kation. Mehr als 98% des Körper-Kaliums befindet sich intrazellulär. Die Serum-Kaliumkonzentration wird in engen Grenzen reguliert. Es hat eine große Bedeutung für Membranpotentiale; Störungen des Kaliumhaushaltes führen zu Fehlfunktionen an Skelettmuskeln, Herz- und Nervenzellen. Die Kaliumhomöostase wird durch die orale Aufnahme, die Verteilung zwischen EZR und IZR und die renale Elimination reguliert. Wichtiger Kontrollmechanismus der Kaliumbewegung zwischen EZR und IZR ist die Regulation über die Na-K-ATPase. Etwa 90% des Kaliums werden über die Niere ausgeschieden, nur ein geringer Teil über den Darm.Die K-Konzentration im Plasma ist zwar nur ein moderater Indikator des Gesamtkörperkaliums, aber physiologisch wichtig zur Beurteilung des transmembranen elektrochemischen Gradienten.
Beispiele für Erkrankungen und Zustände, die eine Hypokaliämie verursachen können
Renale tubuläre Azidose (RtA) | RtA geht mit renalem K-Verlust und einer Hypokaliämie einher, Kaliurese auf erhöhte Bicarbonatausscheidung zurückzuführen = Kationen wie Na, K werden aufgrund von osmotischer Wirkung vermehrt ausgeschieden, Na-Verlust führt zu Aktivierung des Renin-Angiotensin- Systems, da Reduktion des Volumens = Reduktion von K im Plasma |
ACTH-bildende Tumoren/primärer Hyperaldosteronismus |
Tumore bilden paraneoplastisch ACTH (ektope Produktion von ACTH) = Cortisol- und Aldosteronproduktion↑ = renaler K-Verlust |
Hypokaliämie der Katze | Autosomal-rezessiver Erbgang, Katzen zeigen Muskelschwäche, insbesondere an Nackenmuskeln, aber auch Beinmuskulatur betroffen, Hypokaliämie im Serum, erhöhte Creatinin-Kinase (CK), Gentest wird für bspw. Burma, Cornish Rex, Devon Rex, Sphynx und Tonkanesen bei Labogen angeboten! |
Primärer Hyperaldosteronismus | Erhöhte, autonome Aldosteronproduktion aufgrund von Hyperplasie, Adenom oder Karzinom der Nebennierenrinde. Es kommt zur Na-Retention und vermehrten K-Ausscheidung. |
Beispiele für Erkrankungen und Zustände, die eine Hyperkaliämie verursachen können
M. Addison | Funktionsverlust der Nebennierenrinde = Kortisol↓ und Mineralokortikoide (Aldosteron)↓, ACTH-Prod. beim prim. M. Addison erheblich gesteigert, Mangel an Hormonen und erhöhtes ACTH bewirken Hypotension, Azidose, Hyponatriämie, Hyperkaliämie |
Digitalis-Intoxikation | Digitalis hemmt Wirkung der renal-tubulären Na-K-ATPase = weniger K wird in IZR transportiert |
Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs) |
NSAIDs greifen in den Prostaglandinstoffwechsel ein, indem sie Cyclooxygenasen hemmen. Außerdem wirken sie als Vasodilatatoren = Renin- und Aldosteronsynthese↑ da aufgrund von Blutdruckabfall Na-Mangel = Hyperkaliämie, da Umverteilung der Flüssigkeit zwischen EZR und IZR durch Na-K-ATPase |
K-sparende Diuretika | Bspw.: Spironolacton, Amilorid Spironolacton: Aldosteronantagonist = K-Sekretion wird gehemmt Amilorid: Hemmung der Na-Reabsorption der Tubuluszellen = ebenfalls Hemmung der K-Sekretion |
Chlorid (Cl)
Chlorid ist eines der wichtigsten Anionen im EZR. Es liegt zu einem Großteil an Natrium gebunden als Kochsalz (NaCl) vor. Als Gegenion von Na ist es wesentlich an der Aufrechterhaltung der Wasserverteilung zwischen EZR und IZR beteiligt, folglich an der Osmolalität im Plasma.
Als lebenswichtiges Elektrolyt befindet sich über die Hälfte des Chlorides im EZR (ca. 55%), ungefähr ein Drittel in den Knochen (ca. 30%) und nur ein kleiner Teil innerhalb der Zellen (ca. 15%).
Fraktionen des Chlorids
Die Aufnahme von Chlorid erfolgt hauptsächlich über Kochsalz (Natriumchlorid) in der Nahrung. Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren und wird durch das Hormon Aldosteron reguliert. Dieses bewirkt eine Rückresorption des Anions bei einem Chloridmangel (Abb. 1).
Beispiele für Erkrankungen, die mit einer Erhöhung des Chlorids im Serum einhergehen
Metabolische Azidose | Vermehrung von Cl, Laktat und anderen Anionen, da ungenügende renale Ausscheidung oder ein Verlust von Bicarbonat = im Labor ist Cl erhöht, HCO3 ist erniedrigt |
Beispiele für Erkrankungen, die mit einer Verringerung des Chlorids im Serum einhergehen
Metabolische Alkalose | Anstieg der HCO3-Konz. da Zustände vorliegen, die Niere hindern auszuscheiden oder bei Verlust von Magensaft: Verlust von H- und Cl-Ionen, EZFV erniedrigt bei gastrointestinalen Erkrankungen (Erbrechen), EZFV erhöht bei Cushing, Hyperaldosteronismus |
Diuretika | Verminderung der Na-Reabsorption = Hypochlorämie |
Hyperaldosteronismus, Cushing | Cl niedrig, wenn metabolische Alkalose vorliegt, nicht durch Kochsalz korrigierbar, korreliert mit Ausmaß der Hypokaliämie |
Dr. Anja Cölfen